Die letzte Eskorte: Roman
erkundigte sich die jüngere Schwester. Ich musste lachen, nicht nur weil es mir etwas unangenehm war, sondern weil ich bis dahin gar nicht wusste, wie der gute Griffiths mit Vornamen heißt. Wir klärten schnell, dass Obediah der Schiffsarzt sei, von dem ich sprach. Mir entging nicht, dass die junge Dame ihrer älteren Schwester einen verstohlenen Blick zuwarf. Die arme Frau! Mit einem Mal wirkte sie niedergeschlagen und bedrückt. Jemand erkundigte sich noch nach Griffiths’ Wohlbefinden – ihr zuliebe, wie ich vermutete –, und das war es dann.«
»Der arme Griffiths. Jetzt gehört er zu den Leuten, deren Hoffnungen sich zerschlagen haben. Vor zwei Jahren trat er in die Navy ein. Hat diese Dame inzwischen geheiratet?«
»Nein, hat sie nicht, und Sie wären überrascht, wenn Sie sie treffen würden, denn sie entstammt einer wohlsituierten Familie. Nicht gerade reich, aber mit etwas Grundbesitz und einer tadellosen Familiengeschichte. Und sie selbst ist sehr liebenswürdig und umsichtig. Sie wäre die perfekte Frau für Griffiths gewesen, obwohl seine Familie gewiss gesellschaftlich unter der ihren steht.«
»Vielleicht hat sie es längst bedauert, ihn aufgegeben zu haben, wenn sie wirklich so bedrückt war, als Griffiths’ Name erwähnt wurde. Aber daran kann man nun nichts mehr ändern. Schon morgen schlagen wir einen südlichen Kurs ein. Griffiths wird sich wohl eine neue Liebe suchen müssen.«
Hayden verließ seinen Platz, trat an die Heckgalerie und legte eine Hand auf das Glas, um seine Augen von dem Widerschein der Lichter auf dem Wasser zu schützen. Schließlich drückte er sein Gesicht an die Scheibe und spähte hinaus in die Dunkelheit.
»Der Wind hat nicht weiter aufgefrischt. Allmählich legt sich der Sturm.«
»Dann können wir ja bald in See stechen. Und die Franzosen sind vielleicht so nett, uns ein Schiff anzubieten, das wir unserem Prisengeld hinzufügen können.«
Hayden wandte sich vom Fenster ab. »Ich würde sagen, wir haben auf unserer Route dafür zu sorgen, dass kein britisches Schiff in die Hände der Franzosen fällt.«
K APITEL VIER
Pool war ein stets angespannter, ungeduldiger Mensch, der beleidigt zu sein schien, da er auf seinem Weg zu Admiral Lord Hood nur einen Konvoi leiten durfte. In der großen Kajüte seines Vierundsiebzigers drängten sich die Master der Frachtschiffe und die Kapitäne der Eskorte.
»Ich erwarte von jedem, dass er genug Zeug setzt, um seine Position zu halten«, sagte Pool laut. »Ich höre mir keine Ausflüchte an und werde auch nicht tolerieren, wenn jemand in diesem Punkt eigenmächtig handelt. Meine Signale müssen befolgt und an die Schiffe im Konvoi weitergegeben werden. Noch in diesen Wochen müssen wir die Biskaya erreichen, und wir werden nicht vor Frühlingsanfang beidrehen. Haben wir uns da verstanden? Das Wetter scheint es nicht gut mit uns zu meinen. Wir müssen daher das Beste aus dem Wind machen.« Nacheinander sah er die versammelten Kapitäne und Master eindringlich an, als wolle er jeden Einzelnen warnen, jetzt Fragen zu stellen. »Obwohl es spät im Jahr ist, werden die Franzosen Ausschau nach uns halten. Es wird dem Feind nicht entgangen sein, dass wir einen Konvoi zusammengestellt haben, und so müssen wir immer damit rechnen, dass der Franzose sich die Schiffe vornimmt, die zurückhängen. Hayden wird mit der Themis die Nachhut bilden, aber er kann diese Position nicht verlassen, wenn eines Ihrer Schiffe die Linienformation verlässt und in Bedrängnis gerät.« Dann hielt er ein kleines Buch hoch. »Hat jeder von Ihnen eine Kopie des Signalbuchs und meiner Instruktionen? Gut. Wenn Sie Fragen haben, dann stellen Sie sie jetzt.«
Doch niemand meldete sich zu Wort – vielleicht traute sich keiner. Die Master gingen aus der Kajüte, sprachen hier und da leise miteinander und ließen die Kapitäne der Eskortschiffe zurück.
Pool bedeutete den Anwesenden, sich um den Tisch zu versammeln, auf dem eine Seekarte entrollt worden war. Stumm stand sein Master neben ihm.
»Meine Herren, ich will Ihnen nicht verheimlichen, dass mir die Aufgabe missfällt, diesen Konvoi zu übernehmen. Ich muss auf schnellstem Wege ins Mittelmeer, wo meine Anwesenheit erforderlich ist, da Toulon in Gefahr ist. Die Master der Frachtschiffe werden uns auf unserer Fahrt nur hinderlich sein, aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Mannschaften aus ihrer Trägheit erwachen und sich anstrengen, sobald ein Schiff in die Hände französischer Kaperfahrer
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