Die Leichenuhr
nicht vorbei. Ich werde es nicht zulassen, daß du die Uhr in deine Gewalt bringst oder sie zerstörst. Das Gegenteil wird eintreten, sie wird dich vernichten, damit ich für die Zukunft freie Bahn habe. So lautet mein Plan.«
»Und wie sieht er im einzelnen aus?«
Wir kamen zur Sache, das wußte auch Lizzy. Sie hob die Waffe an und zielte genau zwischen meine Augen. »Das kann ich dir sagen. Du wirst hochsteigen und dich auf den Zeiger legen. Hat es dir Chronos nicht schon vorgemacht?«
»Hat er!«
»Dann bist du sein Nachfolger…«
***
Tonio Baresi wunderte sich darüber, wie laut sich der Schuß anhörte.
Dabei hatte er doch ein Kissen vor die Mündung gepreßt, das den Schall dämpfen sollte. Dann spürte er den Schmerz!
Er war böse, messerscharf und zerriß seinen Rücken. Er lähmte jede seiner Bewegungen, und er spürte gleichzeitig, wie schnell ihn die Kraft verließ. Die Waffe wurde für ihn zu schwer. Er schaffte es nicht einmal, den Finger zu krümmen, und genau da, wurde ihm bewußt, daß nicht er geschossen hatte, sondern ein anderer. Eine Kugel steckte in seinem Rücken!
Sie raubte ihm den Atem, sie hatte ihn vernichtet, sie war zu einem tödlichen Messer geworden, das dabei war, seinen Körper in zwei Hälften zu teilen.
Er hörte sich selbst stöhnen und spürte im selben Augenblick den Geschmack von Blut auf der Zunge.
In seinem Rücken hörte er Schritte. Ungewöhnlich laut und deutlich vernahm er sie, dann wirbelte plötzlich der Boden wie ein rasender Strudel auf ihn zu.
Bevor der ihn verschlingen konnte, spürte er noch den Druck an seinem Körper. Jemand war plötzlich da, der ihn auffing. Wenig später fand er sich auf dem Boden wieder, auf der Seite liegend, und ein Gesicht beugte sich über ihn. Baresi kam es vor wie ein gewaltiger Schatten, die Züge waren für ihn nicht genau zu erkennen, weil sie immer wieder verschwammen. Aber in seiner Erinnerung flammte etwas auf. Er wußte plötzlich, daß er das Gesicht schon mal gesehen hatte. Es gehörte einem Mann, der gekommen war, um ihn zu befragen.
»Bleiben Sie ruhig liegen, Baresi. Sie sind verletzt.«
Er versuchte zu sprechen. Beim ersten Anlauf schaffte er es nicht, beim zweiten brachte er den Satz mehr als mühsam über die Lippen. »Ich werde sterben! Du hast mich gekillt.«
Suko kniete neben ihm und schüttelte den Kopf. Auf dem Bett bewegte sich Tom Packard stöhnend. Er hatte nicht gewußt, in welch einer Gefahr er sich befunden hatte. Auch in den folgenden Minuten würde er sich nicht zurechtfinden.
»Es war im letzten Augenblick, Baresi. Ich habe Sie vor einer Dummheit bewahren müssen. Es tut mir leid, daß mir nicht mehr die Zeit blieb, genau zu zielen. Als ich kam, war es bereits nach Mitternacht. Sie hätten einen anderen Weg gehen sollen. Nichts auf der Welt ist es wert, ein Menschenleben zu opfern.«
Baresi wunderte sich darüber, daß er die Worte verstand. Er konnte sie auch nachvollziehen und darüber nachdenken, und er schaffte es sogar, eine Antwort zu geben. »Nein, Irrtum. Es gibt die Uhr. Sie ist jedes Opfer wert. Sie ist das Besondere, das mir und Lizzy gehört. Wir beide beherrschen sie. Die Uhr ist ein Wunder, eine Erinnerung an die Magie der Hölle. Durch sie sind wir in der Lage, uns Träume zu erfüllen. Sie muß geschützt werden. Kein Fremder darf sie bekommen, und Tom hat schon zuviel erzählt. Er durfte nicht mehr länger leben.«
»Jetzt wird er leben!«
»Die Uhr auch!«
»Ich weiß nicht, ob John Sinclair das zulassen wird«, erklärte der Inspektor.
Der Direktor überlegte. Seine Augenlider flatterten dabei. »John Sinclair?«
»Ja, Ihr Helfer.«
»Gehört er zu Ihnen?«
Suko nickte. »Er ist mein Freund und Kollege, Baresi. Wir haben die Spur der Leichenuhr gefunden, und wir werden sie gemeinsam vernichten. Die alten Zeiten sind endgültig vorbei. Die Leichenuhr stellt für die Menschen eine zu große Gefahr dar. In der Vergangenheit hat es Hector de Valois nicht geschafft, doch John Sinclair ist sein Nachfolger. Er wird Hectors Arbeit beenden.«
Baresi hatte zugehört. Er schwitzte. Schweiß bildete sich auf seiner Stirn. Gleichzeitig fror er, seine Zähne schlugen aufeinander. Der Schüttelfrost blieb, trotzdem stellte Suko eine Frage. Er wußte, daß er John Sinclair dort antreffen würde, wo sich die Uhr befand.
»Wo steht die Uhr?«
Baresi bewegte die Lippen. Suko sah kleine Blutbläschen auf ihnen zerplatzen. Die Kugel aus der Beretta mußte die Lunge verletzt
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