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Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition)

Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition)

Titel: Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Kopf gehandelt hatten.
    Sisaroth war bekannt für sein impulsives Wesen, ihm traute sie eine solche Tat im Eifer durchaus zu. Er hatte während seiner Kampfausbildung im Elternhaus zwei Sklaven erstochen, weil er sich in die Angriffsmanöver der Übung hineinsteigerte. Aïsolon hatte ihn entwaffnen müssen, sonst wäre ihr Sohn mordend durch die Quartiere der Leibeigenen gezogen.
    Firûsha vergaß sich höchstens, wenn es um das Singen ging und konnte lange in die Welt der Töne eintauchen und darin versinken, das Essen und Schlafen darüber vergessen, bis sie vor Erschöpfung zusammenbrach.
    Es fiel Ranôria schwer, sich die zarte Tochter als bedrohliche Gegnerin vorzustellen, die sieben gestandene Albae mit einer kleinen Lampe abhalten konnte, sich auf Sisaroth zu werfen. Auch wenn es sich um ein Festmahl im Haus Tênnegor gehandelt hatte, verzichtete man nicht auf standesgemäße Waffen, um persönliche Macht und Wohlstand zur Schau zu stellen. Sie selbst führte stets einen schmalen, kostbaren Dolch mit sich. Jeder wusste, dass Firûsha keine Kämpferin ist. Es wäre leicht gewesen, sie zu überwältigen.
    Je mehr sie vor ihrem inneren Auge die Szene und die Geschehnisse nachstellte, desto unpassender empfand sie das Bild, das sich ergab. Etwas stimmt nicht. Ranôria las nochmals die Zeugennamen. »Du hast sie selbst verhört und keiner deiner Sytràpe?«
    Aïsolon sah zu einem dreizackigen Dolch an der linken Wand, dessen Griff abgebrochen war. Gedankenverloren strich er über die breite Seite der Schneiden. »Ja, das habe ich. Mehrmals. Sie erzählten die gleiche Geschichte, und an ihren Blicken erkannte ich, dass ihnen der Schrecken in den Gliedern saß. Eine ungeheuere Tat und einmalig in der Geschichte unseres Reiches.«
    »Exakt die gleiche?«
    »Was meinst du?« Aïsolon fiel es schwer, ihr zu folgen.
    »Exakt die gleiche Geschichte? Von allen? Nicht einmal die winzigsten Abweichungen, wie es normal wäre?«
    »Was willst du damit andeuten?« Er wandte sich zu ihr um. »Wir haben ein Stück von Sisaroths Hemd und einen Talisman …«
    »Klang es abgesprochen?«
    »Nein. Ranôria, ich sah ihre Angst und den Schock, Zeugen der Tat gewesen zu sein!« Aïsolon schüttelte langsam den Kopf. »Anfänglich ging es mir wie dir, und ich weigerte mich, ihnen zu glauben. Doch ich war im Haus Tênnegor, ich sah die Spuren, die abgeschnittene Zunge, die Leichen. Alles verhielt sich, wie es mir geschildert worden war. So unwahrscheinlich sich der Ablauf anhört, deswegen kann ich ihn nicht leugnen. Es ist eindeutig: Sisaroth und Firûsha begingen die Morde.« Er setzte gequält den Pokal an die Lippen und trank nach kurzem Zögern.
    Er ist gelähmt von dem, was er hatte tun müssen. Ranôria senkte den Blick und prägte sich die sieben Namen ein, legte die Blätter in die Mappe und schloss sie mit einer eleganten Bewegung, knotete sogar die Kordel darum. »Ich danke dir, dass du dir die Zeit nahmst, mich zu empfangen.«
    Aïsolon kehrte an den Tisch zurück. »Ich danke dir. Für dein Verständnis und deine Vergebung.«
    »Sagte ich, dass ich dir vergebe?« Ranôria erhob sich. »Du kannst beruhigt sein, Aïsolon. Ich verstehe dich. Die Bürde deines Amtes wollte ich nicht tragen.« Sie deutete eine Verbeugung an. »Halte deine Wachen bereit.«
    »Weswegen?«, sprach er verwundert.
    »Es kann sein, dass ich bald mit Neuigkeiten zurückkomme, die es erforderlich machen, jemanden zu verhaften.« Sie drehte sich um und ging hinaus. »Ich denke«, sagte sie, als sie den Raum verließ, »dass unsere Kinder betrogen und wir getäuscht wurden. Die Wahrheit wird sich vor mir nicht lange verbergen können.«
    »Was hast du vor?«, hörte sie seine beunruhigte Stimme hinter sich. »Verrenne dich nicht vor lauter Schmerz und Trauer in Hirngespinste!«
    »Ich werde herausfinden, was sich in jener Nacht zutrug. Was sich wirklich zutrug. Schlimmstenfalls muss ich einsehen, dass meine Kinder Mörder sind und sie ihre Strafe zu Recht bekamen.« Was ich nicht glaube. Ranôria schloss die Tür und schlüpfte in den Umhang, der ihr vom Sytràp gebracht wurde. Ihr Infamen, seid meine Zeugen: Ich töte diejenigen, die sich gegen meine Kinder verschworen haben, und werfe ihre verlogenen Herzen über den Wall, damit die Bestien sie fressen!
    Sie durchquerte das Gebäude, schritt über den Hof.
    Als Gàlaidon unvermutet aus einem Nebengebäude trat und die Hand zum Gruß erhob, blickte sie an ihm vorbei. Ihr Antlitz verschloss sich.
    Es war

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