Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Leopardin

Titel: Die Leopardin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chadwick Elizabeth
Vom Netzwerk:
Geburtsrechts ihnen gehören sollte, nicht Henry von
Huntingdon, dem Sohn des schottischen Königs. Letzterem galten
verschiedene Flüche, dann den Schotten im allgemeinen und schließlich
auch den Walisern. Diesen Ergüssen folgte die Erörterung von Plänen.
Lang und breit überlegten sie, wie man Carlisle zurückerobern und König
David zur Strecke bringen könnte.
    Seufzend bat Matille
ihre Zofe, ihr die Schmuckkassette zu bringen, öffnete sie und begann,
die Ohrringe auszuwählen, die sie beim Fest des Königs tragen wollte.
Ranulf würde erwarten, daß sie sich an diesem Abend von oben bis unten
mit Juwelen behängt und die Königin übertrumpfte. Er besaß einen
ziemlich derben Geschmack, erkannte nicht, wie vulgär ein solcher
Auftritt wäre, und wollte nur seinen Reichtum und seine Macht zur Schau
stellen.
    In gewisser Weise gab Matille ihm darin recht.
Sie mochte die Königin nicht, zog aber ein dezenteres Erscheinungsbild
vor als ihr Gatte. Neuerdings neigte Ranulf in allen Dingen zur
Übertreibung â€“ in seiner Verachtung für Stephen und die anderen
Kronvasallen ebenso wie in seiner Protzerei mit der ausländischen
blonden Hure, die den unmöglichen Namen Olwen trug und die er für die
Dauer des Londoner Aufenthalts in einem hübschen Haus an der
Southwark-Seite einquartiert hatte.
    Matille hielt ein
Paar ziselierter Goldscheiben hoch, an denen goldene Drähte mit jeweils
fünf Perlen hingen. Dieses Verlobungsgeschenk von Ranulf zählte zu
ihren Lieblingsschmuckstücken. In der Kassette lagen auch neuere
Geschenke, die sie beschwichtigen und sein Gewissen erleichtern
sollten, während er sich mit seiner Tänzerin vergnügte. Die
Faszination, die dieses Mädchen auf ihn ausübte, ärgerte Matille ein
bißchen. Andererseits war sie der Hure dankbar, die seinen sexuellen
Appetit befriedigte. Sie selbst hatte das immer zu den unangenehmsten
ehelichen Pflichten gerechnet.
    Offensichtlich war das
Mädchen jetzt schwanger und behauptete, Ranulf sei der Vater des
Kindes. Das mochte möglich sein, aber Matille zweifelte daran. Trotz
seines unermüdlichen Eifers im Bett hatte er keine seiner früheren
Geliebten geschwängert und in der Ehe nur zwei Töchter gezeugt,
abgesehen von der Fehlgeburt. Falls die Tänzerin tatsächlich ein Baby
erwartete, hatte er schnelle Arbeit geleistet, was er vermutlich noch
lange bereuen würde.
    Um nicht als eifersüchtige
Xanthippe dazustehen, hatte Matille das Thema noch nie direkt
angeschnitten. Aber sie ließ hier und da ein beiläufiges Wort fallen
und säte Zweifel in seinem Herzen, die genauso schnell wuchsen wie der
Bauch seiner Hure. Sie hätte es zwar nicht abgelehnt, einen Bastard
ihres Mannes im riesigen Chester-Haushalt großzuziehen, aber es gab
gewisse Grenzen. Das Balg einer Rinnsteindirne aus dem Osten, ohne
einen einzigen edlen Blutstropfen in den Adern, hatte da nichts
verloren. Falls das Baby zu früh auf die Welt kam, würde Ranulf seine
Vaterschaft ohnehin bestreiten. Und wenn nicht, würde er immer noch
mißtrauisch bleiben, was Matille nur recht sein konnte.
    Â»Die Perlen«, erklärte sie der Zofe und bedeutete ihr, die Kassette zu entfernen.
    Â»Also
gut«, sagte William de Roumare und reckte dem Halbbruder sein blaurotes
Doppelkinn entgegen. Mit einem Blick auf den Ledervorhang, der sich
sanft in einem Luftzug bewegte, und senkte die Stimme. »Mit Henry von
Huntingdon verfahren wir so, wie du's vorschlägst, und benutzen ihn, um
seinem Vater die Grafschaft Carlisle abzuringen.«
    Ranulf
nickte und drehte seinen Kelch zwischen seinen feuchten Handflächen.
»Morgen regeln wir die Einzelheiten. Ich kenne mehrere brauchbare
Männer, die das Geld ebenso lieben, wie sie die Schotten hassen.«
    Grunzend
lehnte sich Roumare in seinem Sessel zurück, der unter seinem Gewicht
laut knarrte. »Carlisle«, wiederholte er langsam und genüßlich.
    Ranulf
grinste. »Danach Lincoln und Ravenstow«, jubelte er, als würde er die
Köstlichkeiten auf einer köstlich gedeckten Tafel beschreiben.
    Olwen
saß am offenen Fenster und lauschte auf die nächtlichen Geräusche in
den Straßen von Southwark. Hinter den Häusern leuchteten am entengrünen
Himmel die ersten Sterne auf. Sie roch den nahen Fluß und den
essigsauren Gestank von billigem Wein und Bier, der aus dem
benachbarten Badehaus wehte.

Weitere Kostenlose Bücher