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Die Leiche im rosa Nachthemd

Die Leiche im rosa Nachthemd

Titel: Die Leiche im rosa Nachthemd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
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Überraschung.
    »Allerdings. Bei Evaline war
das anders. Sie war jung und süß und unverbraucht. Während ich — na, ich kann
allenfalls ‘ne Schau abziehen, wenn’s drauf ankommt, und die passende
Kriegsbemalung auflegen und — sag mal, was soll eigentlich dieses Rührstück?
Von mir aus besauf dich! Mach dreckige Witze! Werde zudringlich! Aber wenn du
noch einmal auf die Tränendrüse drückst, geh’ ich an die Decke.«
    »Okay, Carmen«, sagte ich
ungerührt.
    Der Kellner brachte unsere
Drinks.
    »Haben die Kriminalbeamten dich
vorgehabt?« fragte ich.
    »Und ob. Die reinste
Gehirnwäsche haben sie mit mir veranstaltet. Aber ich konnte ihnen beim besten
Willen nichts sagen. Was denn auch? Wir leben von den Prozenten. An einem Abend
sitze ich an einem Dutzend Tischen. Wenn ich Glück habe, findet mich ein Kerl
sympathisch und schmeißt eine Runde nach der anderen, und dann zahlt er mit
‘nem großen Schein und schiebt mir das Wechselgeld zu. Das ist dann die Butter
aufs Brot. Kommt aber selten vor. Wir sind zehn Mädchen hier. Die
Arbeitsbedingungen sind für alle gleich. Evaline gehörte dazu. Woher soll ich
wissen, mit welchen Männern sie was angefangen hat? Ich hab’ mit mir selbst
genug zu tun. Ich will nur mal eben telefonieren. Darf ich?«
    »Natürlich.«
    Sie ging hinüber zu einer der
Telefonzellen. Kurz darauf war sie wieder da. »Die Kleine ist ruhiger. Sie
fiebert auch nicht mehr so stark.«
    »Dann ist’s ja gut. Kinder
fiebern schnell einmal. Das gibt sich wieder.«
    Sie nickte. »Ich weiß. Aber bei
dem eigenen Kind spielt man doch verrückt.«
    »Schon Pläne für ihre Zukunft
gemacht, Carmen?«
    Sie lachte bitter. »Für ihre
Zukunft? Ich weiß ja nicht mal, was aus mir werden soll.«
    »Sag mal, wer war der bullige
Kerl, der so verrückt nach Evaline war? Er war ungefähr einsachtzig groß und
hatte schwarze Haare und graue Augen. Und ein kleines Muttermal auf der Wange.
Wenn ich den mal sehe, hat sie damals zu mir gesagt, sollte ich mich lieber an
eins der anderen Mädchen halten und...«
    Sie starrte mich an wie
hypnotisiert. Langsam schob sie ihren Stuhl zurück. Ihre Stimme war kaum
hörbar. »Das weißt du also! Ich will dir mal was sagen — für meinen Geschmack
weißt du verdammt zu gut Bescheid.«
    »Nein, wirklich, ich...«
    »Daß ich das nicht gleich
durchschaut habe! Dabei hab’ ich mir eingebildet, ich erkenne ‘nen Bullen aus
zehn Meilen Entfernung.«
    »Ich bin kein Bulle, Carmen.«
    Sie musterte mich wie einen
exotischen Aquariumsfisch. »Das kann sogar stimmen. Und wenn’s stimmt —
entschuldige mich einen Augenblick. Bin gleich zurück.«
    Sie verschwand in Richtung der
Damentoilette. Ich sah, wie sie der Empfangsdame winkte, die ihr folgte und
sich kurz darauf zum Geschäftsführer durchschlängelte. Es dauerte nicht lange,
bis der sich zu mir in Marsch setzte.
    Er blieb wie zufällig an meinem
Tisch stehen, betrachtete die beiden leeren Gläser und Carmens leeren Sessel.
»Werden Sie auch gut betreut?« fragte er.
    »Ja.«
    »Hat man Sie sitzengelassen?«
    »Nein. Sie pudert sich eben mal
die Nase.«
    »Schon lange weg?«
    »Nicht sehr lange.«
    »Man muß ein bißchen aufpassen
bei den jungen Damen. Sie verstehen... Ich hatte den Eindruck, daß Sie schon
eine Weile hier sitzen.«
    »Da haben Sie ganz recht.«
    »Ich meine — allein.«
    Ich schwieg.
    »Wir sind ein ordentliches Etablissement.
Sind Ihre Uhr und Ihre Brieftasche noch an Ort und Stelle?«
    »Sind sie.«
    Er war ein geschniegelter Typ
mit einem Bürstenschnurrbart. Er trug einen grauen Anzug, war etwas über
mittelgroß und hatte bewegliche Hände mit langen schlanken Fingern. »Bitte
sehen Sie lieber noch einmal nach.«
    »Keine Angst. Ich weiß es
genau.«
    Er zögerte einen Augenblick.
»Ich kann Sie nicht so recht unterbringen. Sie gehören nicht zu unseren
Stammgästen.«
    »Ich war aber schon einmal
hier.«
    »Wann?«
    »Vor zwei oder drei Monaten.«
    »Sind Sie da auch von einem
unserer Mädchen betreut worden?«
    »Ja.«
    »Sie wissen nicht mehr
zufällig, wie sie hieß?«
    »Nein.«
    »Heute abend war es Carmen,
nicht wahr?«
    »Ja.«
    Er zog sich einen Stuhl heran
und setzte sich zu mir. »Tolles Mädchen, die Carmen. Ich heiße Winthrop.« Er
gab mir die Hand.
    Ich schüttelte sie und
erwiderte: »Ich heiße Donald.«
    Er lächelte. »Verstehe. Sehr
erfreut, Donald. Mein Vorname ist Bartsmouth. Meine Freunde nennen mich Bart.
Wie wär’s mit einem Drink. Natürlich auf Rechnung des

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