Die Leidenschaft der Wölfe (German Edition)
Komplizen allerdings ziemlich absurd aussah. Denn auch wenn Sin zwanzig Jahre älter war, so war er doch immer noch kräftig gebaut und von beeindruckender Statur.
«Und jetzt, wo wir dank Hinchs Spioniererei in Mayfair und anderswo wissen, wo sie ist», fuhr Sin fort, «und nach meiner großartigen List, Semjon aus seinem Bau zu locken …»
«Gibt es eigentlich irgendwas, für das du dir nicht selbst auf die Schulter klopfst?»
Sin wedelte den Kommentar einfach weg. «Da sollte es doch wohl ein Leichtes sein, ihr in der Nähe des St. James’s Square aufzulauern.»
«Nicht, wenn sie unter Semjon Taruskins Schutz steht. Von dem wenigen, was du mir von ihm berichtet hast …»
«Das Mädchen tut doch, was sie will, wenn er nicht hinsieht. Sie verlässt verkleidet das Haus. Sie spricht mit Fremden. Was für eine glückliche Fügung, dass ich einer jener Fremden war.»
«Ich kann immer noch nicht glauben, dass sie wirklich eine Beichte vor dir abgelegt hat, wie du sagtest! Hattest du denn nicht wenigstens vermutet, dass es Angelica war?»
«Erst als sie anfing zu sprechen. Sie hatte sich hinter einem grauen Schleier verborgen, und ich beobachtete sie eine Weile. Zunächst dachte ich, sie wäre eine Freundin der Marquise, die vor ihr im Beichtstuhl war.»
«Auch eine Fromme, nehme ich an.»
Sin nickte. «Auf ihre Art, ja. Die reizende Lady hat Dinge gebeichtet, die meine Ohren zum Glühen gebracht haben. Und sie verlangte, dass ich ihr eine besonders erregende Buße auferlege. Sie lässt sich gern den zarten Po versohlen. Bettelt förmlich darum, wieder und wieder geschlagen zu werden.»
«Vor Ort und sofort?», fragte Victor angewidert.
«Natürlich nicht. Wir treffen uns nach der Beichte immer bei ihr zu Hause, hinter verschlossenen Türen. Man kann sich in der Öffentlichkeit nicht alles herausnehmen.»
«Was hast du Angelica denn gesagt?»
«Nichts. Ich habe irgendeinen Unsinn gemurmelt, nachdem sie mir ihr Herz ausgeschüttet hatte. Sie schien sehr dankbar zu sein. Du siehst also, es ist wahr, dass ich im Dienst bedrängter Seelen stehe. Möchtest du gern wissen, was sie über dich gesagt hat?»
«Nein.» Victor ließ sich wieder auf seinen Stuhl fallen.
«Eigentlich glaubte ich ja, dass du mich bezüglich ihrer Unschuld belogen hast, Victor. Aber anscheinend hast du doch die Wahrheit gesagt.»
«Wie sie sich die nur während dreier Jahre in London bewahren konnte?», wunderte sich Victor. «Schutzlos und allein, für ihr täglich Brot schuftend und von der Hand in den Mund lebend.»
Der ältere Mann knurrte. «Das ist vorbei. Sie ist jetzt schon seit Tagen bei Semjon. Der Mann ist reich. Und er ist ein Lebemann.»
«Und nach dem, was du mir erzählt hast, außerdem sehr gefährlich. Genau wie seine Brüder. Was weißt du sonst noch? Ich habe ein paar seltsame Gerüchte über das Haus am St. James’s Square gehört.»
Die kalten Augen von Sin wurden noch eine Spur kälter. «Die Taruskins stammen von seltsamem Blut ab. Das ist der Grund für die Gerüchte.»
«Was meinst du damit?»
Sin sah ihn mürrisch an. «Ihr Klan dient insgeheim dem König. Niemand weiß genau, in welcher Form. Und wer darüber spricht, kommt an den Galgen.»
«Bedauerlich.» Victor hätte ganz und gar nichts dagegen, Sin am Galgen baumeln zu sehen. Das würde ihm die Mühe ersparen, ihn zu ertränken.
Aber Spin sprach weiter, denn der wärmende Whiskey hatte ihn jetzt so richtig in Fahrt gebracht. «Ich habe mal mit einer verführerischen kleinen Herzogin gefickt, die sich leidenschaftlich danach sehnte, den ältesten der Brüder, Kyrill, in ihr Bett zu bekommen. Natürlich mit einer schweren Eisenkette um den starken Hals. Sie bot mir Tausende von Pfund, wenn ich ihn einfinge.»
«Und?» Mit einem Mal war Victors Neugier geweckt.
«Es gelang mir nicht. Kyrill hatte keinerlei verborgene Makel, die ich ausnutzen konnte. Ganz im Gegensatz zu diesem Cousin von ihm. Wie hieß er gleich? Lukian war sein Name. Er war der Mächtigste von allen, aber seine Seele wurde durch seine Schwäche für Morphium zerstört. Ich glaube, er starb sogar daran. Oder auch nicht. So oder so, er ist tot. Die anderen Familienmitglieder scheinen eine übernatürliche Vitalität zu besitzen. Und einige ungewöhnliche … Fähigkeiten, die fast an Zauberei grenzen.»
«Du meinst Illusionen? Schall und Rauch und derlei Tricks von der Bühne?»
«Nein», erwiderte Sin knapp. «Das würde ich wissen.»
«Natürlich. Du warst ja einst
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