Die Lennox-Falle - Roman
mir schicken, einfach weg. In dem Fall werde ich Sie später wieder anrufen und wieder etwas verlangen, es als dringend hinstellen, weil ich auf einer heißen Spur bin. Das ist für Sie dann der Hinweis, den Hörer aufzulegen und nichts zu sagen, nichts weiterzuleiten.«
»Und wenn sonst jemand auftaucht, dann wissen Sie, daß er ein Neonazi ist und daß mein Telefon von innerhalb der Botschaft angezapft war«, sagte Karin.
»Genau. Falls alles gut läuft, schaffe ich es vielleicht, ihn zu überrumpeln und ihn unseren Verhörspezialisten zu übergeben.«
»Und wenn mehr als einer kommt?«
»Ich sagte ja, falls. Ich habe nicht vor, mich mit einem ganzen Rudel Hakenkreuzträger anzulegen.«
»Um Ihre eigene Technik anzuwenden, ich sehe da eine große ›Lücke‹, wie Sie es genannt haben. Warum sollte Harry Lennox hier in Paris bleiben?«
»Eben weil er Harry Lennox ist, hartnäckig bis zum letzten, durch nichts von einem Ziel abzubringen, wenn er sich einmal daran festgebissen hat - alles typische Eigenschaften von Harry und dazu jetzt noch die drückende persönliche Last, daß sein jüngerer Bruder hier in Paris ermordet worden ist.«
»Ja, ein überzeugendes Motiv wäre das ohne Zweifel«, gab de Vries ihm recht. »Ihr Motiv, im Grunde genommen … Aber wie werden Sie diese Geschichte verbreiten? Ist das nicht problematisch?«
»Ein wenig knifflig ist es schon«, sagte Drew und nickte. Er runzelte die Stirn. »Ich kann mir gut vorstellen, daß der Colonel eine Idee hat. Ich werde mich mit ihm etwas später in einem Café am Montmartre treffen.«
» Sie werden sich mit ihm treffen? Und was ist mit mir? Ich glaube, ich bin doch auch irgendwie an dieser Sache beteiligt.«
»Man hat auf Sie geschossen, Lady. Ich kann nicht von Ihnen verlangen -«
»Dann verlangen Sie es eben nicht, Monsieur«, unterbrach ihn Karin. »Ich sage es Ihnen. Ich werde mitgehen. Sie werden mich hier nicht ausschließen.«
Die Tür des Operationsraums ging auf, und der Arzt trat ein. »Ich habe einigermaßen günstige Nachrichten für Sie, Madame«, sagte der Arzt auf Französisch mit einem verlegenen Lächeln. »Ich habe mir die Röntgenaufnahmen angesehen und glaube, daß Sie Ihre rechte Hand mit der richtigen Therapie wenigstens zu achtzig Prozent wieder werden gebrauchen können. Die Spitze Ihres Mittelfingers allerdings sind Sie los. Man kann natürlich einen dauerhaften Ersatz anbringen.«
»Vielen Dank, Doktor, das ist ein bescheidener Preis, und ich bin Ihnen sehr dankbar. Ich werde in fünf Tagen zu Ihnen kommen, wie Sie das verlangt haben.«
»Pardon, Monsieur - Ihr Name ist Le Noce?«
»Ja, für einen Franzosen ist das gut genug. Ja.«
»Sie sollen einen Monsieur S in Washington anrufen, wenn es Ihnen paßt. Sie können das Telefon hier benutzen.«
»Danke, aber im Augenblick paßt es mir nicht. Wenn er wieder anruft, sagen Sie ihm bitte, ich sei schon weg gewesen und Sie hätten mir seine Nachricht nicht mehr übermitteln können.«
»Ist das angebracht, Monsieur?«
»Er wird Ihnen dankbar sein, daß Sie ihm keine weiteren Probleme aufladen und wird Ihre Rechnung persönlich genehmigen.«
»Ich verstehe«, sagte der Arzt mit einem zufriedenen Lächeln.
»Ich nicht«, sagte Karin. Das waren ihre ersten Worte, als sie das Gebäude verließen und zum Parkplatz gingen.
»Was?«
»Ich verstehe gar nichts. Warum wollten Sie nicht mit Sorenson sprechen? Ich hätte gedacht, Sie würden seinen Rat haben wollen; Sie haben doch gesagt, daß Sie ihm vertrauen.«
»Das tue ich auch. Aber ich weiß auch, daß er im Grunde Vertrauen zu dem ganzen System hat. Schließlich hat er jahrzehntelang damit gelebt.«
»Und?«
»Und deshalb würde er mit meinem Plan nicht einverstanden sein. Er würde sagen, das sei in der Zuständigkeit der CIA, die Agency habe zu entscheiden, was jetzt geschehen soll, nicht ich. Und damit hätte er natürlich recht.«
»Aber wenn er recht hat, warum tun Sie es dann? … Tut mir leid, Sie brauchen darauf nicht zu antworten. Das war eine dumme Frage.«
»Danke.« Lennox sah auf seine Armbanduhr. »Es ist beinahe sechs. Sie sind ganz sicher, daß Sie mich zu dem Treffen mit Witkowski begleiten wollen?«
»Selbst wenn mir meine verdammte Hand abfällt, können Sie mich nicht daran hindern.«
»Aber warum? Sie sind total erschöpft und haben Schmerzen. Ich würde Ihnen ganz bestimmt nichts verschweigen, das sollten Sie inzwischen eigentlich wissen.«
»Ja, das weiß ich.« Sie blieben am
Weitere Kostenlose Bücher