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Die Leopardin

Titel: Die Leopardin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Foto eines Mannes mit Gilbertes großen Augen und schwarzen Brauen – vielleicht ihr Vater. Auf der Tagesdecke lag eine Puppe. In einer Ecke befand sich ein Waschbecken, über dem ein Spiegelschrank hing. Flick öffnete ihn und erblickte einen Rasierapparat mit Seifenschale und Pinsel. So unschuldig war Gilberte also nicht – es gab einen Mann, der immerhin so oft in dieser Wohnung übernachtete, dass er sein Rasierzeug hier ließ.
    Rasierapparat und -pinsel hatten Griffe aus poliertem Elfenbein. Es sah genauso aus wie das Set, das sie Michel zum zweiunddreißigsten Geburtstag geschenkt hatte.
    Flick war vor Schreck wie gelähmt.
    Da also lag der Hase im Pfeffer.
    Dass Michel sich für eine andere interessierte, hatte sie geahnt – aber dass er so weit gegangen war, überstieg ihr Vorstellungsvermögen. Doch da waren die Beweise – direkt vor ihren Augen.
    Der Schock verwandelte sich in Betroffenheit. Sie fühlte sich verletzt. Wie kann er hier mit einer anderen herumknutschen, während ich in London einsam im Bett liege?, dachte sie, drehte sich um und sah das Bett vor sich. Da haben sie es getrieben. Die Vorstellung war unerträglich.
    Jetzt wurde sie wütend. Sie war ihm immer treu gewesen und hatte ihm vertraut. Sie hatte die Einsamkeit ertragen – er nicht. Er hatte sie betrogen. Flicks Wut steigerte sich in einem Maße, dass sie das Gefühl hatte, jeden Augenblick explodieren zu müssen.
    Mit ein paar entschlossenen Schritten war sie bei ihm.
    »Du Schwein«, sagte sie auf Englisch, »du verdammtes Dreckschwein.«
    Michel antwortete in der gleichen Sprache. »Sei misch nischt so böse.«
    Er wusste, dass sie sein gebrochenes Englisch mochte, doch dieses Mal verfing der Trick nicht. Auf Französisch fuhr sie fort: »Wie kannst du mich mit einer neunzehnjährigen dummen Gans betrügen?«
    »Das hat doch nichts zu bedeuten. Sie ist ein hübsches Ding, sonst nichts.«
    »Und deshalb meinst du, es wäre bloß halb so schlimm?« Flick wusste, dass sie damals, als sie Studentin und Michel ihr Dozent war, seine Aufmerksamkeit erregt hatte, indem sie ihn vor versammelter Mannschaft herausforderte. Verglichen mit ihren englischen Kommilitonen, waren französische Studenten Duckmäuser. Hinzu kam, dass Flick von Natur aus keine Scheu vor Autoritäten besaß. Hätte eine ähnliche Frau Michel verführt – Genevieve vielleicht, die ihm durchaus das Wasser reichen konnte –, wäre es für Flick erträglicher gewesen. Dass er sich Gilberte ausgesucht hatte, ein Mädchen, deren geistiger Horizont nicht viel weiter reichte als bis zu den Spitzen ihrer lackierten Fingernägel, empfand sie dagegen als besonders verletzend.
    »Ich war einsam«, sagte Michel mit Leidensmiene.
    »Erspar mir diese Rührnummer! Du warst nicht einsam, sondern schwach und verlogen. Und außerdem hast du mein Vertrauen missbraucht.«
    »Flick, Liebling, lass uns nicht streiten! Wir haben heute so viele Freunde verloren, und du musst wieder zurück nach England. Vielleicht haben wir beide nicht mehr lange zu leben. Bitte verlass mich nicht im Zorn.«
    »Wie stellst du dir das vor? Ich gehe, und du bleibst hier in den Armen deines Flittchens!«
    »Sie ist kein Flittchen. «
    »Verschon mich mit deinen Wortklaubereien. Ich bin deine Frau, und mit ihr teilst du die Matratze.«
    Michel veränderte seine Position auf dem Sessel und zuckte dabei vor Schmerzen zusammen. Dann sah er Flick aus seinen tiefblauen Augen an und sagte: »Ich bekenne mich schuldig. Ich bin ein Mistkerl. Aber ein Mistkerl, der dich liebt, und ich bitte dich in aller Form um Vergebung, jetzt und hier. Schon für den Fall, dass ich dich vielleicht nie wiedersehe.«
    Dem hatte sie kaum etwas entgegenzusetzen. Flick wog fünf Jahre Ehe gegen einen Seitensprung mit einem Betthäschen ab und gab nach. Sie tat einen Schritt auf ihn zu, und Michel umarmte ihre Beine und barg sein Gesicht im abgetragenen Baumwollstoff ihres Kleides. Sie streichelte ihm über das Haar. »Schon gut«, sagte sie. »Ist ja schon gut.«
    »Es tut mir so leid«, erwiderte Michel. »Ich komme mir so schäbig vor. Du bist die wunderbarste Frau, die mir je begegnet ist und je wieder begegnen wird. Es wird nie wieder passieren, das verspreche ich dir.«
    Die Tür ging auf, und Gilberte trat ein, begleitet von Dr. Bouler. Flick fuhr auf wie ertappt und gab Michels Kopf frei. Schon im nächsten Augenblick aber schimpfte sie sich eine Idiotin: Er ist mein Mann, nicht Gilbertes! Wieso soll es mir peinlich sein, wenn ich

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