Die Legenden des Raben 03 - Schattenherz
bemaltem Gesicht.
»Wir sind hier in Gefahr«, sagte Rebraal. »In der Nähe unseres Lagers haben wir einen sicheren Bereich geschaffen, wo ihr euch verstecken könnt. Wir müssen aber leise sein.«
Die Rabenkrieger führten ihre Pferde am Zügel und folgten schweigend den Al-Arynaar und den TaiGethen. Sie mussten mehr als zwei Meilen laufen und kamen dicht an den lysternischen und dordovanischen Lagern vorbei, doch Hirad fühlte sich nicht sonderlich bedroht. Voraus und an den Flanken waren Späher der TaiGethen unterwegs, und auch die Krallenjägerpaare pirschten im tiefen Schatten. Ein allzu neugieriger Verbündeter würde fortgeschickt. Ein Feind würde die Begegnung nicht überleben. Was die Elfen taten, wenn man vom Kampf vor den Toren von Xetesk absah, ging niemanden etwas an.
Im Hauptlager der Elfen war es in den frühen Stunden des Tages still. Nur zum Kochen hatten sie in der Nähe der
lysternischen Streitkräfte in einem kleinen Bereich einige Feuer angezündet. Dahinter, tiefer im Gebüsch und zwischen den Bäumen, wo die Elfen sich lieber aufhielten als in den offenen Lagern der Verbündeten, führten sie den Raben in einen Bereich, der von Al-Arynaar abgeschirmt wurde. Die Pferde wurden abgesattelt und zu einem zentralen Standplatz gebracht.
Im Herzen dieses Nebenlagers brannte ein weiteres kleines Feuer, über dem zwei Kochtöpfe hingen. Ringsherum waren Baumstämme als Sitzgelegenheiten herbeigeschafft worden.
»Habt ihr uns erwartet?«, fragte Hirad.
»Wir beobachten euch schon seit mehr als einem Tag«, räumte Rebraal ein.
Eine einsame Gestalt saß am Feuer und stocherte in der Glut herum. Er stand rasch auf, strich seine Kleidung glatt und kam ihnen entgegen. Hirad konnte sein Gesicht nicht erkennen, doch Darrick wusste längst, wen er vor sich hatte.
»Seid Ihr heute auf dem Schlachtfeld irgendwo falsch abgebogen?«
»Nein, General. Ich hatte nur gehört, dass Ihr hier auftauchen könntet.«
Darrick und Izack umarmten einander und klopften sich auf den Rücken. Izack lud Darrick ein, sich zu setzen, und winkte auch die anderen herbei.
»Keine Sorge«, sagte er. »Ich bin allein hier.«
Hirad zuckte mit den Achseln und trat ans Feuer, der Unbekannte folgte ihm.
»Vertrauen wir ihm?«, fragte der Barbar leise.
»Wenn Darrick ihm vertraut, dann vertraue ich ihm auch«, erwiderte der Unbekannte. »Lasst uns essen und reden.«
Er setzte sich Izack gegenüber, Hirad ließ sich neben ihm nieder, und Denser und Erienne fanden auf der anderen Seite des Feuers zwei Plätze. Er machte sich Sorgen um sie. Erienne war still, seit sie den Spruch des Einen gewirkt hatte, und ihr Schweigen hatte auch auf Denser übergegriffen. Es steckte mehr dahinter als nur die Gefühle eines besorgten Ehemannes. Hirad mochte nicht glauben, dass sie dem Raben etwas verheimlichten. In dieser Hinsicht hatte Denser doch wirklich genügend Warnungen bekommen.
Thraun näherte sich dem Feuer als Letzter. Er runzelte die Stirn, schüttelte den Kopf und schien äußerst beunruhigt. Falls überhaupt möglich, so vertiefte sich das Stirnrunzeln noch, als er Izack sah. Geschmeidig umrundete er das Feuer und hockte sich mit wehenden Haaren vor dem lysternischen Kavalleriekommandanten auf den Boden. Er betrachtete Izacks Gesicht, wie ein Raubtier die Beute beobachtet, bevor es zuschlägt.
»Thraun, es ist gut«, sagte Darrick. »Wir können ihm vertrauen.«
»Gefahr«, sagte Thraun und sah Darrick kurz an.
»Ich werde Euch nicht verraten«, sagte Izack. »Hört Euch an, was ich zu sagen habe.«
»Herysts Mann«, sagte Thraun.
Er richtete sich auf und deutete, bevor er sich abwandte, noch einmal auf Izack und auf sein rechtes Auge.
»Was ist nur in dich gefahren, Thraun?«, fragte Hirad.
»Später«, sagte Thraun. Seine Stimme war so tief, dass kaum mehr als ein Grollen zu hören war.
Nicht mehr ganz so selbstsicher wie bei der Begrüßung schenkte Izack ihnen allen Kräutertee ein und deutete auf die Suppe, die Schalen und das Brot.
»Berichtet«, sagte Darrick. »Bitte«, führte er hinzu, als
ihm bewusst wurde, dass er nicht mehr Izacks Vorgesetzter war.
Izack kicherte.
»Selbstverständlich, General, auch wenn Ihr es nicht gern hören werdet. Die Belagerung geht weiter, aber wir sind sicher, dass dennoch Vorräte nach Xetesk hineinkommen. Wir vermuten, dass es unterirdische Gänge gibt, konnten bisher aber nichts finden, und um ehrlich zu sein, ich kann nicht sehr viele Leute abstellen, um danach zu suchen.
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