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Die Legenden von Attolia 4: Die Verschwörer (German Edition)

Die Legenden von Attolia 4: Die Verschwörer (German Edition)

Titel: Die Legenden von Attolia 4: Die Verschwörer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Whalen Turner
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Entscheidung und auch sein Wunsch gewesen war, aber es war unmöglich zu wissen, wessen Einfluss sich durchsetzen würde und ob Gen mehr wie seine Frau oder seine Frau eher wie ihr König werden würde.
    Unten in der Gefängniszelle hatte er ganz so gewirkt, wie ich ihn in Erinnerung hatte. So sehr, dass ich noch nicht einmal den Haken bemerkt hatte, den er anstelle einer Hand hatte. Im Thronsaal waren die Veränderungen kaum zu übersehen. Mir war erzählt worden, dass er bei förmlichen Anlässen eine falsche Hand trug, aber anscheinend hatten sich seine Gewohnheiten geändert. Sein rechter Arm lag auf der Lehne des Throns, und am Ende befand sich ein spitzer Haken.
    Als ich Gen zuletzt gesehen hatte, war er noch nicht verstümmelt, wenn auch nach unserer Flucht aus attolischer Gefangenschaft etwas angeschlagen gewesen. Mir war nicht bewusst gewesen, wie sehr ich es gewohnt war, ihn mir so vorzustellen, wie er gewesen war, als wir uns zum ersten Mal begegnet waren: mager und gefängnisbleich, so dass er in den sauberen Kleidern, die der Magus ihm zur Verfügung gestellt hatte, fehl am Platz gewirkt hatte. Ich erinnerte mich aus den Wochen, die ich in Eddis verbracht hatte, noch gerade genug an seinen Kleidergeschmack, um nicht verblüfft über seine Prachtentfaltung zu sein. Bei den Göttern, er übertreibt es aber auch wirklich mit seinem perlenbestickten Wams und dem Spitzenbesatz! Ich hätte beinahe laut gelacht, als ich sah, dass der Schnitt seiner Stiefel unverändert war, wenn das ins Leder eingeprägte Muster nun auch mit Goldstaub verziert war.
    Es war nicht der rechte Augenblick zum Lachen, da Attolia kühl ihre Verwunderung über die unvorhergesehene Ankunft eines fremden Herrschers einräumte, gegen den sie zurzeit auch noch Krieg führte.
    Krieg gegen meinen Onkel, sagte ich, und hoffentlich nicht gegen mich.
    Attolia nickte. Ich sage dir ganz ehrlich, dass ich mir wünschte, ich hätte mit dir gesprochen. Ich hätte mich schon besser gefühlt, wenn ich dich auch nur in der Menge gesehen hätte, aber das tat ich nicht. Ich hatte das Gefühl, dass Attolia sich womöglich auch nicht stärker an die Regeln der Gastfreundschaft gebunden fühlte als Baron Hanaktos, und ihr Gesichtsausdruck verriet mir nichts über ihre Gedanken. Ich befürchtete, dass ich mich jeden Moment auf dem Weg zurück in die unterirdische Zelle wiederfinden würde.
    Attolia fragte, was mich an ihren Hof führte. Missratener Prinz oder nicht, ich hatte nicht tausend langweilige Zeremonien durchgestanden, ohne etwas über diplomatische Ausdrucksweise zu lernen. Ich kramte in meinem Gedächtnis nach den richtigen formelhaften Phrasen und erklärte dann mit so viel Würde, wie ich aufbringen konnte, dass ich gerade aus meinem eigenem Land entkommen sei, einem Land in höchster Gefahr, entweder den Medern, Melenze oder beiden zum Opfer zu fallen. Ich wies darauf hin, dass keine dieser Entwicklungen für den Staat Attolia vorteilhaft sein würde. Ich war zu meinen Freunden gekommen, um sie um die Männer und das Gold zu bitten, mein Land zurückzuerobern.
    Attolia musterte mich aufmerksam und nachdenklich, während ich sprach. Als ich geendet hatte, herrschte einen Moment lang höfliches Schweigen. Als sie den Mund öffnete, um zu sprechen, setzte Gen, der die ganze Zeit über stumm geblieben war, sich auf und legte die Hand auf ihre: Ich konnte hören, wie die Attolier scharf den Atem einsogen. Attolia zog ihre Hand weg, aber sie lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und nickte, um ihrem König den Vortritt zu lassen.
    Dann sah Eugenides mir, wie du ja weißt, in die Augen, als sei ich ein völlig Fremder, und sagte: »Der einfachste Weg, einen Krieg zu beenden, ist zuzugeben, dass man ihn verloren hat.«
    Das Schweigen danach war nicht höflich.
    Weniges konnte mich so sehr davon überzeugen, dass ich geeignet war, König zu werden, wie jener Augenblick, in dem ich mich wie einer verhielt und nicht sehr unhöflich zu Attolis sagte, was er mit seinem Thron anstellen könnte, sondern stattdessen noch ein paar ritualisierte Sätze über schwerwiegende Entscheidungen und die Zeit, die sie erfordern, murmelte, um dann mit dem Magus den Saal zu verlassen, bevor ich vor den versammelten Höfen und Gesandtschaften von Eddis, Attolia und dem Kontinent und einigen herablassenden medischen Besuchern einen Schlaganfall erlitt.
    Ich kam herauf in diese Gemächer, wo ich den Magus und die Wachen anwies, im Vorzimmer zu warten, weil ich weder seine

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