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Die Leibwächterin (German Edition)

Die Leibwächterin (German Edition)

Titel: Die Leibwächterin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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wichtig, denn er vermittelte der Polizei und anderen, die möglicherweise hinter mir her waren, den Eindruck, dass ich nichts anderes im Sinn hatte, als eine neue Stelle zu finden, und keineswegs beabsichtigte, etwa nach Russland zu fahren, um auf eigene Faust nach Anitas Mörder zu fahnden. Nach Moskau hätte ich mich ohnehin nicht gewagt, aber ich wollte versuchen, von Finnland aus Ermittlungen anzustellen. Selbst wenn ich denjenigen, der Anita hatte umbringen lassen, nicht überführen könnte, musste ich mir die Gewissheit verschaffen, dass ich selbst nicht geschossen hatte.
    Mein nächster Schritt würde der Rückzug nach Talludden sein, in mein Sommerhaus bei Degerby. Ich kehrte in die Wohnung zurück, packte meinen Rucksack und machte mich auf den Weg zur Haltestelle. Auf der Fahrt nach Degerby musste ich an Monika denken, denn im Bus wurde mehr schwedisch als finnisch gesprochen. In dem Sommerhaus, das ich gemietet hatte, gab es keinen Internetanschluss; wenn ich ins Internet wollte, musste ich in das Gemeindehaus in Degerby gehen, das einmal wöchentlich geöffnet war. Von meinen Nachbarn hatte ich mich absichtlich ferngehalten. Der Bruder meines Vermieters wohnte nur ein Haus weiter; er hatte mir ein paarmal seine Hilfe angeboten, mich dann aber in Ruhe gelassen.
    Mein Fahrrad stand vor der Aktia-Bank in Degerby, wo ich es bei meinem letzten Besuch abgestellt hatte. Ich hatte mir bewusst ein altes Rad zugelegt, das niemand klauen würde. Nachdem ich Tomaten und ein paar Flaschen Bier gekauft hatte, fuhr ich in Richtung Küste. Auf dem holprigen Weg kam mein Rucksack ins Schwanken, ich musste die Muskeln anspannen, um die Balance zu halten. Der letzte Hügel war anstrengend, denn mein Rad hatte keine Gangschaltung. Ich strampelte fluchend hinauf, fest entschlossen, nicht klein beizugeben.
    Zuerst ging ich einmal um das kleine Ferienhaus herum und spähte durch die Fenster. Alles sah noch so aus wie vor drei Wochen, als ich zuletzt hier gewesen war. Ich stellte die Alarmanlage ab und ging hinein. In der Stube warf ich den Rucksack auf den Boden, schaltete den Kühlschrank ein und legte die Bierflaschen kalt. Dann holte ich einen Spaten aus dem Schuppen.
    Anita hatte mir die Papiere im Frühsommer gegeben. Sie hatte gesagt, die Originale lägen in ihrem Schließfach, aber die Kopien solle ich für sie verwahren. Bestimmt wisse ich ein sicheres Versteck.
    Irgendwer hatte auf dem großen, felsigen Grundstück, auf dem mein Sommerhaus stand, mit aufgehäuften Steinen einen Trimmpfad markiert. Ich hatte die Arbeit des Unbekannten vervollständigt, indem ich an einer Stelle, wo es ein bisschen Humus und Gras gab, meinen eigenen Steinhügel aufgehäuft hatte. Nun trug ich die Steine ab und begann zu graben. Bald stieß der Spaten auf Metall. Ich hob den Behälter heraus, den ich von Anita bekommen hatte. Es war eigentlich ein kleiner Safe. Leider gab es ein Problem: Ich hatte keine Ahnung, mit welcher Ziffernkombination er zu öffnen war.

[zur Inhaltsübersicht]
    6
    Ich hatte Anita davon abgeraten, eine zu offensichtliche Kombination zu wählen. Sie solle keine Geburtsdaten oder Telefonnummern verwenden, erst recht nicht die Ziffern, die den Buchstaben ihres Namens entsprachen. Nur eine vollkommen zufällige Serie sei wirklich sicher. Die Kombination bestand aus acht ein- oder zweiziffrigen Zahlen. Ich konnte nicht einmal ausrechnen, wie viele Alternativen es gab.
    Im Schuppen fand ich ein Brecheisen. Ich stellte den Safe auf einen Felsen und schlug zu, doch das einzige Ergebnis waren lautes Dröhnen und ein kleiner Kratzer. Auch die nächsten Versuche blieben erfolglos.
    «Mit dem Verstand kommt man meistens weiter als mit purer Körperkraft», hatte Mike Virtue gesagt, und er hatte wohl recht. Ich trug den Safe ins Haus und nahm mir vor, mich später mit ihm zu befassen, wenn ich mich ausgeruht und meine Gedanken geordnet hatte. Erst einmal ließ ich mich mit einer Flasche Bier aufs Sofa fallen. Schon in Hevonpersii hatte ich mir den Kopf darüber zerbrochen, ob jemand in Moskau erfahren haben konnte, dass ich Anita verlassen hatte. Das hätte bedeutet, dass wir die ganze Zeit beobachtet worden waren; wenn das der Fall war, ohne dass ich es bemerkt hatte, war ich eine miserable Leibwächterin. Oder hatte man uns beiden einen Peilsender untergeschoben, den ich trotz wiederholter Kontrollen nicht entdeckt hatte?
    Ich zitterte plötzlich. Ein Peilsender … Zwar hatte ich in Moskau außer ein paar Schürfwunden

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