Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Leopardin

Titel: Die Leopardin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
Dreckigen Ente zu finden.«
    »In einem Pub?«
    »Ja.«
    »Dann bring endlich deine Pfeife zum Qualmen und fahr mit mir dorthin!«
    Im Wagen fragte Flick: »Woher weißt du eigentlich, dass die Frau eine Geldschrankknackerin ist?«
    Thwaite hob die Schultern. »Das wissen doch alle.«
    »Alle? Auch die Polizei?«
    »Ja. Im East End wachsen die künftigen Polizisten und die künftigen Spitzbuben gemeinsam auf, besuchen die gleichen Schulen und leben in den gleichen Straßen. Da kennt jeder jeden.«
    »Aber wenn sie die Kriminellen kennen – wieso sperren sie sie dann nicht ein? Können ihnen nichts nachweisen, oder?«
    »Das läuft folgendermaßen«, erklärte Percy. »Wenn sie einen Täter brauchen, verhaften sie einen aus dem Milieu, im Falle eines Einbruchs also einen polizeibekannten Einbrecher. Ob er die Tat, um die es gerade geht, auch wirklich begangen hat, spielt keine Rolle, denn sie können ihm mithilfe von bestochenen Zeugen, getürkten Geständnissen und manipulierten Indizien alles in die Schuhe schieben. Manchmal unterlaufen ihnen natürlich auch Fehler und sie sperren besten Gewissens einen Unschuldigen ein. Gelegentlich bedienen sie sich dieses Systems natürlich auch, um persönliche Rechnungen zu begleichen und so. Aber was ist schon perfekt im Leben?«
    »Willst du damit sagen, dass das ganze Gedöns mit Gerichten, Schöffen und dergleichen nichts weiter als eine Farce ist?«
    »Ja, und zwar eine höchst erfolgreiche, langlebige Farce mit vielen lukrativen Posten für ansonsten nutzlose Bürger, die die Rollen von Kriminalkommissaren, Anwälten und Richtern übernehmen.«
    »War denn deine Freundin, die Geldschrankknackerin, im Gefängnis?«
    »Nein. Wenn du bereit bist, saftige Schmiergelder zu zahlen und enge freundschaftliche Beziehungen zur Polizei zu pflegen, bleibt dir die strafrechtliche Verfolgung erspart. Angenommen, du wohnst in der gleichen Straße wie Kriminalinspektor Callahans altes Mütterchen, schaust einmal die Woche bei ihr vorbei, erkundigst dich, ob du was für sie besorgen kannst, und schaust dir die Fotos von den
    Enkelkindern an. Nun, da wird es Inspektor Callahan schon schwer fallen, dich ins Gefängnis zu stecken.«
    Flick musste an die Geschichte denken, die Ruby Rowland ihr vor ein paar Stunden erzählt hatte. Es gab Menschen, für die das Leben in London fast so schlimm war wie für andere das Leben unter der Gestapo. War es möglich, dass die Verhältnisse tatsächlich so ganz anders waren, als sie sich das vorgestellt hatte? »Ich weiß wirklich nicht, ob du das ernst meinst«, sagte sie zu Percy. »Und deshalb weiß ich auch nicht, was ich von all dem halten soll.«
    »Doch, doch, ich meine das völlig ernst«, gab er lächelnd zurück. »Aber ich erwarte nicht von dir, dass du mir das alles abnimmst.«
    Sie hatten inzwischen Stepney erreicht. Es war nicht mehr weit bis zu den Docks. So schwere Bombenschäden wie hier hatte Flick noch nicht gesehen. Ganze Straßenzüge lagen in Schutt und Asche. Percy steuerte den Wagen in eine schmale Sackgasse und hielt vor einem Pub an.
    »Die dreckige Ente« war der Spitzname einer Kneipe, die eigentlich »Zum weißen Schwan« hieß. Die Private Bar war nicht privat, sondern hieß nur so, um sie von der benachbarten Public Bar zu unterscheiden, wo der Boden mit Sägespänen bedeckt war und das Glas Bier einen Penny weniger kostete. Flick ertappte sich bei dem Gedanken daran, wie sie Paul Chancellor diese britischen Eigenarten erklärte. Sie hätten ihn sicher sehr amüsiert.
    Geraldine Knight saß auf einem Barhocker am anderen Ende der Theke und gebärdete sich, als gehöre ihr das Etablissement. Sie hatte leuchtend blonde Haare und trug eine fachkundig aufgelegte dicke Schicht Make-up. Die scheinbare Festigkeit ihrer pummeligen Figur verdankte sie zweifellos einem Korsett. Die brennende Zigarette im Aschenbecher war am Mundstück mit einem roten Lippenstiftring geschmückt. Eine Frau, die noch weniger nach Geheimagentin aussieht, lässt sich kaum vorstellen, dachte Flick.
    »Percy Thwaite, so wahr ich hier sitze und atme!«, rief die Frau aus. Sie klang wie eine Cockney, die ein paar Lektionen in korrekter englischer Aussprache erhalten hatte. »Was treibt dich hier in die Elendsviertel, du verfluchter alter Kommunist?« Sie freute sich sichtlich über sein Erscheinen.
    »Hallo, Jelly, darf ich dir meine Freundin Flick vorstellen?«
    »Nett, dich kennen zu lernen, wirklich«, sagte Geraldine und schüttelte Flick die

Weitere Kostenlose Bücher