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Die Leiden eines Chinesen in China

Die Leiden eines Chinesen in China

Titel: Die Leiden eines Chinesen in China Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Clienten der »Hundertjährigen« zu überwachen.
    – Gestern, antwortete Craig, folgten wir ihm bei einer langen Wanderung durch die Umgebung der Stadt….
    – Wobei er aber keineswegs so aussah, als wollte er Hand an sich legen, vervollständigte Fry.
    – Bei Einbruch der Nacht begleiteten wir ihn bis zu seiner Thür…
    – Vor der wir natürlich leider stehen bleiben mußten.
    – Und heute Früh, erkundigte sich William J. Bidulph weiter.
    – Hörten wir schon, begann Craig, daß er sich so….
    – Wohl befand wie ein Fisch im Wasser!« schloß Fry den Satz.
    Die Agenten Craig und Fry, zwei Vollblut-Amerikaner, zwei Vettern im Dienste der »Hundertjährigen«, bildeten in der That nur ein einziges, aus zwei Personen bestehendes Wesen. Mehr als diese Beiden konnte Niemand übereinstimmen, was sogar so weit ging, daß der Eine stets die angefangenen Sätze des Anderen vollendete. Es erschien, als besäßen sie nur ein Gehirn, ein und denselben Gedankengang, ein Herz, einen Magen, nur eine Art des Auftretens. Sie waren eben vier Hände, vier Arme, vier Beine zweier verschmolzener Körper – mit einem Worte siamesische Zwillinge, deren Verbindungsstrang ein kühner Chirurg getrennt hatte.
    »In das Haus selbst konnten Sie also noch nicht gelangen? fragte William J. Bidulph.
    – Noch…. sagte Craig.
    – Nicht, fiel Fry ein.
    Das wird seine Schwierigkeiten haben, fuhr der General-Agent fort, ist für uns jedoch unumgänglich nothwendig. Es handelt sich für die »Hundertjährige« nicht allein darum, eine enorme Prämie zu gewinnen, sondern auch darum, sie vor einem Verluste von zweimalhunderttausend Dollars zu schützen. Zwei Monate, und wenn unser neuer Client die Police erneuert, noch länger, müssen wir also sorgsam auf der Hut sein.
    – Er hat da einen Diener…. äußerte Craig.
    – Den man vielleicht gewinnen könnte…. setzte Fry fort.
    – Um Alles zu erfahren, was…. nahm Craig den Satz auf.
    – In dem betreffenden Hause von Shang-Haï vorgeht! schloß ihn Fry.
    – Hm! murmelte William J. Bidulph. So ködern Sie den Diener. Kaufen Sie ihn. Er wird für den Klang von Taëls nicht taub sein. An Taëls soll es nicht fehlen. Und müßten Sie alle dreitausend Höflichkeitsformeln erschöpfen, welche die chinesische Etiquette kennt, so schrecken Sie nicht davor zurück. Sie werden Ihre Mühe belohnt sehen.
    – Das wäre…. begann Craig.
    – Abgemacht!« vervollständigte Fry.
    Die beiden Agenten suchten sich also mit dem erwähnten Vermittler in Verbindung zu setzen, und Soun war nicht der Mann dazu, der verführerischen Lockspeise der Taëls und dem verbindlichen Angebot verschiedener Gläser amerikanischen Liqueurs zu widerstehen.
    Craig-Fry erfuhren in der Folge Alles, was sie zu wissen wünschten. Es bezog sich das aber auf Folgendes:
    Zeigte sich in Kin-Fo’s Lebensweise irgendwelche Veränderung?
    Nein, höchstens verfuhr er etwas glimpflicher mit seinem treuen Diener; die entsetzliche Scheere feierte zu Gunsten von dessen Zopfe und der Rohrstock sanfte nicht so häufig auf dessen Rücken nieder.
    Hatte Kin-Fo etwa Mordwaffen bei der Hand?
    Keineswegs; er zählte überhaupt nicht zu den Liebhabern solch’ lebensgefährlicher Werkzeuge.
    Was genoß er bei seinen Mahlzeiten?
    Nur wenige und einfach zubereitete Gerichte, welche nicht im Geringsten an die sonst so phantastische Küche der Söhne des Himmels erinnerten.
    Um wie viel Uhr pflegte er aufzustehen?
    Mit der fünften Wache, zur Zeit, wenn die Morgenröthe beim Krähen der Hähne am Horizont aufdämmerte.
    Legte er sich beizeiten nieder?
    Mit der zweiten Wache, wie er das, soweit Soun es kannte, von jeher gewohnt war.
    Erschien er niedergeschlagen, gedankenvoll, gelangweilt oder lebensmüde?
    So eigentlich heiter und aufgelegt war er von jeher niemals. Gerade in den letzten Tagen dagegen schien er an den Dingen dieser Welt mehr Geschmack zu finden. Soun wenigstens fand ihn minder theilnahmslos, so als erwartete er…. was? konnte jener freilich nicht sagen.
    Besaß sein Herr endlich irgend eine Giftsubstanz, mit der er sich schädigen könnte?
    Wahrscheinlich nicht, denn an demselben Morgen waren auf sein Geheiß ein Dutzend kleiner verdächtiger Pillen in den Huang-Pu geworfen worden.
    Nach keiner Seite hin fand sich also ein Anzeichen, das den Generalagenten der »Hundertjährigen« besonders hätte beunruhigen können. Niemals lebte der reiche Kin-Fo, dessen Verhältnisse außer Wang ja kein Mensch kannte, scheinbar glücklicher

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