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Die Leopardin

Titel: Die Leopardin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chadwick Elizabeth
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daß
er sich an sie erinnerte.« Sie legte eine Hand auf Eleanors Schulter.
»Du mußt das alles als lehrreiche Erfahrung betrachten und zu deinem
Vorteil nutzen. Nach den Abenteuern auf See braucht jeder Mann einen
sicheren Hafen.«
    Eleanor schenkte ihr ein schwaches Lächeln, dann verließen sie den abendlichen Lustgarten und gingen in die Schloßhalle.

S IEBZEHNTES K APITEL
    Der
Junge starrte auf seine Zehen hinab und trat von einem Fuß auf den
anderen. Das dichte strohblonde Haar hing fast bis zu seinen dunklen
schmalen Brauen hinab. Um die langen Wimpern an den gesenkten Lidern
hätte ihn jede Frau im Schloß beneiden können.
    Â»Schau mich an, Owain«, bat Eleanor sanft.
    Erst
hob er den Kopf, dann den Blick. Er hatte scheue braune Rehaugen.
Obwohl er die Lippen fest zusammenpreßte, besiegten sie seine
Willenskraft und zitterten. Gerade hatte er seine Mutter in der
Gesellschaft des verhaßten künftigen Stiefvaters wegreiten sehen. Und
er blieb allein hier zurück, inmitten lauter Fremder. Angeblich geschah
das nur zu seinem Besten, aber er fühlte sich verraten und betrogen.
    Â»Wie alt bist du?« fragte Eleanor.
    Â»Elf, Madam.«
    Â»Da
bist du ja fast schon ein Mann«, schmeichelte sie ihm, »und es wird
höchste Zeit, daß wir mit deiner Ausbildung beginnen. Graf Renard wird
erst in einem Monat zurückkommen. Die nächsten Wochen kannst du nutzen,
um dich in deinem neuen Zuhause einzugewöhnen. Ist das dein Pony?« Sie
zeigte auf einen kräftigen grauen Wallach, der am Fuß der Mauer an
einem Grasbüschel knabberte.
    Â»Ja, Madam.«
    Â»Wie heißt es?« Sie streichelte den Hals des Ponys und stellte fest, daß es sehr gut gepflegt war.
    Â»Grisel, Madam.«
    Â»Nun,
Owain, dann binde deine Sattelrolle los und komm mit mir. Ich zeige
dir, wo du schlafen wirst.« Sie winkte einen Reitknecht zu sich. »Jetzt
wird Kenrick für Grisel sorgen, ansonsten bist du selber für ihn
verantwortlich.« Lächelnd liebkoste sie das samtige Maul.
    Die
Verkrampfung des Jungen lockerte sich ein wenig, und er begann, das
kleine Bündel seiner Habseligkeiten von der Kruppe zu lösen. Abrupt
hielt er inne, als Hufschläge im Hof trommelten. Seine Augen leuchteten
hoffnungsvoll auf, doch er versank in neuer Apathie, sobald er erkannt
hatte, daß zwei Männer auf den Streitrössern saßen.
    William
sprang aus dem Sattel und trat neben das andere Pferd, um Harry
notfalls zu helfen. »Komm schon, du kannst es!« ermunterte er seinen
Bruder übertrieben jovial.
    Â»Halt den Mund, ich bin kein
Baby!« schimpfte Harry und rutschte ungeschickt vom Pferderücken. »Ich
habe immer noch zwei gesunde Beine.« Sein Gesicht war leichenblaß vor
Anstrengung, während er mühsam den Schild von seinem rechten Arm zog.
Gerade lernte er, mit der linken Hand zu kämpfen, den verletzten
rechten Arm vom Schild abgeschirmt. Das fiel ihm so schwer, daß er oft
weinte, wenn er allein war. Da er erst vor kurzem damit begonnen hatte,
ermüdete er schnell und wurde oft ungeduldig, zeigte sich aber grimmig
entschlossen, Erfolg zu haben.
    Die Hände in die Hüften
gestemmt, wandte sich William von seinem mürrischen Bruder ab. Er ging
zu Eleanor und einem schlanken Jungen, der offenbar seine beste Tunika
trug und für ein besonderes Ereignis blitzsauber geschrubbt worden war.
»Ist das der neue Edelknabe, den Renard vor seiner Abreise erwähnt hat?«
    Eleanor nickte. »Owain ap Siorl«, erklärte sie und legte eine Hand auf die Schulter des Jungen.
    Während
William ihn aufmerksam musterte, erinnerte er sich, was Renard über die
Gründe für Owains Ankunft erzählt hatte. Dann sprach er ihn auf
walisisch an. Nach einem unsicheren Blick auf Eleanor antwortete der
Junge in derselben Sprache. Bald erhellte sich seine Miene, und ein
wahrer Wortschwall brach aus ihm hervor.
    Ãœber seinen
Kopf hinweg wechselte Eleanor einen kurzen bedeutsamen Blick mit
William, der ihr zuliebe zum Französischen zurückkehrte. »Nun, Owain,
dann wollen wir hineingehen, und ich zeige dir die erste deiner neuen
Heimstätten. Graf Renard besitzt noch drei weitere Steinschlösser und
so viele Jagdhütten, daß ich sie mir gar nicht alle merken kann.«
Verschwörerisch zwinkerte er seiner Schwägerin zu, führte den
Neuankömmling zum Eingang der großen Halle und wechselte unterwegs
wieder

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