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Die Leichenuhr

Die Leichenuhr

Titel: Die Leichenuhr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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fiel der Schuß!
    ***
    An der Wange spürte ich etwas Feuchtes, Klebriges und hatte den Eindruck, in meinem eigenen Erbrochenen zu liegen. Die Vorstellung erschreckte mich dermaßen, daß ich mich auf die Seite drehte, um von dem Zeug wegzukommen.
    Ich hatte einen widerlichen, pappigen Geschmack im Mund, der Magen revoltierte noch immer leicht, und mein Kopf war zu einem Ballon geworden.
    Wie lange ich wehrlos dagelegen hatte, konnte ich nicht sagen. Als ich auf die Uhr schaute, verschwammen die Zeiger.
    Jedenfalls war die Umgebung dunkel.
    Ich hatte es geschafft, mich aufzusetzen und mich so weit zurückzudrücken, bis ich einen weichen Widerstand an meinem Rücken spürte. Er war ein Stoff oder ein Polster, jedenfalls tat mir die Stütze gut, und ich wollte diese Haltung zunächst auch beibehalten.
    Reingelegt! Eine Falle gestellt. Ein uralter Trick. Weibliche List und Raffinesse, beinahe schon klassisch zu nennen. Hätte nur noch das Gift gefehlt, und sämtliche Vorurteile Frauen gegenüber wären bestätigt worden.
    Die Frau hatte einen Namen. Sie hieß Lizzy Lamotte.
    Auch wenn es nur ein Pseudonym war, mich störte es nicht. Mir ging es ausschließlich um die Person, die mich überwältigt hatte. Sie mußte mit den Rätseln, die ich auflösen wollte, in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen.
    Es war typisch für mich, daß ich trotz der Kopfschmerzen zu überlegen anfing, trotz des Geruchs, der weiterhin in meine Nase stieg und den ich endlich identifiziert hatte. So hatte auch dieser Likör gerochen, dem mein Gesicht im Wege gestanden hatte. Das Brennen in den Augen spürte ich nicht mehr, doch mein Gesicht war von dem widerlichen Zeug verklebt.
    Lizzy hatte gut gezielt. Ich befand mich in einem Gefängnis, aber ich war nicht gefesselt, doch die Beretta hatte mir das verdammte Weib abgenommen.
    Sie mischte also mit!
    Wer noch?
    Ich dachte an die seltsame Begegnung in meinen Träumen und an die bleiche Gestalt, die auf den Namen Gallio hörte. Ein Uhrmacher, der Chronos geheißen hatte. Er war von dem Phänomen der Zeit begeistert gewesen und hatte versucht, sie zu begreifen. Er wollte herausfinden, wie sie funktioniert, aber die Zeit ist ein Rätsel. Sie ist etwas Relatives, kaum zu begreifen, höchstens von einem hochintelligenten Wissenschaftler. Der war Gallio nicht gewesen. Er hatte versucht, den anderen Weg zu gehen und sich mit Luzifer anzufreunden. Durch ihn und dessen Hilfe wollte er die Zeit begreifen und mit den einzelnen Phasen spielen.
    Das hatte er geschafft.
    Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart hatte er wohl mischen können, aber nicht begreifen. Die Uhr und sein Wissen war zu einem Fluch geworden, und er hatte versucht, ihn zu stoppen. Hector de Valois war damals ein bekannter Mann gewesen, vielleicht hätte er die vom Bösen manipulierte Leichenuhr wieder ›reparieren‹ können, nur war es aus Zeitgründen – so komisch sich das auch anhörte – nicht mehr dazu gekommen.
    Gallio hatte sich selbst umgebracht. Die Uhr war zu seinem Mörder geworden, und sie war geblieben. Über lange Zeit hinweg, über Jahrhunderte. Es mußte auch Menschen gegeben haben, die erkannten, welch eine Macht in ihr steckte. Zuletzt hier auf diesem winterlichen Rummelplatz. Die Uhr kannte ich aus meinen Träumen, nur war ich davon überzeugt, daß ich sie sehr bald in natura sehen würde. Ich konnte mir vorstellen, daß sie nicht mehr weit von mir entfernt war.
    Die Dunkelheit war nicht so intensiv, wie ich sie schon des öfteren erlebt hatte, wenn ich in einem lichtlosen Raum eingesperrt gewesen war. Hier gab es überall Lücken und Ritzen, wo das Tageslicht hindurchsickern konnte. Ob sich einer meiner Gegner schon in der Nähe befand, konnte ich nicht herausfinden. Sie hielten sich zurück, und seltsamerweise lauschte ich nach einem bestimmten Geräusch. Ich wollte herausfinden, ob irgendwo eine Uhr tickte.
    Nichts – die Stille blieb. Kein Ticken der Leichenuhr, nur den eigenen Atem hörte ich. Die Beine zog ich langsam an. Sie schabten über den rauhen Holzboden, und ich suchte in der Tasche nach meiner kleinen Leuchte.
    Die Beretta war verschwunden, die Leuchte hatte man mir gelassen.
    Immerhin etwas, denn Licht in der Finsternis hat nicht nur Symbolcharakter, es war auch als pragmatisch anzusehen, denn mir brachte es sicherlich einen Erfolg.
    Ein scharfer überaus heller Schnitt jagte in die Dunkelheit hinein. In dieser Lanze zitterte der Staub. Ich schwenkte die Leuchte, sah plötzlich Ziele aus der

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