Die Legenden des Raben 03 - Schattenherz
dieser Front nicht mehr kämpfen könnt. Wenn er klug ist, wird Dystran dafür sorgen, dass jetzt an allen Fronten die Truppen reihum abgelöst und damit geschont werden. Er hat frische Männer eingesetzt, nicht wahr?«
Izack nickte stumm und nagte an der Oberlippe.
»Ihr werdet sie nicht brechen«, sagte Darrick. »Auf diese
Weise ist Xetesk nicht zu schlagen. Was auch immer Vuldaroq und Heryst glauben, wir können hier nicht siegen.«
»Was, zum Teufel, soll ich dann noch hier?« Izack beruhigte sich wieder. »General?«
»Ihr zeigt ihnen, dass auch wir nicht zu besiegen sind, und Ihr habt uns und den Elfen kostbare Zeit erkauft. Ihr habt sie geschwächt, daran besteht kein Zweifel. Und wenn wir mit den Schriften Xetesk verlassen, nachdem wir ihre Forschungen so sehr gestört haben, wie es nur möglich ist, werden sie uns verfolgen. Und zwar nicht nur wegen ein paar alter Texte.«
»Weshalb denn sonst?«, wollte Hirad wissen.
»Sie wollen mehr. Sie wollen die Macht des Einen, die ihnen unzugänglich bleibt, solange sie die Belagerung nicht aufheben können. Wenn die Al-Arynaar Erfolg haben und das Herz von Julatsa bergen, und wenn wir es schützen können, bis es wieder stark ist, werden sie kurz davor stehen, den Krieg zu verlieren.« Darrick zog die Augenbrauen hoch.
»Aber was macht dich so sicher, dass sie die Belagerung durchbrechen können?«, fragte der Unbekannte.
»Ich spüre, dass sie starke Reserven haben«, erklärte Darrick. »Sie haben bislang keinen Ausbruchsversuch unternommen, weil es nicht nötig war. Noch nicht. Aber denkt an meine Worte: Sie werden ihre Truppen bald für einen Marsch nach Norden mobilisieren. Wenn sie gleichzeitig an allen vier Toren angreifen, werdet Ihr wissen, dass der Zeitpunkt gekommen ist. Sie werden versuchen, möglichst alle Feinde auf einmal zu beschäftigen. Wenn wir aber nach Xetesk eindringen und wieder herauskommen, dann können wir sie unter Zugzwang setzen. Glaubt mir, wir sollten keinesfalls abwarten, bis sie bereit sind.«
»Was sollen wir dann tun?«, fragte Izack. »Wie sollen wir sie aufhalten?«
»Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, an allen Toren härter
zu kämpfen denn je. Jeder, der auf ihrer Seite stirbt oder gezwungen ist, bis zur Erschöpfung zu kämpfen, ist ein Sieg. Ich weiß, auch wir werden Verluste erleiden, aber wir haben einen psychologischen Vorteil. Und wenn sie versuchen, durchs Nordtor auszubrechen, dann müssen wir genügend Männer und Magier in Reserve haben, um sie zu hetzen. Vergesst nicht, wir dürfen die Belagerung nicht aufgeben, sonst lassen wir zu, dass nur noch mehr xeteskianische Krieger nach Julatsa ziehen. Sie dürfen auch nicht bemerken, dass wir die Kräfte am Nordtor verstärken. Wir müssen sie zwingen, ihre Stadt zu verteidigen.«
»Aber das ist ja gerade das Problem«, sagte Izack müde. »Wie teilen wir unsere Leute ein, um eine schlagkräftige Reserve abzuzweigen? Wie können wir den Großteil unserer Leute im Osten, Süden und Westen abziehen und trotzdem Druck auf Xetesk auszuüben?«
Darrick lächelte. »Genau deshalb bin ich hier und rede mit Euch.«
»Gut«, warf der Unbekannte ein. »Dann schlage ich vor, dass ihr zwei das unter euch klärt. Wir gehen morgen Abend hinein, also stellt eure Planung darauf ein. Auum wird mir zustimmen, dass wir nicht länger warten sollten. Unterdessen …« Er stand auf und wandte sich an Thraun, der völlig still geblieben war und in die Schatten jenseits des Feuers gestarrt hatte. »Thraun, komm mit und rede mit mir. Ich will wissen, was los ist.«
Der Gestaltwandler sah ihn mürrisch an.
»Jetzt gleich.« Der Tonfall des Unbekannten duldete keinen Widerspruch.
Er legte einen Arm um Thrauns angespannte Schultern und führte ihn sanft, aber energisch vom Feuer fort. Hirad stand auf, um sich etwas Suppe zu holen. Unterwegs fing er Densers besorgten Blick auf.
»Wie schlimm sieht es denn aus?« Er rührte die dicke Suppe um. »Willst du was?«
Denser schüttelte den Kopf. »Sehr schlecht. Sehr, sehr schlecht.«
»Wie viel Zeit bleibt uns noch?«
Denser zuckte mit den Achseln und wandte sich an Rebraal, der für Dila’heth übersetzte.
»Das ist das Problem«, sagte er. »Wir wissen es nicht genau. Einmal ist der Mana-Strom schon abgebrochen, und die Kraft des Herzens lässt stetig nach. Sie sagen, es sei wie ein Schatten, der dem julatsanischen Mana-Spektrum die Farbe nimmt. Eines Tages, vermutlich sehr bald schon, wird der Schatten so dunkel sein, dass das
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