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Die letzte Einheit: Roman (German Edition)

Die letzte Einheit: Roman (German Edition)

Titel: Die letzte Einheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Scalzi
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für recht wahrscheinlich, dass man ihr körperlichen Schaden zufügte, auch wenn man ihr das Gegenteil versichert hatte.
    Das zweite Problem war natürlich, dass sie nicht nur ungeschützt, sondern auch unbewaffnet war. Doch damit beschäftigte sie sich nur für einen kurzen Moment. Es hatte keinen Sinn, sich Waffen zu wünschen, wenn sie keine hatte.
    Auch die Fesselung war ein Punkt, der ihr Sorge bereitete. So unauffällig wie möglich stemmte sie sich gegen die Riemen. Sie fühlen sich weich, glatt und geschmeidig und keineswegs hart und unnachgiebig an. Also handelte es sich eher um ein gewebtes Material als starres Metall. Sie drückte gegen die linke Armfessel, spürte aber genau, dass sie nicht im Geringsten nachgab. Mit den anderen Riemen war es dasselbe. Sie verfügte über die komplette gentechnisch modifizierte Superkraft eines KVA -Soldaten, konnte aber nirgendwo den Hebel ansetzen. Wenn es in den Fesseln auch nur den winzigsten Riss gegeben hätte, wäre sie imstande, damit zu arbeiten, aber soweit sie feststellen konnte, waren sie in tadellosem Zustand.
    Schließlich überlegte sich Lee, was sie zur Verfügung hatte, doch das war im Moment ihr Gehirn und sonst fast nichts. Sie hatte keine Augen, keine Körperkraft und keine Möglichkeit zu kommunizieren, außer mit Zwei, was ihr nichts nützte, und mit Sechs, was ihr ebenfalls nicht weiterhelfen würde. Und obwohl Lee fand, dass sie ein recht gutes Gehirn hatte, konnte sie letztlich nicht allzu viel damit anfangen, da es in ihrem Kopf eingesperrt war.
    »Scheiße«, sagte sie laut und hörte zu, wie sich ihre Stimme im Raum ausbreitete. Der Raum war recht groß, und die Wände bestanden aus einem Material mit guter akustischer Reflexion, wahrscheinlich Stein oder Beton.
    Hallo! , sagte ihr Gehirn.
    Die nächste halbe Stunde verbrachte sie allein in ihrem Kopf und summte gelegentlich vor sich hin. Falls Zwei sie beobachtete, verwirrte es ihn vielleicht ein wenig.
    Nach einiger Zeit öffnete sich die Tür, und Sechs (wie Lee vermutete) kehrte zurück.
    »Lieutenant Lee«, sagte die Stimme von Zwei, »sind Sie bereit für das Gespräch?«
    »Ich bin bereit, Ihnen die Ohren vollzuquatschen«, sagte Lee.
    In den nächsten zwei Stunden sprach Lee ausführlich über jedes Thema, zu dem Zwei irgendwelche Fragen hatte, einschließlich der aktuellen Truppenstärke der KVA und ihrer Verfassung, die Ansichten der KVA und der Kolonialen Union über den Bruch mit der Erde, was beide Organisationen unternahmen, um den Verlust des menschlichen Nachschubs zu kompensieren, das Ausmaß der Rebellionen auf verschiedenen Kolonialwelten, sowohl nach Lees persönlicher Erfahrung als auch nach dem, was sie von Kameraden und anderen Leuten gehört hatte, und nähere Einzelheiten zu Lees Mission auf Zhong Guo.
    Lee antwortete mit Fakten, wenn sie welche hatte, plausiblen Einschätzungen, wenn sie keine hatte, und wilden Spekulationen, wenn es nicht anders ging, wobei sie Zwei genau zu verstehen gab, wie ihre Antworten gemeint waren, damit es zwischen ihnen keinerlei Missverständnisse gab.
    »Sie sind wirklich sehr mitteilsam«, sagte Zwei schließlich.
    »Ich möchte einen Kopfschuss vermeiden.«
    »Ich meine, dass Sie viel mehr erzählen als Ihr überlebender Mitkämpfer.«
    »Ich bin der Lieutenant«, sagte Lee. »Es ist mein Job, mehr zu wissen als die Soldaten, die unter mir dienen. Wenn ich Ihnen mehr sage als Private Hughes, liegt es nicht daran, dass sie irgendwelche Informationen zurückhält. Ich weiß einfach mehr als sie.«
    »In der Tat«, sagte Zwei. »Dann ist das eine gute Nachricht für Private Hughes.«
    Lee lächelte, weil sie nun wusste, dass Hughes der zweite Gefangene war und dass sie zumindest noch am Leben war. »Was wollen Sie sonst noch wissen?«
    »Im Moment nichts«, sagte Zwei. »Aber ich werde mich später noch einmal mit weiteren Fragen an Sie wenden. In der Zwischenzeit wird sich Sechs um Ihre Bedürfnisse kümmern. Vielen Dank für Ihre Kooperation, Lieutenant Lee.«
    »Es war mir ein Vergnügen«, sagte Lee. Und damit, so vermutete sie, entfernte sich Zwei vom Mikrofon und widmete sich irgendwelchen anderen Angelegenheiten. Wahrscheinlich besprach er sich mit seinen Kollegen (von denen es Lees Mutmaßung zufolge mindestens fünf gab).
    Sie hörte, wie sich Sechs im Raum bewegte. »Stört es Sie, wenn ich spreche?«, fragte Lee. »Ich weiß, dass Sie mir nicht antworten können. Aber ich muss zugeben, dass meine Situation mich etwas nervös

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