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Die Leopardin

Titel: Die Leopardin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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»Ich will sofort den Bahnhofsvorsteher sprechen!«
    Der Mann verzog mürrisch das Gesicht, sagte jedoch: »Ich bringe Sie zu seinem Büro.«
    Der Bahnhofsvorsteher trug einen schwarzen Überrock mit Weste und dazu gestreifte Hosen, eine elegante, altmodische Uniform, die an Ellbogen und Knien schon ziemlich fadenscheinig war. Die dazugehörige Melone behielt er sogar im Büro auf dem Kopf. Der unangekündigte Besuch eines energischen Deutschen versetzte ihn in Angst und Schrecken. »Womit kann ich Ihnen dienen?«, fragte er und lächelte nervös.
    »Erwarten Sie heute Abend noch einen Zug mit Gefangenen aus Paris?«
    »Ja, um acht Uhr, wie gewöhnlich.«
    »Halten Sie ihn auf, bis Sie von mir hören. Ich muss eine Sondergefangene verladen.«
    »Sehr wohl. Wenn ich dazu einen schriftlichen Befehl …«
    »Selbstverständlich. Ich werde das veranlassen. Was machen Sie mit den Gefangenen, wenn der Zug hier Aufenthalt hat?«
    »Manchmal spritzen wir die Waggons aus. Es werden Viehwaggons verwendet, wissen Sie, und da gibt’s keine Toiletten. Manchmal kann es, offen gesagt, extrem unangenehm sein. Es liegt mir fern, daran Kritik üben zu wollen, aber …«
    »Heute Abend unterbleibt jede Reinigung, verstanden?«
    »Jawohl.«
    »Was tun Sie sonst noch?«
    Der Mann zögerte. »Eigentlich … eigentlich nichts.«
    Der Bursche hat ein schlechtes Gewissen, dachte Franck und sagte: »Na los, Mann, raus mit der Sprache! Ich werde Sie deshalb nicht bestrafen.«
    »Manchmal haben die Eisenbahner Mitleid mit den Gefangenen und geben ihnen Wasser. Das ist, streng genommen, nicht gestattet, aber …«
    »Heute Abend wird kein Wasser verteilt.«
    »Sehr wohl.«
    Franck wandte sich an Leutnant Hesse. »Sie bringen Michel Clairet zur Polizeiwache und setzen ihn hinter Schloss und Riegel. Dann kommen Sie hierher zurück und achten darauf, dass meine Befehle peinlich genau befolgt werden.«
    »Jawohl, Herr Major.«
    Franck nahm den Hörer vom Telefon, das auf dem Schreibtisch des Bahnhofsvorstehers stand. »Das Schloss von Sainte-Cecile bitte.« Als die Verbindung stand, ließ er sich Weber geben. »In einer Ihrer Zellen befindet sich eine junge Frau namens Gilberte Duval.«
    »Ich weiß«, sagte Weber. »Hübsches Mädchen.«
    Weber klang selbstzufrieden, und Franck fragte sich, woran das liegen mochte. »Lassen Sie sie bitte in einem Wagen zum Bahnhof von Reims bringen. Leutnant Hesse ist hier und wird sie übernehmen.«
    »Jawohl, Herr Major«, sagte Weber. »Bleiben Sie bitte noch einen Moment am Apparat, ja?« Er nahm den Hörer vom Ohr und erteilte irgendjemandem den Befehl, die Gefangene nach Reims zu bringen. Franck wartete ungeduldig, bis Weber sich wieder meldete. »Schon erledigt.«
    »Danke …«
    »Legen Sie nicht auf, ich habe Neuigkeiten für Sie.«
    Daher also der selbstzufriedene Ton! »Ich höre«, sagte Franck.
    »Ich habe selber einen Spion der Alliierten verhaftet.«
    »Was?«, fragte Franck. Endlich mal eine Erfolgsmeldung! »Wann denn?«
    »Erst vor ein paar Minuten.«
    »Und wo, um Himmels willen?«
    »Hier in Sainte-Cecile.«
    »Wie ist das passiert?«
    »Sie hat einen Milizionär angegriffen. Drei meiner brillanten jungen Leute waren zufällig Zeugen des Vorfalls und geistesgegenwärtig genug, die Übeltäterin zu ergreifen. Sie war mit einem Colt bewaffnet.«
    »Der Spion ist eine Frau?«
    »Jawohl, Franck.«
    Damit war die Sache klar: Die Dohlen hielten sich in Sainte- Cecile auf, and ihr Ziel war das Schloss.
    »Weber«, sagte Franck, »hören Sie mir jetzt genau zu: Die Frau, die Ihnen ins Netz gegangen ist, gehört meiner Meinung nach zu einer Gruppe von Saboteuren, die das Schloss angreifen wollen.«
    »Das haben sie vor einer Woche schon mal versucht«, sagte Weber, »und da haben wir ihnen eine ordentliche Tracht Prügel verabreicht.«
    Mit Mühe beherrschte Franck seine Ungeduld. »Haben Sie, Weber, haben Sie! Und deshalb werden die diesmal raffinierter vorgehen. Ich schlage vor, Sie rufen Sicherheitsalarm aus, verdoppeln die Wachen, lassen das Schloss durchsuchen und vernehmen alle nichtdeutschen Arbeitskräfte im Haus.«
    »Ist alles bereits angeordnet.«
    Franck war sich keineswegs sicher, dass Weber tatsächlich an die genannten Maßnahmen gedacht hatte. Doch egal – Hauptsache, er reagierte wenigstens jetzt.
    Vorübergehend erwog Franck, seine Anordnungen bezüglich der Gefangenen Duval und Clairet zurückzunehmen, entschied sich dann aber doch dafür, alles beim Alten zu lassen. Es war ja nicht

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