Die Leiche im rosa Nachthemd
Bertha Cool.
Bitte?«
Ich hörte nicht, was am anderen
Ende der Leitung gesagt wurde, aber ich sah wie Bertha Cool die Lippen
zusammenpreßte und die Augen senkte. »Nein, ich fahre nicht selbst Das kann geprüft
werden.«
Dann wieder eine Pause. Bertha
hörte aufmerksam zu. An den beringten Händen blitzten ab und zu die Brillanten
auf. Sie sah mich nicht an. Schließlich sagte sie: »Ich muß erst in meinen
Unterlagen nachsehen, welcher meiner Mitarbeiter zu dieser Zeit den Wagen
gefahren hat und wo er eingesetzt war. Ich persönlich glaube, es liegt da ein
Irrtum vor, aber — nein, ich gehe jetzt nicht in mein Büro. Ich liege schon im
Bett. Außerdem kämen wir damit gar nicht weiter. Ich weiß nicht, wo die Akten
sind. Darum kümmert sich meine Sekretärin. Nein. Ich weigere mich, sie zu
nachtschlafender Zeit zu stören. Das ist mein letztes Wort. Nein — so wichtig
ist es bestimmt nicht. Neun von zehn Zeugen irren sich beim Aufschreiben einer
Zulassungsnummer. Ja, morgen früh um zehn. Also meinetwegen: halb zehn. Aber
das ist der früheste Termin. Ich habe mehrere Mitarbeiter. Zwei oder drei sind
augenblicklich im Einsatz. Nein, ich kann Ihnen weder ihre Namen nennen noch
sagen, um welchen Fall es sich handelt. Es sind vertrauliche Ermittlungen. Ich
werde morgen früh in meinen Unterlagen nachsehen und Ihnen Nachricht geben. Bis
dahin müssen Sie sich schon gedulden.«
Sie legte auf und sah mich mit
glitzernden Augen an. »Jetzt heizen sie den Fall an, Donald.«
»Wieso?«
»Santa Carlotta hat die hiesige
Polizei um Amtshilfe gebeten. Sie haben einen Zeugen für eine Fahrerflucht. Er
hat die Zulassungsnummer des Wagens angegeben. Es ist unsere Firmenkutsche.«
»Ich kann mir nicht vorstellen,
daß er so weit geht.«
»Du sitzt in der Tinte,
Kleiner. Sie lassen dich über die Klinge springen, darauf kannst du Gift
nehmen. Soweit ich kann, werde ich dir Schützenhilfe geben, aber der Fall wird
in Santa Carlotta vor Gericht kommen, und da können sie die Jury unter Druck
setzen.«
»Wann soll es passiert sein?«
fragte ich.
»Vorgestern.«
»Der Wagen stand in der
Garage«, sagte ich. »Ich habe eine Quittung.«
»Die Polizei ist der Sache
schon nachgegangen. Der Tankwart sagt, du hättest den Wagen nach knapp zwölf
Stunden wieder geholt und wärst ungefähr zwei Stunden damit fort gewesen. Als
du ihn zurückbrachtest, hättest du einen verstörten Eindruck gemacht. Deinen
Namen weiß er nicht, aber er konnte dich beschreiben.«
»Gedroht hat Harbet damit, aber
ich hätte nicht gedacht, daß er es wahr macht.«
»Ja, du hast ihn eben
unterschätzt. Er...«
Das Telefon klingelte wieder.
Bertha Cool zögerte. »Was ist denn jetzt wieder los? Rangehen muß ich ja
wohl...«
Diesmal meldete sie sich nur
mit einem vorsichtigen »Hallo!« Aber es schien zur Abwechslung mal keine
Schreckensnachricht zu sein. Sie griff sich einen Stift und machte sich
Notizen. »Bleiben Sie bitte dran.« Sie legte die Hand über den Hörer.
»Harbet hat das
Polizeipräsidium verlassen«, berichtete sie. »Unser Mitarbeiter ist ihm zu
einem Hotel gefolgt. Es ist das Key West, ein eleganter Laden mit
einem Nachtportier, der die Besucher anmeldet. Harbet gab sich als Frank Barr
aus und bat den Nachtportier, Zimmer 43 A anzurufen. Dort wohnt Amelia Lintig
aus Oakview, Kalifornien. Was tun wir jetzt?«
»Entweder handelt es sich nur
um eine Vorbesprechung oder um einen offiziellen Besuch. Sie sind offenbar
jetzt zum Äußersten entschlossen. Die Wahl ist übermorgen. Sag unserem Mann, er
soll dableiben, bis wir kommen.«
»Wenn nun Harbet das Hotel
verläßt, bevor wir da sind?«
»Dann soll er ihn
laufenlassen.«
»Dann lassen Sie ihn laufen«,
wiederholte Bertha Cool in den Hörer.
Ich nahm meinen Hut; Bertha
zwängte sich in ihren Mantel und betrachtete dann kummervoll die beiden
gefüllten Kognakgläser auf dem Tisch. Sie griff sich das eine und reichte mir
das andere.
»Es ist ein Verbrechen, diesen
Stoff zu kippen.«
»Aber ein noch größeres
Verbrechen, ihn stehenzulassen.«
Wir sahen uns über die Gläser
hinweg an und tranken.
Im Lift sagte Bertha Cool: »Mit
jedem Schritt tauchen wir tiefer in die Brühe, Donald.«
»Jetzt können wir nicht mehr
zurück«, meinte ich.
»Ich weiß ja, daß du ein kluges
Kind bist. Aber manchmal hab’ ich doch das Gefühl, daß du zu weit gehst.«
Ich hatte keine Lust, mich mit
ihr herumzustreiten. Wir gondelten mit einem Taxi bis zu unserer Firmenkutsche
und fuhren
Weitere Kostenlose Bücher