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Die leise Stimme des Todes (German Edition)

Die leise Stimme des Todes (German Edition)

Titel: Die leise Stimme des Todes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Kenlock
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sympathisch findet, löste womöglich irrationale Gedankengänge aus.
    Plötzlich tauchte eine neue Frage auf. Eine, an die sie bisher nicht gedacht hatte.
    Katherine schwang sich von der Fensterbank und ging hinüber zur Kommode. Sie öffnete die oberste Schublade und zog ihr schwarzes, in Leder gebundenes Telefonbuch heraus. Sie blätterte die Seiten durch, bis sie Werner Schneiders Nummer fand. Nach dreimaligem Läuten erklang der tiefe Bariton seiner Stimme aus dem Hörer.
    „Tut mir leid, wenn ich störe.“
    „Katherine?“
    „Ja, ich bin es. Ich muss dich noch etwas zu Michelle Sarangers Tod fragen.“
    Sie hörte, wie er seufzte. „Was willst du wissen?“
    „Derjenige, der sie überfahren hat - weißt du etwas über ihn?“
    „Seltsame Frage.“ Zwei Sekunden vergingen. „Nichts. Ich weiß nichts über ihn. Die Sanitäter des Rettungsfahrzeugs haben mir erzählt, der Unfallverursacher habe Fahrerflucht begangen.“
    Katherine hielt unwillkürlich die Luft an. Schließlich legte sie den Hörer langsam auf. Sie war so in Gedanken, dass sie vergessen hatte, sich bei Werner Schneider zu verabschieden.
     
     
    6. Kapitel
     
    Mark fröstelte, als er die Umkleidekabine verließ und die Stufen zu den Schwimmbecken hinaufstieg. Die Luft roch nach Chlor und etwas anderem, nicht Definierbarem. Es war kein angenehmer Geruch. Seine Badeschlappen klatschten auf die Bodenfliesen, als er zu den Liegen ging, um sein Handtuch abzulegen.
    Das Schwimmbad war gut besucht. Jede Menge Kinder planschten kreischend im flachen Teil, und mindestens zwei Dutzend Erwachsene zogen ihre Bahnen.
    Mark duschte sich kurz ab, bevor er ins Becken ging. Er streckte sich im Wasser und machte die ersten Kraulzüge, ging aber gleich darauf zum Bruststil über, da ihn seine Rippen schmerzten.
    Während Mark langsam seine Bahnen zog, betrat ein Mann das Schwimmbad. Nachdem er sich umgezogen hatte, ging er zielstrebig zum Becken und stellte sich an den Rand. Seine Augen glitten suchend über das Wasser, bis sie Mark Keller entdeckten. Ein zufriedenes Lächeln huschte über das Gesicht des Beobachters.
    Das alles war fast zu schön, um wahr zu sein.
     
    Mark verdrängte die Schmerzen, die ihm seine geprellten Rippen verursachten, und versuchte, sich auf seine Atmung zu konzentrieren. Mit gleichmäßigen Zügen zog er seine Bahnen.
    Die Bewegung tat ihm gut. Er fühlte, wie sich Körper und Geist entspannten. Zum ersten Mal seit dem Unfall war er ganz und gar zufrieden.
    Er ließ seinen Gedanken freien Lauf, dachte ohne Bitterkeit an Tina und die Zeit, die sie miteinander verbracht hatten.
    Mark war so in Gedanken versunken, dass er nicht bemerkte, wie der Mann langsam zum oberen Ende des Beckens, dort wo die Sprungbretter standen, ging, sich an den Beckenrand setzte und die Beine ins Wasser baumeln ließ. Er sah nicht die Handtuchrolle, die neben dem Mann auf den Kacheln lag, und das abgesägte Stahlrohr, das darin eingewickelt war.
     
     
    Die Uhr zeigte kurz nach sechs Uhr abends an. Katherine löffelte lustlos einen Teller Beutelsuppe in sich hinein, ohne den Geschmack zu registrieren.
    Als es an der Tür klingelte, zuckte sie erschrocken zusammen. Der Löffel fiel klirrend auf das Porzellan und verspritzte gehackte Möhren und trübe Brühe auf die Tischdecke.
    Es war Marcel Widmer, ihr Exfreund. Groß, gut aussehend, mit dunklen Haaren und ebenmäßigen Gesichtszügen, wirkte er direkt einem Männermagazin entsprungen. Ein Traummann für manche Frauen.
    In seinem Blick lag ein Hauch von Melancholie und Wehmut, so wie immer, wenn er ihr zeigen wollte, wie sehr sie ihn verletzt hatte. Obwohl die Trennung schon einige Zeit zurücklag, wollte er es nicht wahrhaben, dass Katherine ihrer Beziehung keine neue Chance gab.
    „Hallo, Marcel“, begrüßte ihn Katherine ohne Freude. Ihr Gesicht spiegelte deutlich ihren Widerwillen gegen die erzwungene Begegnung.
    „Darf ich reinkommen?“
    Er wirkte so verloren, dass sich Mitleid in Katherine regte. „Ich denke, das wäre keine gute Idee.“
    „Lass uns doch einfach reden“, flehte er.
    „Nein, Marcel. Das bringt nichts. Wir haben beide unsere ureigene Vorstellung davon, wie eine Beziehung beschaffen sein sollte, und die deckt sich nicht.“
    „Aber am Anfang ...“
    „... war es schön“, vollendete Katherine den Satz. „Am Schluss weniger.“
    Marcel war trotz seines selbstbewussten Auftretens ein unsicherer Mensch. Als Katherine ihm in mehreren Gesprächen zu verstehen gegeben hatte,

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