Die Legenden der Albae - Vernichtender Hass
zugute.
Famenia
sah, wie die Wunden aufhörten zu bluten und sich schlossen. Nicht nachlassen! Ich muss sicher sein! Sie verstärkte ihre Anstrengung,
bis sie einen leichten Schwindel spürte.
Vier
Herzschläge darauf hustete der Magus und sog röchelnd den Atem ein. Er packte
Famenia am Arm. »Danke«, sagte er rau und richtete sich auf. »Jujulo hat mit
seiner Entscheidung recht getan.« Er betastete den Hals, während er zu Ortinas
sterblicher Hülle sah. »Ihr Götter, wie konnten sie nur â¦Â« Seine Stimme wurde
von Wut und Trauer erstickt. Er rieb sich die Augen und wischte seine Tränen
fort.
»Und
was ⦠wird nun?« Famenia war verunsichert, Ãbelkeit breitete sich in ihrem
Magen aus. Das furchtbare Geschehen und die Gefühle, die es heraufbeschwor,
brachen über sie herein. Alle Kraft, die sie vorhin in sich gespürt hatte, war
vergangen. Hinzu kam die Anstrengung des Zaubers.
»Wir
⦠können sie nicht mitnehmen.« Simīn erhob sich. »Hilf mir, Steine auf ihren
Leib zu schichten, sodass wir ihr ein einfaches Grab schaffen. Wenn wir den
Kampf gegen das Böse gewonnen haben, kehren wir zurück, holen sie und bestatten
sie mit allen Ehren.« Simīn sah zum Tor, das ins Graue Gebirge führte. »Man
wird meinen Zauber bemerkt haben. Beeilen wir uns lieber.«
»Was
wird nun?«, wiederholte sie lauter. »Nicht mit ihr. Mit unserem Vorhaben?«
Simīn
arbeitete schnell, der Wind wirbelte die MantelschöÃe auf. »Wir bleiben bei
dem, was wir besprochen haben. Ich gehe hinein, wenn es mir möglich ist.« Er
sah sie ernst an. »Auf dich warten nun zwei Aufgaben: Du wirst zuerst die Magae
und Magi zusammenrufen, danach suchst du die Königreiche auf.« Er zog einen
Ring vom Finger und drückte ihn Famenia in die Linke. »Behalte ihn und weise
ihn vor, wenn du in mein Zauberreich gelangst. Man wird dir alles geben, was du
an Vorräten benötigst. Nimm dir die besten Pferde, eines zum Wechseln, eines
für dein Gepäck.« Er legte den letzten Stein auf die Tote. »Gehen wir.«
Es
dauerte ein, zwei Atemzüge, bis Famenias Beine gehorchten. Sie schritt an
Ortinas Grab vorbei und hoffte, dass sie nicht das gleiche Schicksal treffen
würde.
Aus
einer Famula war eine Maga geworden, auf deren Schulter eine Bürde lastete, wie
sie kaum gröÃer sein konnte. Ich sollte mich die
Geprüfte nennen.
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Kennst du die Wandelnden Türme?
Mit ihren Stimmen entfachen sie Stürme!
Heran, heran!
Ein jeder kämpfe, wie er kann,
damit SIE nicht siegen
und UNS nicht kriegen.
Denn sie sind davon besessen,
uns mit Haut und Haar zu fressen!
Besessen zu fressen,
besessen zu fressen!
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Die
Wandelnden Türme,
Kinderlied,
2. Strophe
Â
IshÃm Voróo (Jenseitiges
Land), Dsôn Faïmon, Strahlarm Wèlèron, 4371. Teil der Unendlichkeit (5199.
Sonnenzyklus), Spätherbst
»Und
es gibt keinerlei Möglichkeit?« Arviû musste sich beherrschen, um die Heiler
nicht anzuschreien. Die Wut sandte ihre Linien schwarz und fein über sein
Antlitz, wie er am Ziehen in der Haut bemerkte. Er saà da und sah nichts. AuÃer
Dunkelheit.
»Du
hast Glück, dass du überhaupt noch lebst«, erhielt er von einer Albin zur Antwort.
Ihren Namen hatte er vergessen, wie er das meiste der neuesten Ereignisse
vergaÃ, seit ihn der Schlag mit der Keule getroffen hatte. Sein
Erinnerungsvermögen funktionierte bis zur Schlacht in der Goldenen Ebene
einwandfrei â danach wurde es unzuverlässig. »Wir haben deinen Schädel geöffnet
und konnten viele Splitter entfernen und auch deine Augen bewahren.«
»Aber
wieso sehe ich dann nichts?«, brüllte er auÃer sich und grub die Finger in die
Laken. »Was nützen sie mir, wenn sie mir nichts zeigen?«
»Das
wissen wir nicht«, antwortete sie mild. »Es mag sein, dass ein Fragment bis zu
deinem Hirn vordrang und dort steckt, wo die Sehkraft angesiedelt ist. Wir
haben Angst, dass wir durch einen weiteren Eingriff zu groÃen Schaden
anrichten.«
»Oder
es ist eine Nachwirkung des Hiebs. Die Erschütterung«, vernahm er die Stimme
eines Albs. »Um ehrlich zu sein, siehst du uns ⦠sind wir ratlos.«
Arviû
hatte genau vernommen, wie sich der Sprecher mitten im Satz verbesserte. Er
stieà einen lauten, anhaltenden Schrei aus, als könnte er damit die Dunkelheit
um sich
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