Die Leopardin
Antwort. Das Entzücken, das vor
zwei Tagen durch ihren Körper geströmt war, hatte völlig gefehlt. Sie
empfand nichts bei seiner Berührung, nur den wilden, aus ihrer
Unsicherheit geborenen Wunsch, sich mit ihm zu vereinen. Es war eine
Katastrophe. Sie wollte nicht jammern, konnte ihren Schrei aber nicht
unterdrücken, als die Entjungferung heftige stechende Schmerzen
heraufbeschwor â noch verstärkt durch ihre verkrampfte Haltung.
Wenigstens
hatte es nicht lange gedauert. Nicht länger als ein Bock benötigte, um
ein Mutterschaf zu besteigen und zu befruchten. Inständig hoffte
Eleanor, ein Kind empfangen zu haben. Nach diesem ersten Mal würde
Renard nicht mehr mit ihr schlafen wollen, wenn es sich irgendwie
vermeiden lieÃ, und auch ihr erschien es wenig verlockend. Jeder der
sechs StöÃe, die ihr die Jungfräulichkeit genommen hatten, waren
qualvoll in ihre Erinnerung eingebrannt. Sie hob die Decke und richtete
sich auf, um festzustellen, ob das Laken die erforderlichen Flecken
aufwies.
»Wenn kein Blut da ist, werde ich deine
Unschuld bezeugen«, versprach Renard, der sich ebenso unbehaglich
fühlte. Seinem Vorspiel war Eleanor mit wilder, fast wütender Ungeduld
begegnet, hatte sich unter ihm umhergewunden und die Schenkel nicht nur
einladend, sondern fordernd gespreizt. Zu spät erkannte er, daà sie
nicht für ihn bereit war, sondern ganz trocken und völlig verkrampft.
Als er in sie eindrang, empfand auch er Schmerzen. Nach den ersten
Bewegungen sagte er sich, es sei sinnlos, die Tortur fortzusetzen. Und
so hatte er sich zurückgezogen, ohne den Akt zu beenden.
Glücklicherweise war sie zu unerfahren, um den Unterschied zu bemerken.
Beim
Anblick der roten Streifen an den Innenseiten ihrer Schenkel und auf
dem Leintuch schnitt sie eine Grimasse und lieà die Decke fallen.
»Sicher kann ich mich nicht mit ihr messen«, flüsterte sie.
»Was?« fragte er verständnislos.
»Mit der anderen Frau auf Hawkfield, die dich gebissen hat.«
Seine
Augen brannten vor Müdigkeit. Er wollte sich nur noch auf die andere
Seite drehen, weiterschlafen und so tun, als hätte es diese Nacht nicht
gegeben. Doch das verbot ihm sein Gewissen. Er setzte sich auf und
strich stöhnend über seine Stirn. »Eigentlich hatte ich die Absicht,
dir vorher von ihr zu erzählen, aber ich wollte dir die Hochzeit nicht
verderben. Skelette neigen leider dazu, in höchst unpassenden Momenten
aus den Schränken zu springen.«
Eleanor schluckte und
fröstelte. Sie hatte nicht mit Renards Treue gerechnet â das wäre
ein zu schöner Traum gewesen. Auf Ravenstow aufgewachsen, hatte sie ihn
oft mit Mädchen flirten und Roslind, die Falknerstochter, küssen sehen.
Sie war bereit, Seitensprünge hinzunehmen. Aber daà er sie am Vorabend
der Hochzeit betrogen hatte, gleichsam vor ihrer Nase, verletzte sie
zutiefst. »Was bedeutet sie dir?«
»Sie ist mir ein Dorn
im Auge«, entgegnete er und nahm den Weinbecher von der Truhe. »Wäre
sie nicht schwanger gewesen, hätte ich sie niemals aus Antiochien
hierhergebracht.«
Zu Eleanors verschiedenen Unannehmlichkeiten gesellte sich nun auch noch Ãbelkeit. »Sie erwartet ein Kind?«
»Jetzt
nicht mehr. Nach unserer Abreise von Brindisi erlitt sie eine
Fehlgeburt. Ich konnte sie nicht einfach im Stich lassen, und sie
wollte immer noch nach England.« In knappen Worten erzählte er von sich
selbst und Olwen.
»Also hast du sie hierhergebracht und auf Hawkfield einquartiert«, erwiderte sie mit dumpfer Stimme.
»Wäre es dir lieber, sie würde auf Ravenstow wohnen?«
»Weder
das eine noch das andere gefällt mir.« Eleanor schlüpfte in ihr
zerknittertes Nachthemd und stellte fest, daà es ebenfalls mit Blut
befleckt war. Sie stand auf, setzte sich vor den Kamin, den Rücken zu
Renard gewandt, und rieb sich die kalten Schultern mit ebenso kalten
Händen. Ehen werden aus Vernunftgründen geschlossen, sagte sie sich.
Renard und ich haben wegen unserer Ländereien geheiratet. Und wenn es
ebenso schmerzhaft wie unsere Hochzeitsnacht ist, einen Erben für
diesen Besitz zu gebären, dann soll diese syrische Rinnsteinhure
getrost seine ganze Aufmerksamkeit genieÃen.
Sie hörte,
wie er das Bett verlieÃ. »Nell, du solltest dieser Angelegenheit keine
allzu groÃe Bedeutung beimessen. Immerhin bist du meine
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