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Die Leidenschaft der Wölfe (German Edition)

Die Leidenschaft der Wölfe (German Edition)

Titel: Die Leidenschaft der Wölfe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noelle Mack
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Angelica betäubt hatte.
    Der Gedanke, von jemandem, den er nicht mal sehen konnte, so manipuliert zu werden, machte Semjon außerordentlich zornig. Die Gefahr, in der Angelica schwebte, sorgte dafür, dass sich sein Nackenfell aufstellte und die Haare in seinem Gesicht zu sprießen begannen. Seine Willenskraft beschleunigte die Verwandlung, und er spürte bereits, wie seine Kleidung aufriss. Und schon war er auf allen vieren.
    Auf geräuschlosen Pfoten umkreiste er das Geländer der Empore und schlich zu der Stelle, wo er die Stimme zuletzt gehört hatte. Sein aufgebrachtes Blut rauschte in seinen Ohren.
    Er kam zu spät.
    Der Kopf, der hinter Angelicas Entführung steckte, und sein stämmiger Handlanger hatten mit seiner Verwandlung gerechnet, sie sogar provoziert. Und als Semjons Wolfskörper hechelnd auf der anderen Seite eintraf, sah er nur noch eine Hängeleiter, die schaukelnd und knarrend vom Geländer der Empore hing.
    Unten waren zwei Männer zu sehen, die über den schwarzweiß gekachelten Fußboden rannten. Der Stämmige öffnete eine der großen Türen nach draußen und winkte einen sehr großen Mann hinaus.
    Semjon konnte sich nicht schnell genug zurückverwandeln. Seine Pfoten waren für die Hängeleiter nicht geeignet, und den schrecklich hohen Sprung von dort oben nach unten zu tun, wagte er nicht. Wenn er sich in seiner jetzigen Form einen Knochen brach, würde er Wolf bleiben müssen, bis der Bruch vollständig verheilt war.
    Die große Tür schloss sich hinter den Männern, und Semjons goldene Augen glühten in der Dunkelheit, in der sie ihn zurückließen.

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel Elf
    Außer sich vor Sorge zog Angelica sich in ihr Zimmer zurück. Sie wusste, es war bereits zu dunkel, um Semjon vom Boden über ihr zu beobachten. Aber obwohl die Straßen bereits langsam von der Dunkelheit verschluckt wurden, trat sie an das Fenster ihres Zimmers.
    Da die eine oder andere Ecke der Stadt von einer der neuartigen Gaslampen beleuchtet war, erhaschte sie tatsächlich einen kurzen Blick auf eine dahineilende Person. Es war ein Nachtwächter, dessen entferntes Ausrufen der Zeit leise zu ihr drang.
    Angelica wandte sich ab, sank auf ihr Bett und grübelte erneut über das nach, was sie unten im großen Saal gesehen hatte.
    Die seltsamen Kreaturen hatten trotz des Fells, der Klauen und der Fangzähne doch die Ausstrahlung echter Gentlemen gehabt. Die junge Frau hatte zuvor noch nie von derartigen Wesen gehört und sich nicht vorstellen können, dass Wolfsmenschen tatsächlich existierten. Dabei war sie überaus dankbar, dass Semjon scheinbar nur einige wenige ihrer Eigenschaften teilte. Dennoch – wie sollte sie ihm nur gegenübertreten, wenn er zurückkehrte?
    Er hatte alles für sie getan und sie vor einem grässlichen Schicksal bewahrt. Und als Gegenleistung hatte er sie um nichts weiter gebeten, als am zweiten Zufluchtsort zu bleiben, den er ihr in seinem Zuhause und dem seiner Familie zur Verfügung gestellt hatte.
    Angelica stand auf und betrachtete sich einen Moment lang im Spiegel. Sie fragte sich, ob die magische Verwandlung von Mensch zu Tier auch sie befallen würde. Vielleicht reichte dazu schon die bloße Anwesenheit in diesem merkwürdigen Haus.
    Nein. Sie sah aus wie immer. Angelica ließ die Hände über Wangen und Hals gleiten, spürte aber nur zarte Haut. Dann hob sie ihr Haar an und drehte sich ein wenig, um zu sehen, ob der Nacken ebenso weich war.
    Das war er. Angelica stützte sich mit den Händen auf der Kommode ab und beugte sich vor, um ihre Augen im Spiegel einer genaueren Betrachtung zu unterziehen. Sie war auf der Suche nach der Wildheit, die sie in Semjons Blick gesehen hatte.
    Ihr fiel ein, wie sie ihn auf der Straße gesehen und wie gelb seine Augen selbst aus der Entfernung gewirkt hatten. Schon damals hatte sie gedacht, dass er ungezähmt und wachsam wie ein Wolf ausgesehen hatte. Aber andererseits hatten ihre Verwirrtheit und der Terror ihrer Gefangenschaft für viele derartiger Gedanken gesorgt.
    Nun, ihre Augen sahen aus wie immer – auch wenn sie vor Angst und Staunen geradezu glühten.
    Aber es war keine Angst vor ihm, sondern vor dem, was die Zukunft bringen würde.
    Ihr Herz raste, und das Blut rauschte durch ihre Adern. Angelica war unsäglich heiß, und sie rieb nervös an ihren Kleidern, um einen plötzlichen Juckreiz zu vertreiben.
    Großer Gott. Würde ihr jetzt etwa auch ein Fell sprießen, wie das der unten Feiernden? Wenn ja, würde sie es sich

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