Die Lennox-Falle - Roman
Sie schon weggefahren waren, bevor wir hinter die Sache mit den Lastenseglern gekommen sind, aber wie war Ihnen eigentlich zumute, als Wasserblitz scheiterte? Ein Volk, ein Reich, eine Pleite. «
»Sie sind verrückt! Das sind alles Lügen!«
»Sie haben wirklich nicht damit gerechnet, daß man Sie zum Direktor des Deuxième ernennt, das war das einzig Ehrliche, was Sie gesagt haben, weil Sie nämlich wußten, daß es in den anderen Nachrichtendiensten bessere Leute gab. Also haben Sie vor uns allen erklärt: ›Ich bin ein sehr guter zweiter Mann, ein Gefolgsmann, aber kein Führer.‹ Und dann kam ich auf die Idee, unseren Computerexperten einzuschalten, einfach ein Schuß ins Blaue.«
»Ich wiederhole«, sagte Jacques Bergeron eisig, »ich war Kriegswaise, meine Eltern waren Franzosen, sie sind bei einem Bombenangriff ums Leben gekommen, und meine akademische Laufbahn ist aktenkundig und jedermann zugänglich. Sie sind bloß ein paranoider amerikanischer Unruhestifter, und ich werde dafür sorgen, daß Sie aus Frankreich ausgewiesen werden.«
»Das wollen wir erst mal sehen, Jacques. Sie haben meinen Bruder getötet oder ihn töten lassen. Ich werde dafür sorgen, daß man Ihren Kopf an der höchsten Laterne auf dem Pont Neuf zur Schau stellt. Trotz aller akademischen Leistungen haben Sie etwas übersehen. Lauterbourg ist nie bombardiert worden, von
den Alliierten nicht und von den Deutschen auch nicht. Man hat Sie über den Rhein geschmuggelt, damit Sie hier ein neues Leben beginnen konnten - als Sonnenkind.«
Bergeron stand reglos da und musterte Lennox. Dann schlich sich langsam ein verkniffenes, kaltes Lächeln über sein Gesicht. »Sie sind wirklich höchst talentiert, Drew«, sagte er leise. »Aber Sie werden natürlich nicht lebend hier herauskommen, also ist Ihr ganzes Talent vergeudet, n’est-ce pas? Ein paranoider Amerikaner, ein Mann, der von der Gewalt lebt, kommt hierher, um den Direktor des Deuxième zu ermorden - wer ist das Sonnenkind? Schließlich hat mein Vorgänger, Moreau, Ihnen nie vertraut. Er hat mir gesagt, Sie hätten ihn immer wieder belogen; so steht es in seinen Notizen, die ich persönlich in seinen Computer eingegeben habe.«
»Sie haben sie eingegeben?«
»Sie sind jedenfalls da, das ist alles, worauf es ankommt. Ich bin der einzige, der den Zugangscode zu seinen geheimen Dateien hat.«
»Warum haben Sie ihn getötet? Warum haben Sie Claude ermorden lassen?«
»Weil er ebenso wie Sie langsam der Wahrheit näherkam. Angefangen hat es mit der Tötung Moniques, seiner Sekretärin, und diesem Abend in dem Café, als ein übereifriger Idiot den Fahrer des Botschaftswagens erschoß. Das war ein unverzeihlicher Fehler, weil Moreau daraus den Schluß zog, daß ich außer ihm der einzige war, der gewußt hatte, wo Sie sind …«
»Seltsam«, sagte Lennox, »das war der Punkt, wo es bei mir ebenfalls anfing. Das und der Umstand, daß mein Bruder, als er aus London kam, angeblich unter Überwachung des Deuxième stand.«
»Was leicht zu arrangieren war«, sagte Bergeron, dessen Lächeln langsam breiter geworden war.
»Frage«, sagte Drew knapp. »Als Moreau und Sie erfuhren, daß ich mich als Harry ausgab, warum haben Sie da nicht Berlin oder Bonn gewarnt?«
»Jetzt haben Sie nicht zu Ende gedacht«, erwiderte Bergeron. »Der Kreis war ungewöhnlich eng, ganz besonders hier im Deuxième. Nur Claude und ich wußten es, und uns war nicht bekannt,
wie viele Leute sonst eingeweiht waren. Wenn jemand dahintergekommen wäre, daß es hier im Deuxième eine undichte Stelle gab, dann hätte mich das verraten.«
»Das ist ziemlich schwach, Jacques«, sagte Drew und musterte den Franzosen dabei unverwandt.
»Jetzt schimmert wieder Ihr Talent durch, Monsieur. Besser andere machen Fehler, und einer ist derjenige, der am Ende die Wahrheit ergründet und das Lob dafür einheimst … Ich habe ganz einfach auf den richtigen Augenblick gewartet. Ihre amerikanischen Politiker sind darin Meister.«
»Sehr gut, Jackie-Baby. Und wenn ich Ihnen jetzt sagen würde, daß alles, was in diesem Raum gesprochen wurde, auf Tonband aufgezeichnet worden ist, auf ein Gerät, das Anthony draußen im Empfang in der Tasche hat und das mit meinem Mikrophon hier über Funk verbunden ist. High-Tech ist etwas Wunderbares, nicht wahr?«
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J acques Bergeron, neu ernannter Chef des Deuxième, Sonnenkind, stürzte mit einem hysterischen Schrei zu seinem Schreibtisch und griff dort nach einem Briefbeschwerer und
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