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Die Leiche im rosa Nachthemd

Die Leiche im rosa Nachthemd

Titel: Die Leiche im rosa Nachthemd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
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den Hals gelegt und zugezogen.«
    »So behandelt man keine Dame«,
sagte ich mißbilligend.
    »Sage ich ja auch«, meinte sie
empört. »Aber das ist typisch Mann. Behandeln einen wie Dreck, und wenn man mal
aufmuckt...« Sie zuckte die Schultern und zwang sich zu einem Lächeln. »Hat ja
keinen Zweck, sich aufzuregen. Hier heißt die Devise: Keep smiling! Sonst ist man die Gäste los.«
    »Ja, das kann ich mir denken.
Für Selbstmitleid wird man nirgends bezahlt.«
    »Nicht in unserem Geschäft. Die
Männer mögen nur Frauen, die ewig lächeln. Und wenn man ihnen erzählt, daß man
nur in diesem miesen Laden arbeitet, weil man ein Kind zu Hause hat und die
Kleine mit Fieber und Husten daliegt und man sich Sorgen macht, ziehen sie ein
dummes Gesicht und rücken nicht mit den Moneten rüber.«
    »Ein Mädchen?« fragte ich.
    Ihre Augen wurden feucht, aber
sie nahm sich zusammen. »Ach, hör doch auf. Willst du mein Augen-Make-up
ruinieren? Wie ist es mit einem zweiten Drink? Nein, laß man. Du hast mir
vorhin was zugesteckt, da brauchst du nicht gleich wieder zu bluten.«
    »Der Ober starrt zu uns
herüber.«
    »Laß ihn starren. Ein Drink
darf bei uns zwanzig Minuten vorhalten. Manchmal auch länger, wenn uns danach
ist.«
    »Werdet ihr am Getränkeumsatz
beteiligt?«
    »Klar!«
    »Und was trinkt ihr?« fragte
ich.
    Sie sah mich herausfordernd an.
»Whisky! Laß dir bloß nichts anderes einreden.«
    »Trittst du auch auf?«
    »Ja. Ich singe und mache ein
paar Tanzschritte.«
    »Wer ist die Frau mit den
komischen Augen?«
    Sie lachte. »Das ist Dora, die
neue Empfangsdame. Bei deinem ersten Besuch war wohl Flo hier?«
    Ich nickte.
    Carmen sagte: »Dora sieht
wirklich ein bißchen komisch aus, aber sie ist auf der Höhe. Die hat hinten
Augen, sag’ ich dir. Der entgeht so schnell nichts. In der Beziehung ist sie
große Klasse.«
    »Wo ist denn Flo abgeblieben?«
    »Das weiß ich nicht. Eines
Tages war sie weg. Vielleicht hat sie mit dem Chef Ärger gehabt. Dora ist erst
ungefähr eine Woche hier; sie hat sich schon gut eingelebt. Aber schließlich
bist du ja nicht hergekommen, um dir von mir was vor jammern zu lassen oder um
Geschäftsklatsch zu hören. Wollen wir tanzen?«
    Ich nickte. Die Kapelle hatte
zu einem Rumba angesetzt. Die kleine Tanzfläche war voller Menschen, die sich
gegenseitig hin und her schoben. Carmen preßte sich eng an mich, öffnete die
Augen weit, hob den Kopf und setzte ein mechanisches Lächeln auf. Sie tanzte
routiniert und sehr eng und dachte dabei an das Kind zu Hause, das Husten und
Fieber hatte. Ich ließ sie ungestört denken.
    Der Tanz war zu Ende, wir
gingen zurück zu unserem Tisch.
    »Der Ober schaut uns schon ganz
giftig an«, sagte ich zu Carmen. »Ich glaube, du solltest den Getränkekonsum
wieder mal ein bißchen heben.«
    »Vielen Dank.«
    Ich winkte dem Kellner, der
herbeischoß, als hätte er eine Rakete gefrühstückt. »Noch einmal dasselbe.« Als
er mit unseren Gläsern verschwunden war, fragte ich: »Kanntest du Evaline gut?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Sie erzählte mir, sie hätte im
Norden des Staates Verwandte. Ich kann mich nur nicht an den Namen erinnern.«
    »Nein, sie hatte hier keine
Angehörigen«, sagte Carmen. »Sie kam von der Ostküste.«
    »War sie verheiratet?« fragte
ich.
    »Ich glaube nicht.«
    »Hatte sie einen festen
Freund?«
    »Das weiß ich nicht.« Sie sah
mich plötzlich mißtrauisch an. »Du redest wie einer von den Bullen. Über ihr
Privatleben weiß ich nichts. Ich hab’ genug eigene Sorgen.«
    »Sie war eine dufte Puppe. Hab’
mich seinerzeit richtig in sie verknallt«, meinte ich.
    »Das hättest du nicht tun
sollen«, sagte sie ernsthaft. »Für ein Animiermädchen bist du viel zu gut. Ich
will uns nicht schlechter machen, als wir sind — aber für uns kommt’s ja doch
nur darauf an, daß die Männer was ausspucken. Na ja — du und euresgleichen, ihr
habt eure Frauen zu Hause sitzen, die ihr betrügt, da kommt’s also praktisch
auf das gleiche raus. Das ist doch im Leben komisch eingerichtet: Du hast ein
gemütliches Zuhause und schwärmst für Ausgehen und Bumslokale und Trinken und
Striptease. Und ich — ich arbeite hier und würde sonstwas geben, wenn ich einen
Mann und ein Heim hätte und meinetwegen haufenweise Hausarbeit.«
    »Einen Mann kriegst du doch
sofort, wenn du willst.«
    Sie lachte auf. »Mit einer
fünfjährigen Tochter? Da irrst du dich aber gewaltig!«
    »Fünf Jahre ist sie schon?«
fragte ich mit gutgespielter

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