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Die Legenden des Raben 01 - Schicksalswege

Die Legenden des Raben 01 - Schicksalswege

Titel: Die Legenden des Raben 01 - Schicksalswege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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Wieder drohte sie in Tränen auszubrechen. Die Gelassenheit der beiden war nicht zu fassen. Sie waren so kalt.
    »Sie lebt jetzt in dir weiter, doch du leugnest das«, sagte Myriell.
    »Haltet ihr mich denn für völlig schwachsinnig?« Erienne schüttelte den Kopf. »Ich habe gespürt, was ihr zwangsweise von Lyanna auf mich übertragen habt, und ich verstehe, warum sie solche Schwierigkeiten hatte, es zu kontrollieren. Es ist aber in keiner Weise das Wesen meiner Tochter. Es ist eine bösartige Kraft, die mich zu überwältigen versucht. Ich bin jedoch zu stark für sie, und deshalb schläft sie in mir, bis ich bereit bin, falls dieser Augenblick überhaupt jemals kommen sollte.«
    »Du musst sie akzeptieren«, sagte Cleress, deren Stimme auf einmal viel energischer klang. »Das ist die Zukunft für uns alle.«
    Erienne starrte sie lange und hart an.
    »Wenn du sie für immer verleugnest, dann wird die Kraft schrumpfen und vergehen, aber nicht ohne dich zu töten. Dann seid ihr beide, du und deine Tochter, vergebens gestorben«, ergänzte Myriell.
    »Wenn überhaupt, dann wird es zu meinen Bedingungen geschehen«, erwiderte Erienne langsam. »Wenn ich spüre, dass ihr auch nur die äußeren Bereiche meines Bewusstseins berührt, ich schwöre euch, dann werde ich zurückkommen und euch töten. Ich hoffe, ich habe mich klar ausgedrückt.«
    »Zurückkommen?« Cleress verzog unter Schmerzen das Gesicht zu einem kleinen Lächeln.
    »Deshalb bin ich hier. Der Rabe verlässt die Insel, und man hat mich daran erinnert, dass ich zum Raben gehöre. Xetesk beherrscht jetzt Herendeneth. Wir haben einiges zu erledigen, sagte mir mein Mann. Haltet euch aus meinem Kopf heraus, während ich fort bin, solange ich euch nicht aufgrund irgendeines Wunders ausdrücklich einlade.
Noch wichtiger ist, dass ihr Lyannas Grab fern bleibt. Eure widerwärtige Gegenwart würde ihre Ruhe stören. Nerane wird sich um das Grab kümmern, bis ich zurückkehre.«
    Myriell und Cleress wechselten einen Blick.
    »Wir werden deine Wünsche natürlich respektieren«, sagte Cleress. »Vergiss aber nicht, dass wir sterben. Und auch wenn du uns hasst, du brauchst uns. Das Eine wird erwachen, und nur wir können dir den Weg durch die Torturen weisen, die dir bevorstehen.«
    »Wenn ihr meint.«
    »Glaube mir, Mädchen«, fauchte Myriell. »Es ist eine gewaltige Kraft. Wenn sie ohne unsere Hilfe erwacht, steht dir noch Schlimmeres bevor als deiner Tochter.«
    Erienne staunte über Myriells leidenschaftlichen Ausbruch, ließ sich jedoch nicht einschüchtern.
    »Ich weiß, dass ihr haben wollt, was in meinem Kopf schlummert. Ich weiß, dass ihr glaubt, ihr könntet mit meiner Hilfe dem Einen wieder Geltung verschaffen. Für den Augenblick ist es allerdings für euch verloren. Und ihr sollt euren Verlust erleben, wie ich meinen erlebt habe. Ihr habt allerdings etwas, das ich nie hatte. Hoffnung.«
    »Sei vorsichtig auf deinen Reisen«, warnte Cleress.
    »Ich werde gehen, wohin ich will, und tun, was immer ich für richtig halte.« Erienne drehte sich um und marschierte zur Küchentür. Sie hatte auf einmal Hunger. An der Tür blieb sie noch einmal stehen, weil ihr ein letzter Gedanke kam.
    »Ich bin nicht euer Eigentum, Al-Drechar. Und auch was ich in mir habe, ist nicht euer Besitz. Das solltet ihr nie vergessen.«

     
    Ilkar verließ Herendeneth mit gemischten Gefühlen; ihm war äußerst unwohl. Er wusste nicht einmal richtig, wo er beginnen sollte, um seine Gedanken zu ordnen. Er war froh, die Insel zu verlassen, jedoch zutiefst beunruhigt über die starke xeteskianische Truppe auf der Insel. Sein Wunsch, in Calaius Magier zu rekrutieren, und sei es nur vorübergehend, die ihm helfen konnten, Julatsa wieder aufzubauen, wurde durch die Ängste gedämpft, die sich einstellten, da er nun zum ersten Mal seit mehr als einhundert Jahren seine Heimat, den Südkontinent, besuchte.
    Das Schlimmste dabei war, zumindest im Augenblick, dass er mit dem Schiff dorthin reiste. Trotz des Vorrats der entspannenden und beruhigenden Droge namens Lemiir, den die Al-Drechar ihm gegeben hatten, waren seine Erinnerungen an das Elend und die Übelkeit auf dem offenen Meer noch sehr frisch.
    Er kletterte in den Netzen an der Backbordseite der Calaianische Sonne hoch, sprang aufs Deck und schüttelte Kapitän Jevin die Hand. Der Elfenkapitän lächelte ein wenig zu wissend für Ilkars Geschmack.
    »Wollen wir hoffen, dass Ihr Euch dieses Mal etwas schneller an die Seereise

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