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Die Legenden des Raben 01 - Schicksalswege

Die Legenden des Raben 01 - Schicksalswege

Titel: Die Legenden des Raben 01 - Schicksalswege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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Segeltuch und gebratenes Fleisch dort, wo es diese Gerüche nicht geben durfte. Es war eine Beleidigung der Götter des Regenwaldes: Cefu, der Gott des Blätterdachs, Beeth, der Herr der Wurzeln und Zweige, und Tual, die über die Waldbewohner herrschte.
    Die TaiGethen waren willige Diener ihrer Götter und würden tun, was man von ihnen verlangte. Der Wald musste gereinigt und das Gleichgewicht musste wiederhergestellt werden.
    Die Zelle versammelte sich nur wenige Schritte vom Lager der Fremden entfernt, um die Kriegsbemalung aufzulegen und zu beten. Die Zerstörung des Waldes, als die Fremden ihr Lager eingerichtet hatten, war ein Frevel. Auum sah die Verachtung in den Augen seiner Tai. Kein Zorn. Zorn war eine Ablenkung und eine Kraftverschwendung.
    Er öffnete seine Beutel mit schwarzer und dunkelgrüner Farbe und malte unterbrochene Streifen auf Dueles dunkelbraunes Gesicht. Die Gebete, die sie dabei sprachen, schärften ihre Entschlossenheit. Als die drei bereit
waren, standen sie auf. Ihre braunen Mokassins machten kein Geräusch, ihre grün gefleckten Jacken und Hosen verschmolzen mit dem Unterholz, und jetzt waren auch ihre Gesichter bemalt und unsichtbar.
    »Kämpft für die Tai. Der Glaube ist unsere Stärke. Bespannt eure Bogen, und wir werden tun, was die Götter uns befehlen.«
     
    Vor dem Zelt gab es Unruhe, doch während seines Fiebers hatte Sorys so viele eigenartige Dinge gehört, dass er seinen Sinnen längst nicht mehr traute. Er hatte in seinen Halluzinationen auf dem Höhepunkt des vier Tage dauernden Fiebers riesige Spinnen und Schlangen gesehen, doch jetzt war er endlich wieder fähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Oder jedenfalls glaubte er es. Die Magierin Claryse, die ihn behandelte, sagte, das Fieber sei gebrochen, doch er müsse noch zwei Tage ruhen, bevor er Yron zum Tempel folgen könne. Sie hatte nur wenig verraten, doch Sorys hatte das unbestimmte Gefühl, dass es dort größere Schwierigkeiten gegeben hatte.
    So lag er im Mannschaftszelt in einer improvisierten Hängematte und war allein mit der Öllampe, die in der Nähe auf dem Boden stand. Seine nächtlichen Ängste waren noch sehr nahe, und das blasse gelbe Licht war beruhigend.
    Er lauschte angestrengt. Die Geräusche draußen hörten sich sehr seltsam an, doch er konnte nicht sicher sein, ob das Fieber tatsächlich aufgehört hatte und ob er sich den Lärm nur einbildete. So blieb er zunächst nur ruhig liegen und versuchte, auf Geräusche zu lauschen und zu verstehen, was die aufgeregten Stimmen sagten.
    Dann wurde es ruhig. Er hörte Schritte vor dem Zelt,
die nicht aufgeregt klangen. Und dann, so laut und deutlich wie der Ruf dieser verdammten Brüllaffen, ertönte ein schriller Klagelaut, der von links nach rechts vorbeizog. Der Laut kündete von einem Verlust und fuhr ihm durch Mark und Bein. Er hatte Angst, schrie jedoch nicht auf. Es war besser, ganz still zu bleiben.
    Wieder und wieder ertönte der Klagelaut. Ein Mann rief etwas, wurde jedoch abrupt unterbrochen. Sorys’ Herz raste in seiner Brust, ihm wurde übel. Als er nach seiner Wasserflasche tastete, wurde die Zeltplane aufgeklappt. Claryse stand in der Tür, der Laternenschein beleuchtete ihr verängstigtes Gesicht.
    »Geister«, stammelte sie mit gebrochener, erstickter Stimme. »Geister. Wir haben …«
    In ihrem Hals erschien eine Pfeilspitze, und ihr Körper zuckte. Sie stolperte, das Blut spritzte aus der Wunde. Sie streckte die Arme aus, wollte etwas sagen und brach zusammen.
    Sorys war zu verängstigt, um zu schreien.
    Er hörte ein Wispern im Wind, und die Zeltplane bewegte sich wieder.
     
    Als alle Zeltplanen zerfetzt, alle Seile zerschnitten und aufgedröselt waren, als alle Feuer gelöscht und alles Metall vergraben war und die Leichen nebeneinander auf dem Waldboden lagen, rief Auum die Tai zum Gebet zu sich. Sie hatten siebzehn Fremde getötet, und er war mit sich im Reinen, auch wenn die Narbe im Wald ein Schandmal war, das nur die Götter beheben konnten.
    »Cefu, höre uns an. Beeth, höre uns an. Tual, höre uns an. Wir, deine treuen Diener, die wir dienen, wie du es verlangst, opfern dir und deinen Gefährten alles, was um uns ist. Möge das Fleisch deine Geschöpfe speisen,
möge das Tuch die Bauten und Nester polstern, mögen die Knochen für immer all jene, die dich zerstören wollen, daran erinnern, dass sie scheitern müssen und zu ewiger Verdammnis verurteilt werden. Höre uns an und führe uns. Zeige uns deinen Willen, und was du

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