Die Legenden des Raben 05 - Drachenlord
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Inzwischen konnte Pheone die Dämonen recht gut voneinander unterscheiden. Es waren vier, etwas kleiner als ein Mann, mit Flügeln und Schwänzen. Ihre von Adern überzogene Haut war runzlig. Bei ihrer Ankunft in Julatsa hatten die meisten diese Gestalt angenommen, und sie waren nun der Inbegriff des Albtraums. Wahrscheinlich glaubten sie, auf diese Weise fiele es ihnen leichter, ihre menschlichen Untertanen einzuschüchtern.
»Decke sie ein, sobald sie sich rechts vom Stall entfernen«, sagte Afen’erei.
»In Ordnung.«
»Eiswind und Todeshagel funktionieren am besten. Die kann man schnell wirken.«
Pheone nickte. Am liebsten hätte sie die Dämonen mit einem Kraftkegel zerquetscht, aber sie wollte nicht riskieren, dass unter dem Druck auch die Scheune zusammenbrach.
Die drei Schwertkämpfer liefen leichtfüßig und leise los. In dem Augenblick, als die ersten Pfeile die Dämonen trafen und sie ablenkten, brachen die Elfen aus der Deckung hervor. Die Pfeile konnten die Dämonen zwar nicht töten, brachten ihnen aber schmerzhafte Wunden bei. Sie heulten, während Pfeil auf Pfeil einschlug, und hatten sich noch nicht recht gesammelt, als die Schwertkämpfer sie erreichten.
Die Elfen zogen die Klingen aus den Scheiden und
schlugen zu. Pheone beobachtete es andächtig, als hätte sie nichts damit zu tun. Die zielstrebigen Bewegungen, die raschen Hiebe, genau gezielt. Schwerter gruben sich in Köpfe und Arme und fraßen sich in Flughäute. Füße trafen Bauch, Schritt und Schläfe. Die Dämonen waren desorientiert, vorübergehend lahmgelegt und wehrten sich kaum. Hilflos schlugen sie mit Klauen und Schwänzen um sich oder versuchten zu beißen, konnten aber den wilden Angriff der Elfen nicht aufhalten.
Nur einer schwang sich in die Lüfte, wurde aber durch Pfeile, die seine Flugmuskeln lähmten, sofort wieder heruntergeholt. Der Angriff war schnell erfolgt, aber war das schnell genug? Pheone hörte schon die Alarmrufe, die nur bedeuten konnten, dass die Schreie der Angegriffenen bemerkt worden waren.
»Spruch vorbereiten«, sagte Afen. »Es ist zwecklos, länger zu warten. Sie kommen.«
Pheone stimmte sich mit einem Ruck auf das Manaspektrum ein. Nirgends waren andere Sprüche zu spüren, nur die Struktur des Kaltraums machte sich deutlich bemerkbar. Sie formte die Gestalt eines Eiswindes, eine schwebende Fläche verwobener Manafäden, die vor gefangener Energie gelb glühten, und wartete auf den richtigen Moment, um das Konstrukt freizugeben und den Feinden entgegenzuschleudern.
Sofort begannen die Dämonen zu heulen und wollten auf diejenigen losgehen, die die Magie wirkten. Die Krieger reagierten und trieben die Dämonen aus dem Schatten der Scheune auf einen vom Mondlicht erhellten Flecken hinaus.
»Weg da!«, rief Kineen. »Freigeben!«
Der Eiswind sauste aus Pheones Fingern und vermischte sich mit den tödlichen Splittern des Todeshagels,
den Afen’erei gewirkt hatte. Das Ergebnis war schrecklich und äußerst befriedigend zugleich. Afens Spruch riss den Dämonen das Fleisch in Fetzen aus dem Leib, während Pheones Eiswind das freie Mana entzündete und sich aus ihm speiste, wie sich eine Feuerkugel vom Körper eines Menschen ernährte, alles verschlingend und verzehrend.
Die Dämonen kreischten jetzt wie gequälte kleine Kinder, dass es Pheone fast das Herz brach. Sie verlor die Konzentration, der Eiswind brach ab, doch das Werk war getan. Auch jetzt konnte sich wieder ein einzelner Dämon emporschwingen, doch er war kaum mehr als ein Ball aus blauen Flammen, die ein paar Schritte aufstiegen und dann auf die Erde krachten. Die Flügel flatterten hilflos.
»Los!«, rief Kineen. Seine Krieger und Bogenschützen rannten zur Stalltür. »Pheone, zieh dich zurück.«
»Nein.« Sie fühlte sich lebendig und ermutigt. Seit zwei Jahren waren dies die ersten Gegner, die sie unter den Tausenden, die ihre Stadt besetzt hielten, getötet hatte. Sie wollte mehr. »Ich verteidige euch.«
»Sie sind schneller als du, aber nicht so schnell wie wir«, erwiderte Afen.
Pheone blickte nach links. Schatten stiegen zum Himmel empor. Weit rechts hörte sie Füße durchs Unterholz stampfen. Es war nicht der Augenblick, die Heldin zu spielen.
»Lasst euch nicht erwischen.« Damit drehte sie sich um und rannte über das Feld mit dem Frühjahrsgetreide in Richtung Stadt zurück.
Hinter ihr erhellte die gelbe Blüte eines Spruchs den Himmel, und ein lauter Knall verriet ihr, dass eine Feuerkugel
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