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Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition)

Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition)

Titel: Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Whalen Turner
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Mythos«, protestierte Ambiades. Ich pflichtete ihm im Stillen bei.
    »Es ist schwer, Mythos und Wirklichkeit voneinander zu trennen«, sagte der Magus. »Es mag einst einen König namens Hamiathes gegeben haben, und mit ihm mag diese Tradition ihren Ausgang genommen haben. Wir wissen aber, dass es tatsächlich einen Stein gab, den man Hamiathes’ Gabe nannte, und dass die Menschen zur Zeit der Eroberer noch an seine Macht und Autorität glaubten. So sehr, dass die Eroberer Eddis angriffen, um die Kontrolle über das Land zu gewinnen, indem sie die Verfügungsgewalt über den Stein gewannen, von dem es noch dazu hieß, er sei ein märchenhafter Edelstein. Als die Gabe verschwand, wurden die Eroberer aus dem Gebirge zurückgeworfen und richteten ihre Aufmerksamkeit wieder auf Sounis und Attolia, Länder, die sich leichter verwalten ließen.«
    »Was geschah mit dem Stein?«, fragte Sophos.
    »Der König von Eddis hatte ihn versteckt und starb, ohne ihn an seinen Sohn weiterzugeben oder das Versteck zu verraten. Seitdem ist der Stein verschollen.«
    »Meint Ihr, dass er je gefunden werden könnte?«, fragte Sophos.
    Der Magus nickte. Kurz herrschte Schweigen.
    »Ihr glaubt, ihn selbst finden zu können?«, fragte Ambiades, das Gesicht vor Eifer und, wie ich vermutete, auch vor Gier verzerrt.
    Der Magus nickte erneut.
    »Wollt Ihr damit sagen«, johlte ich, »dass wir hier draußen in der Dunkelheit nach etwas suchen, das einem Märchen entstammt?«
    Der Magus sah mich an. Ich glaube, er hatte vergessen, dass ich auch da war und den Vortrag mit anhörte, den er seinen Lehrlingen hielt. »Es sind zuverlässige Dokumente aus der Zeit vor den Eroberern erhalten, Gen. Darin wird der Stein erwähnt.«
    »Und Ihr glaubt wirklich zu wissen, wo er sich befindet?«, hakte Ambiades nach.
    »Ja.«
    »Wo?«, fragte er, während ich ungläubig den Kopf schüttelte.
    »Wenn er wirklich existiert«, fragte ich, »warum seid Ihr dann in Hunderten von Jahren der erste, der das Versteck ermittelt hat?«
    »Das bin ich nicht.« Die Antwort des Magus überraschte mich. »Nach den Aufzeichnungen zu urteilen, die ich gefunden habe, hat sich eine große Anzahl anderer Leute auf die Suche nach dem Stein gemacht, aber die, die dem Ort am nächsten kamen, an dem er, wie ich glaube, versteckt ist, kehrten nie zurück. Das lässt mich vermuten, dass sie, zumindest in einer Hinsicht, schlecht ausgerüstet waren.« Er lächelte mich gütig über das Feuer hinweg an. »Der Überlieferung nach konnte nur ein außergewöhnlich begabter Dieb den Stein an sich bringen, und darum ist die Einladung an dich ergangen, unsere Runde zu zieren.«
    »Sind diese Aufzeichnungen, die Ihr gefunden habt, etwa die, die Eurer Meinung nach noch aus der Zeit von vor den Eroberern stammen?« So etwas Altes musste ich erst selbst sehen, bevor ich daran glaubte.
    »Ja«, sagte der Magus, schlang die verschränkten Hände um ein Knie und wippte selbstzufrieden vor und zurück, »aber jetzt existieren sie nicht mehr. Sobald ich daraus erfahren hatte, was ich wissen musste, habe ich sie vernichtet, um zu verhindern, dass irgendjemand außer uns dieselbe Spur verfolgt.«
    Ich verzog das Gesicht. Es wäre besser gewesen, wenn die Aufzeichnungen nie entdeckt worden wären. Ambiades fragte schon wieder, wohin wir unterwegs waren.
    »Das wirst du schon sehen, wenn wir hinkommen«, sagte sein Lehrmeister.
    »Und warum reisen wir dorthin?«, fragte ich verächtlich. »Damit Ihr König von Eddis werden könnt? König eines hoffnungslos altmodischen Landes voller Holzfäller?« Das war noch die wohlwollendste Beschreibung der Eddisier, die ich in der Stadt gehört hatte.
    »Ich werde den Stein natürlich Sounis übergeben. Er wird König sein. Und ich der Dieb des Königs.«
    Das nagte an meiner Berufsehre. Ich würde das Stehlen übernehmen, aber er würde den Ruhm dafür einstreichen. Sein Name würde auf einer Stele vor der Basilika in Stein gemeißelt werden und meiner nur in den Staub geschrieben. Ich erinnerte ihn daran, dass es mir zustand, Dieb des Königs zu sein. »Oder erwartet Ihr etwa, dass ich Euch Hamiathes’ Gabe abtreten und mir dann ein Messer in den Rücken rammen lassen werde? Habt Ihr deshalb Pol mitgebracht?«
    Er ließ sich nicht von mir provozieren, und Pol verlagerte jenseits des Feuers noch nicht einmal sein Gewicht. Ein leichter Schauer lief mir über den Rücken.
    »Das wird nicht nötig sein«, sagte der Magus kühl. »Niemand würde dich für etwas

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