Die Leopardin
ältere Tochter und blickte von ihrem
Rechenspiel auf. »Sie mag es nicht, wenn du schreist.«
»Pah!«
rief Ranulf geringschätzig, fühlte sich aber gekränkt. Zu allem konnte
er die Menschen in seiner Umgebung zwingen â nur nicht zur Liebe.
Dieser Mangel wurde ihm im Kreis seiner Familie besonders schmerzlich
bewuÃt.
»Ich habe über Lucy nachgedacht, Ranulf â¦Â«, begann Matille zögernd.
»So?«
»Hast
du schon Pläne bezüglich ihrer Verlobung? Ich weiÃ, Adelas Zukunft ist
bereits geregelt, aber â¦Â« Sie drückte ihre wimmernde kleine
Tochter an sich und bekämpfte ihre Ãbelkeit, die teils mit der
Schwangerschaft zusammenhing, teils mit der Angst vor ihrem
unberechenbaren Mann. Trotzdem wollte sie versuchen, für Lucy eine
günstige Heirat herauszuschlagen, die auch der Gräfin von Ravenstow
nützen würde. Dafür würde sie Ranulfs Zorn gern erdulden.
»An wen hast du denn gedacht?« fragte er.
Matille schluckte. »An den Erben von Ravenstow.«
Sein Gebrüll hob beinahe die Fensterläden aus den Angeln. »Verdammt, du wagst es, mir einen solchen Vorschlag zu unterbreiten?«
Lucy
kreischte in wilder Panik. Die ältere Tochter hörte zu spielen auf und
starrte den Vater atemlos an. Würde er wieder die Fäuste schwingen?
»Ich
dachte, ein Abkommen mit Ravenstow würde dir die Möglichkeit geben,
deine Aufmerksamkeit auf die Waliser und verschiedene andere Probleme
zu konzentrieren«, erwiderte Matille, so ruhig sie es vermochte,
während ihr Herz rasend schlug und ihre Ãbelkeit wuchs.
»Lieber verheirate ich sie mit einem Bauernsohn!«
»Ranulf, bitte, schrei nicht so! Du machst mich ganz krank.«
Er räusperte sich und rang nach Fassung. »Die Antwort lautet â nein.«
»Der
Erbe von Ravenstow wird auch Caermoel übernehmen.« Vielsagend schaute
sie ihn an, und er wandte sich ab, um durch eines der offenen Fenster
auf die herbstliche Landschaft zu starren.
Die
Neuigkeit über das niedergebrannte Dorf Woolcot hatte ihn beglückt,
aber der Preis dafür war hoch gewesen. Fast eine ganze Söldnertruppe
hatte er verloren. Inzwischen war sie teilweise ersetzt worden, besaÃ
aber noch nicht die für Plünderungen erforderliche Kampfkraft. Renard
hatte bis jetzt noch keinen Vergeltungsschlag durchgeführt, aber seine
Spähtrupps verstärkt und neue Leute eingestellt.
Der
Kleinkrieg begann Ranulf zu ermüden. Er hatte sich darauf gefreut,
Renards Nase im Dreck zu reiben, ihn zu demütigen, aber mittlerweile
erkannt, daà ihm das nie gelingen würde.
Ein
Ehebündnis ⦠Ja, dann hätte er endlich genug MuÃe, sich mit den
Walisern zu befassen, mit Fürst Owain, diesem anmaÃenden frechen
Bastard. Seine Spähtrupps müÃten nicht mehr ständig die
Ravenstow-Grenze abreiten. Und wie Matille sagte â Renards Sohn
war auch der Erbe von Caermoel, was ganz neue
Manipulationsmöglichkeiten eröffnete. Da der kleine Hugh und Lucy
Vetter und Kusine zweiten Grades waren, würde man einen kirchlichen
Dispens brauchen, aber das war kein Hindernis.
»Der
Erbe von Caermoel«, murmelte er langsam und drehte sich zu dem kleinen
Mädchen um. Ja, das hatte eindeutige Vorteile. »Ich werde dir meinen
Entschluà später mitteilen«, sagte er zu seiner Frau, um ihr
klarzumachen, wer der Herr im Haus war. Dann stolzierte er aus dem
Zimmer. Erschöpft, aber auch erleichtert sank Matille in die Kissen.
Ein heiÃes Triumphgefühl half ihr, die Ãbelkeit zu meistern. Er würde
auf ihren Vorschlag eingehen.
D REISSIGSTES K APITEL
N OVEMBER 1141
Eine
Pferdefigur aus massivem Gold schmückte den Tisch. Kerzen steckten in
vergoldeten Silberleuchtern, Bergkristalle und Amethyste funkelten an
Karaffen und passenden Kelchen. Das Tischtuch bestand aus feinem
gebleichten Leinen, nur an manchen Stellen mit Rotwein befleckt. Eine
groÃe gebratene Wildkeule verbreitete einen köstlichen Duft. Das Blut
in den nur halbgaren Fleischscheiben erinnerte Eleanor daran, wie die
Welt jetzt aussehen würde, hätte Renard das Verlobungsangebot Chesters
nicht angenommen. Renard trug seine Hochzeitstunika zum Anlaà dieses
Ereignisses, das auf neutralem Boden stattfand, in Leicesters
HauptschloÃ. Daà es ihn keineswegs beglückte, verrieten seine
ausdruckslosen Augen. Immerhin war ihm das Versprechen
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