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Die Leidenschaft des Cervantes

Die Leidenschaft des Cervantes

Titel: Die Leidenschaft des Cervantes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaime Manrique
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Diego Lara sein Studium der Theologie an der Universidad de Alcalá de Henares aufgegeben hatte, um in Toledo in den Karmeliterorden einzutreten. Ich hörte auch, dass ein Dienstmädchen namens Leonela, das seit Don Luis’ Hochzeit in seinen Diensten gestanden hatte, seinen Haushalt in Madrid verlassen und sich Doña Mercedes und deren Werk angeschlossen hatte. Spionierte ich jetzt Don Luis nach?
    Etwa zu dieser Zeit wurde ich zu seinem Vertrauten, was Bände über seine Einsamkeit sprach. Offenbar hatte er keine engen Freunde, doch wie wir alle empfand auch er das Bedürfnis, sich seine innersten Gedanken von der Seele zu reden. In der Hinsicht waren wir uns ähnlich: Das Arbeitsverhältnis, in dem ich mit Don Luis stand, war die engste Beziehung, die ich mit einem anderen Menschen unterhielt.
    Eines Tages sagte er zu mir: »Pascual, ich bin mir nicht sicher, ob ich der Richtige für das Amt des Anklagevertreters der Heiligen Inquisition bin.« Erklärend fuhr er fort: »Weiß Er, dass meine Hauptaufgabe darin besteht, mit den Beweisen, die ich über den Beschuldigten zusammengetragen habe, vor das Inquisitionstribunal zu treten und Argumente für ein auto-da-fé vorzutragen? Es bekümmert mich, dass die Beklagten die Anschuldigungen, deretwegen sie vor die Inquisition gebracht werden, nicht kennen. Bisweilen vergehen Jahre, ehe die unglücklichen Seelen erfahren, weshalb sie im Gefängnis einsitzen.«
    Über die Arbeitsweise der Inquisition wusste ich nur, was man gerüchteweise darüber hörte. Niemand wagte es, offen nachzufragen, wie die Prozesse abliefen. Ich sagte nichts. Ich wartete ab, bis er sein Herz von den Gedanken, die ihn quälten, erleichtern wollte.
    »Ich glaubte, ich würde der Kirche helfen, Spanien und die gesamte christliche Welt von den Ketzern zu befreien, die unsere Religion mit ihren häretischen Ansichten unterwandern.« Don Luis verstummte, Verachtung lag auf seinem Gesicht. »Aber nach allem, was ich gesehen habe, besteht das einzige Verbrechen mancher dieser Unglückseligen darin, wohlhabend zu sein.«
    Dann stimmte es also, was die Leute hinter vorgehaltener Hand über die Inquisition sagten: dass andere brennen mussten, damit das Heilige Offizium zu essen hatte.
    »Das Schlimmste ist«, fuhr er fort, »dass ich bei der Folterung dieser Personen und ihrer anschließenden Verbrennung anwesend sein muss.« Was er dann sagte, überraschte mich: »Pascual, ich frage mich, wie lange ich weiterhin für die Heilige Inquisition arbeiten und mich so viel Leid aussetzen kann.«
    An dem Tag empfand ich Mitgefühl mit ihm. Hinter der kalten Fassade, mit der er der Welt gegenübertrat, und dem Hass, mit dem er Miguel de Cervantes verfolgte – und der offenbar die Triebfeder seines Lebens darstellte –, blieb er von dem Leiden anderer nicht völlig unberührt.
    Wie Tausende anderer Madrileños hatte ich den autos-da-fé auf der Plaza Mayor beigewohnt. Sie waren eine der wenigen kostenlosen Volksbelustigungen. Es fand eine öffentliche Prozession der Verurteilten statt, und wenn dann die förmliche Anklage und das Urteil verlesen wurden, bewarf der Pöbel sie johlend mit Unrat und schmähte sie mit Beleidigungen. Bei diesen autos-da-fé ließ das erbärmliche Geschmeiß der Wut, die sich im Lauf seines elenden Lebens angestaut hatte, freien Lauf. Solche Veranstaltungen zogen sich über Stunden hin, und viele Zuschauer brachten sich zum Zeitvertreib zu essen und zu trinken mit. Am Ende wurde eine Messe gelesen, darauf folgten Gebete für die Seelen der Verurteilten. Diese wurden später, außer Sichtweite der Öffentlichkeit, hingerichtet, was die Massen aufbrachte; sie fühlten sich hintergangen, weil sie nicht mit ansehen durften, wie die Ketzer auf dem Scheiterhaufen brannten.
    Ich habe keine sentimentale Sicht der Menschheit. Ich halte uns für Gottes fehlerhafteste Schöpfung und glaube, dass er an dem Tag, an dem er Adam und Eva schuf, müde und geistesabwesend war und das schadhafteste Material verwendete, um uns zu formen.
    Ich war wieder in mein Büro eingesperrt, was mir wie eine Todesstrafe erschien. Wann immer Don Luis in diesen Jahren von Toledo nach Madrid kam, lud er mich zum Essen in das Mesón de los Reyes ein. Er erwartete von mir, dass ich ihn detailliert ins Bild setzte, wie die Abteilung in seiner Abwesenheit arbeitete. Ich berichtete ihm von den anderen Beamten, die der Unbill des Lebens zu sehr der Fantasie beraubt hatte, als dass sie Schwierigkeiten bereitet hätten. Der

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