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Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition)

Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition)

Titel: Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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verschuldete, sondern das Fieber, das sich in ihm ausbreitete. Ich brauche dringend Wasser.
    Bei seinem nächsten Schritt fielen ihm Runen auf dem Boden auf. Dreck hatte sich darauf gesammelt und verbarg sie zu Teilen.
    Er beugte sich herab und betastete sie. Sie waren fingerkuppentief eingeritzt und mit roter Farbe ausgemalt, an den Rändern ausgebrochen und malträtiert von den Sohlen vieler Schuhe.
    Er wischte den Schmutz zur Seite.
    Albische Zeichen. Sisaroth erkannte die üblichen Merkmale der Schrift seines Volkes, aber es musste eine längst nicht mehr gebräuchliche Schreibweise sein. Entziffern konnte er lediglich einige Worte, die vor Gefahr des Geistes warnten.
    Schritt um Schritt legte er die Zeichen frei: Magie, Infame, ewiges Leben, Trutz, Feuer des Himmels, las er verwundert und angespannt. Eine Zufluchtstätte?
    Er entschied sich, der Röhre bis an ihr Ende zu folgen. Der Urheber der Runen hatte den Albae angehört. Es konnte nur gut sein, was ihn erwartete.
    Inzwischen schwitzte er, als schuftete er in der prallen Sommersonne. Sein speichelloser Mund fühlte sich sandig an. Die Hitze ließ die Zunge anschwellen, sein Hals war trocken. Jeder Schritt rang ihm ein Ächzen und Aufschnaufen ab.
    Er wankte voran, die Röhre verschwamm in unregelmäßigen Abständen vor seinen Augen. Die Knie zitterten und schienen sein Gewicht nicht mehr tragen zu wollen.
    In diesem Moment trat sein rechter Fuß auf ein Symbolfeld, das dunkelviolett aufleuchtete und den gesamten Gang einnahm.
    Daraufhin entflammten die Runen vor ihm, eine nach der anderen, und wiesen Sisaroth den Weg. Wind kam auf und wehte den Dreck von den Zeichen, peitschte die Körnchen ins Antlitz des Albs und ließ ihn den Arm schützend vor die Augen heben.
    »Komm zu mir, Kind der Inàste«, erklang eine einladende Frauenstimme. »Ich erwarte dich.«
    »Wer bist du?«, rief er zurück.
    »Komm zu mir, Kind der Inàste. Ich erwarte dich!«
    Sisaroth stapfte vorwärts, über die Zeichen hinweg, mit letzter Kraft, die ihm geblieben war. Er ergab sich seinem Schicksal, ob er nun Schutz fand oder in eine Falle tappte.
    Das Leuchtfeuer führte ihn in eine kleine Höhle, in deren Mitte sich ein kreisrunder, offener Säulenbau erhob. In dessen Mittelpunkt wiederum reckte sich ein schlanker Turm in die Höhe. Zahlreiche Stützstreben führten in die Höhlenwände und verhinderten, dass das Gebäude bei Erdstößen ins Wanken geriet.
    Die leuchtenden Runen in der Erde liefen auf die Säulen zu und setzten sich daran fort. Auch der Turm in der Mitte erstrahlte und erhellte die Höhle. Somit wurde das kolossale Gemälde an der Wand sichtbar, das Jagdszenen in einem Wald vor einer albischen Stadt zeigte.
    Die Schönheit der Arbeit, die Genauigkeit, die Lebendigkeit der Farben konnten Sisaroth nicht begeistern. Es interessierte ihn nicht, ob sich jemand hier befand und wer es war. Er brauchte dringend Wasser – und da vernahm er das leise Plätschern: Zwischen den Säulen glitzerte es.
    Endlich! Ich komme um vor Durst! Sisaroth hinkte rasch vorwärts, passierte die Säulen und stand vor einem Bassin, in dem der Turm aufragte.
    Der Alb kniete sich stöhnend nieder und roch an dem Wasser. Frisch, klar und ohne einen Geruch, der vor dem Genuss warnte, trieb es unter ihm dahin.
    Sisaroth schöpfte eine Handvoll, kostete die Flüssigkeit. Bestes Wasser! Habt Dank, ihr Infamen! Er hielt sich am Rand fest, tauchte gierig das Antlitz hinein und trank in langen, tiefen Zügen. Ihm erschien es, als verdampfe das Nass in seinem Mund, so heiß fühlte er sich innerlich.
    Keuchend hob er den Kopf und rang lachend nach Luft. Besser. Er benetzte die langen schwarzen Haare und warf sie zurück. Danach lehnte sich Sisaroth an eine Säule, um den leuchtenden Turm zu betrachten. Jetzt zu dir, nächstes Rätsel von Phondrasôn. Hast du etwas zu essen in dir? Wie gelange ich hinein?
    Das Gebäude maß mindestens siebzig Schritt in der Höhe und fünfzehn im Durchmesser, geschichtet mit unregelmäßig gebrochenen und kaum behauenen Quadern, in denen die Runen ihrerseits säuberlich eingemeißelt waren. Sisaroth nahm daher an, dass sich Graveur und Erbauer unterschieden.
    Der Turm neigte sich bei eingehender Betrachtung leicht zur Seite, was die verbogenen Stützstreben erklärte. Der Untergrund schien unter dem immensen Gewicht nachzugeben. Die Höhlendecke, die sich geschätzte vierzig Schritt über den Zinnen wölbte, wies Bearbeitungsspuren auf. Sie war künstlich erhöht

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