Die leise Stimme des Todes (German Edition)
Gedanken zu machen.
„Wenn wir ihn umlegen, können wir seine Organe vergessen. Die Bullen halten dann die Daumen drauf und wir hätten uns die ganze Mühe sparen können. Ein Unfall kommt nicht mehr in Frage. Erstens hatte Keller schon zwei merkwürdige Unfälle innerhalb kürzester Zeit und zweitens müsste ein weiterer Unfall so arrangiert werden, dass die Leiche rechtzeitig gefunden wird. Also, wie zum Teufel sollen wir es machen?“
„Können wir ihn nicht einfach entführen, die verdammten Organe herausreißen und seine Leiche irgendwo verscharren?“, knurrte der Koszieky.
Der Ausdruck in Sandens Gesicht wechselte von Verblüffung zu unkontrolliertem Zorn.
„Bist du völlig verblödet?“, tobte er. „Entführen? Organe rausreißen? Verscharren? Sein Herz muss von einem ausgebildeten Chirurgenteam unter absolut sterilen Bedingungen herausgenommen werden. Außerdem würde sein Verschwinden die Polizei erst recht auf den Plan rufen.“
Sanden beugte sich tief zu Koszieky hinab, bis seine Nasenspitze nur noch Zentimeter von den Augen des Russen entfernt war. „Du hirnloses Arschloch. Hast du daran gedacht, dass die Klinik alle zu transplantierenden Organe nur aus offiziellen Quellen erhält? Wir sind hier nicht in deinem beschissenen Russland!“
„Ich meinte ja nur“, gab Koszieky kleinlaut nach und schwor sich, nie wieder etwas zu sagen.
„Halt die Fresse! Halt einfach die Fresse und lass mich nachdenken!“
12. Kapitel
Kalter Schweiß lief seinen Nacken hinab und weichte den Kragen des weißen Hemdes auf, das er zu seinem dunkelgrauen Anzug ausgewählt hatte. Mark wusste nicht, wie sich Mediziner kleideten, und hatte sich vorsichtshalber für die konservative Variante entschieden. Anzug konnte nicht allzu falsch sein.
Er stand hinter zwei Männern, die dermaßen ähnlich gekleidet waren, dass man sie für Zwillinge halten konnte. Auch sie trugen Anzüge, allerdings war ihre Kleidung eleganter als der Zweireiher, den Mark sich letztes Jahr zugelegt hatte.
Er beobachtete, wie die Frau hinter dem Empfangstisch das Einladungsschreiben des Vordermannes sorgfältig mit einer Liste verglich, bevor sie ihm eine Plastikkarte aushändigte und ihn bat, sie an seinem Jackett zu befestigen.
Während der Nächste an die Reihe kam und seine Einladung auf den Tisch legte, nutzte Mark die Gelegenheit, sich umzublicken. Die Klinik, über deren Glaseingang in goldenen Metallbuchstaben der Name ORGANIC prangte, war schon von außen eindrucksvoll gewesen, ein Landsitz aus dem späten achtzehnten Jahrhundert, der kostspielig restauriert auf einem sanften Hügel thronte und wie die Fürsten früherer Zeiten auf ein kleines Dorf unten im Tal hinabblickte.
Mark hatte den Nachtzug von Nürnberg, wo er sich die letzten Tage versteckt hatte, nach Augsburg genommen und war am frühen Freitagmorgen eingetroffen. Ein Taxi hatte ihn zwanzig Kilometer weit durch eine Landschaft gefahren, die an die Abbildungen in den Märchenbüchern seiner Kindheit erinnerte. Dunkler Wald und saftige Wiesen, die kurz davor standen, gemäht zu werden. Aber noch war es nicht soweit, und Mark hatte hinaus auf das wogende Meer aus verschiedenen Grüntönen geblickt und sich gefragt, ob es nicht vollkommener Irrsinn war, sich bei ORGANIC einzuschleichen.
Über ihm wölbte sich das Dach zu einer gläsernen Kuppel, die den riesigen Raum wie eine Kathedrale wirken ließ. Sonnenlicht durchflutete den Empfangsraum, gab ihm ein überirdisches Aussehen, ließ jeden Gegenstand funkeln.
Mark betrachtete die riesigen Grünpflanzen, die sich um einen runden Teich gruppierten, dessen Oberfläche japanische Zierfische auf der Suche nach Futter durchschnitten. Die Kuppel strahlte trotz des einfallenden Lichts eine unangenehme Kühle aus, die Mark frösteln ließ. Selbst durch die Ledersohlen seiner Schuhe hindurch spürte er die Kälte des Marmorbodens. Obwohl er schwitzte, war ihm kalt.
„Guten Tag. Ihre Einladung bitte“, forderte ihn die Empfangsdame auf.
Sie war eine dieser Blondinen, von denen man automatisch annimmt, sie müssten aus Schweden stammen. Ihr Haar war zu einem Pferdeschwanz zusammengefasst, der ihr über die linke Schulter ihres schwarzen, eng anliegenden Kostüms fiel.
Marks Blick fiel auf einen energischen, rot geschminkten Mund und auf grell lackierte Fingernägel. Ihre hellblauen Augen, die ihn unverwandt anstarrten, verrieten einen ehrgeizigen Charakter.
Mark bemühte sich, gelassen zu wirken, als er den
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