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Die Legenden des Raben 01 - Schicksalswege

Die Legenden des Raben 01 - Schicksalswege

Titel: Die Legenden des Raben 01 - Schicksalswege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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der er im Wasser trieb, konnte er einen Weg erkennen, wie man noch mehr von diesem wundervollen Wasser ins Becken bekam.
    Yron schwamm zum Rand und zog sich hoch. Obwohl es im Tempel relativ kühl war, trocknete er schnell. Er holte seinen Lendenschurz und legte ihn an, ließ den Rest seiner Sachen jedoch liegen. Ein Blick zum Becken zeigte ihm, dass das Wasser schon von dem Dreck verschmutzt war, den er und seine Männer mitgeschleppt hatten. Ein weiterer Grund, den Zustrom zu verstärken.
    »Ben, wo steckt Ihr?«, rief er.
    »Hier, Hauptmann.« Ben-Foran tauchte auf der anderen Seite der Statue auf.
    »Holt mir eine Spitzhacke, ich will hier etwas ändern.«
    Ben war klug genug, keine Fragen zu stellen. Er lief hinaus zum Lagerzelt und tauchte bald darauf mit einer Spitzhacke wieder auf.
    »Wollt Ihr Euch nicht anziehen, Sir?«, fragte er.
    Yron warf einen Blick zu seiner Kleidung und schüttelte den Kopf. »Sobald Ihr da drin wart, wisst Ihr warum.«
    »Was wollt Ihr tun?«, fragte Ben-Foran, als er das Werkzeug übergab.
    »Nun, sie haben die Hälfte des Wassers vor dem Becken in den Boden abgeleitet, soweit ich es erkennen
kann. Wenn man sieht, wie sehr wir das Wasser verschmutzen, kann ein stärkerer Zustrom nicht schaden.« Er ging hinter das Becken und schob sich am Rand der Statue so nahe wie möglich an die übers Wasser gestreckte Hand heran. »Wenn wir die Hand abschlagen, reißt sie die Leitungen mit, und wir bekommen mehr Wasser ins Becken. Was meint Ihr?«
    Ben-Foran runzelte die Stirn. »Meine ehrliche Meinung?«
    »Natürlich«, sagte Yron.
    »Ich glaube, es wäre eine Schande, die Statue zu beschädigen. Es ist eine wundervolle Arbeit.«
    »Was sein muss, muss sein«, erwiderte Yron. »Ich glaube auch nicht, dass nach uns noch viele Besucher hierher kommen werden, oder?«
    »Habt Ihr Erys gefragt? Vielleicht ist die Statue irgendwie gesichert, und ich habe vorläufig genug von Schutzsprüchen«, sagte Ben-Foran.
    »Da habt Ihr Recht. Erys?« Yron sah sich um und entdeckte den Magier im Becken. Sein rotes Haar hatte sich im Wasser dunkel verfärbt. »Gibt es irgendetwas, das mich daran hindern könnte, diesem Ding die Hand abzuhacken?«
    Erys schüttelte den Kopf. »Ästhetisch ist es unverzeihlich, aber magische Gründe, die dagegen sprechen, gibt es nicht. Es scheint mir nur eine Schande, die Statue zu zerstören.«
    »Zum Teufel mit euch beiden«, sagte Yron. »Bringt euch in Sicherheit, ich will nicht, dass jemand durch Marmorsplitter verletzt wird.«
    Er zielte, hob die Spitzhacke und schlug aufs Handgelenk. Steinsplitter flogen in alle Richtungen und landeten im Teich und auf dem Boden. Einige Männer entfernten
sich eilig. Yron sah, dass an dem Punkt, den er getroffen hatte, einige Risse entstanden waren. Er schlug noch einmal zu, und die Risse verbreiterten sich. Aller Augen ruhten auf ihm, die Gespräche waren verstummt. Laut hallten die Schläge der Spitzhacke auf dem Marmor von den Wänden wider. Ein dritter Schlag, und der Stein splitterte. Beim vierten Schlag brach der Marmor endgültig, und die etwa vier Fuß lange Hand stürzte ins Becken.
    Es hatte den gewünschten Effekt. Nachdem die Rohre zusammen mit der Hand abgebrochen waren, ergoss sich ein erheblich stärkerer Wasserstrahl ins Becken. Es war kein leises Plätschern mehr, sondern es klang, als würde ein Krug in eine Schüssel geleert werden.
    »Meine Herren«, sagte Yron, »ich schenke euch das Wasser des Lebens.«
    Er ließ die Spitzhacke fallen und sprang wieder in den Teich. Die Jubelrufe wurden gedämpft, als das Wasser über seinem Kopf zusammenschlug.
     
    Rebraal kämpfte sich mühsam und unter Schmerzen ins Bewusstsein zurück. Er wurde über den Waldboden geschleift. Es war dunkel, und ringsum waren die nachtaktiven Bewohner des Regenwaldes unterwegs. Er spürte, wie sie huschten, wie sie sich im Blätterdach bewegten, wie unzählige Flügel in allen nur denkbaren Größen flatterten. Der Wald summte vor Aktivität und schien in der Nacht beinahe noch lebendiger als am Tage.
    Er schüttelte den Kopf, um die Benommenheit zu vertreiben, die ihm zu schaffen machte. Im gleichen Augenblick blieb sein Rücken an etwas Scharfem auf dem Boden hängen, und er japste. Das Zerren hörte sofort auf, und er wurde sanft auf den Boden gebettet. Als er
Schritte hörte, öffnete er die Augen und sah Mercuun, der sich über ihn beugte.
    »Bei Yniss, du lebst ja wirklich noch.« Der Elf grinste breit.
    »So gerade eben«, sagte Rebraal.

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