Die Leiche im rosa Nachthemd
unsere
Erklärung anhören wollen noch sich damit aufhalten, uns unsere Lizenz
abzuknöpfen. Sie nehmen uns kurzerhand beide fest. Als Begründung führt sie an,
daß wir eine Zeugin der Anklage bestochen und eingeschüchtert haben und
Alfmonts Verbrechen verschleiern wollen. Hinter Gittern können wir dann in Ruhe
über unser bisheriges Leben nachdenken.«
Ich sah meiner Partnerin an,
daß sie sich der Logik dieser Darlegungen nicht verschließen konnte und die
Aussichten, die sich hier auftaten, nicht sehr beglückend fand. »Können wir
nicht noch einen Rückzieher machen, Kleiner? Wir haben schließlich getan, was
wir konnten. Wir können die angebliche Mrs. Lintig als Betrügerin entlarven.
Damit sind wir gedeckt.«
»Wir vielleicht. Aber unser
Klient nicht.«
»In einem solchen Fall sitzt
einem eben die Haut näher als das Hemd. Ich lege keinen gesteigerten Wert
darauf, die nächsten zwanzig Jahre im Frauengefängnis von Tehachapi
zuzubringen.«
»Wir sollten sehen, daß wir
statt ins Gefängnis zu kommen, unserem Klienten zu seinem Bürgermeisterposten
verhelfen. Dir liegt doch an wohlhabender Kundschaft — oder? Der Bürgermeister
von Santa Carlotta dürfte eine nützliche Bekanntschaft sein. Auch
finanziell...«
Bertha dachte nach. »Du bist
mit dem Bus nach San Franzisko gefahren, nicht?«
»Ja.«
»Und hast den Wagen in Santa
Carlotta stehenlassen?«
»Ja.«
»Und hast ihn heute vormittag
dort abgeholt?«
»Ta.«
»Dann hat dir jemand in Santa
Carlotta eins auf die Nase gegeben.«
»Allerdings.«
»Ein Bulle?«
Ich nickte.
»Derselbe, der dich in Oakview
einschüchtern wollte?«
»Ja.«
»Das ist bitter, Kleiner. Wenn
ein Bulle dir was anhängt, kommst du nicht so schnell wieder raus.«
Ich grinste. »Das weiß ich.«
»Warum lachst du?«
»Weil dieses hübsche Spielchen
auch zwei spielen können. Wenn ein einigermaßen intelligenzbegabter
Staatsbürger einem Bullen was anhängt, kommt der gar nicht erst zu seinen
Tricks. Falls es dich interessiert: Sergeant John Harbet dürfte im Augenblick
alle Hände voll zu tun haben. Wenn ich mich nicht verrechnet habe, wird er sich
den Mund mit allerlei Erklärungen fransig reden müssen.«
»Wieso? Was hast du denn da
schon wieder angezettelt?« fragte sie mißtrauisch.
»Harbet war mit Evaline Harris
befreundet. Er hat sie auch mit dem Auftrag nach Oakview geschickt, das Terrain
zu sondieren und die Fotos von Mrs. Lintig aufzukaufen. Als sich nach dem Mord
an Evaline die Polizei für ihre Freunde interessierte, hat Harbet die
Geschäftsleitung der Nachtbar unter Druck gesetzt. Ich weiß nicht, wie er das
gemacht hat, aber jedenfalls war es sehr wirkungsvoll. Die Mädchen in der Blauen
Grotte bekamen die Anweisung, nicht über Harbet zu reden. Wenn so etwas
dann hinterher doch herauskommt, ist das natürlich für die Betroffenen
besonders peinlich.«
»Und es ist herausgekommen?« fragte sie.
Ich nickte.
Bertha Cool betrachtete mich
gedankenvoll. Schließlich sagte sie: »Ich habe den Eindruck, daß es schlimme
Folgen haben kann, dir eins auf die Nase zu geben.«
»Da magst du recht haben«,
räumte ich ein.
Sie gab sich einen Ruck. »Auf
geht’s zum Kofferklauen!«
»Vergiß nicht, das Telegramm an
dich aufzugeben«, erinnerte ich.
Der Nachtportier im Mapleleaf
Hotel begrüßte Mrs. Cool und schenkte mir einen mißtrauischen Blick.
Bertha strahlte ihn an. »Das ist
mein Sohn. Er hat ein paar Tage Urlaub von der Militärakademie.«
»Ach so«, sagte der Portier.
Wir gingen auf Berthas Zimmer
und saßen dort eine Viertelstunde lang herum. Dann kam das Telegramm, und wir
stiefelten wieder zum Empfang. »Leider muß ich morgen mit dem ersten Flugzeug
abreisen«, sagte Bertha Cool. »Deshalb muß ich heute abend noch packen.«
»Der Hoteldiener ist nicht mehr
im Dienst«, sagte der Portier. »Aber wir werden Ihnen schon irgendwie Ihren
Koffer beschaffen.«
»Wenn Sie eine Handkarre haben,
schaffe ich ihn in den Lift«, erbot ich mich diensteifrig.
»Unten im Keller steht eine«,
sagte der Portier erleichtert.
Er gab uns den Schlüssel. Wir
gingen hinunter und sahen uns um. Nach zwei Minuten hatten wir gefunden, was
wir suchten: einen Koffer mit den Initialen F. D. und einem Anhänger: Florence
Danzer, Zimmer 603.
Wir machten Bertha Cools Koffer
auf und wuchteten mit vereinten Kräften Flos Koffer hinein. Er war wirklich ein
ganzes Stück kleiner, und wir polsterten den Zwischenraum mit alten Kleidern
und Zeitungspapier aus. Dann
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