Die letzte Eskorte: Roman
unter Bewachung. Sie werden mit niemandem sprechen und keinen Besuch empfangen, abgesehen von Mr Smosh. Das wäre dann alles, Sir. Sie können jetzt gehen.«
Worthing bebte vor Zorn, seine Miene war verzerrt, ein Zittern lief durch seinen Leib. Einen Moment lang wollten sich keine Worte bei ihm einstellen, doch dann sagte er mit hoher, zittriger Stimme: »Ich bin keiner Ihrer unfähigen Seeleute, die Sie nach Belieben herumkommandieren!«
Hayden schob sich energisch an dem Geistlichen vorbei, der ängstlich einen Schritt zurücktaumelte, und riss die Tür auf. Dem überraschten Wachposten befahl er: »Geleiten Sie Dr. Worthing zu seiner Kabine und wachen Sie vor seiner Tür, bis Mr Hawthorne Sie ablösen lässt. Dr. Worthing verlässt seine Kabine nicht und empfängt keinen Besuch. Haben Sie das verstanden?«
»Das lasse ich nicht mit mir machen!«, protestierte Worthing, aber seiner Empörung fehlte die Überzeugung. Hayden hatte ihn eingeschüchtert und dadurch die ängstliche Seite des Reverends ans Licht gebracht. »Sie können mich doch nicht ...«
»Abführen!«, beschied Hayden dem Seesoldaten und wandte sich dann noch einmal an den Geistlichen. »Sie können jetzt mit Würde zu Ihrer Kabine gehen oder sich dorthin zerren lassen, Dr. Worthing. Mir ist es gleich.«
Worthing blieb noch einen Augenblick lang schwer atmend stehen, ehe er sich abrupt abwandte und die Kajüte verließ. Er stolperte und war unsicher auf den Beinen. Gleich auf der ersten Stufe strauchelte er erneut und musste von dem Seesoldaten gestützt werden. Hayden stand einen Moment lang in der offenen Kajütentür und blickte über das Batteriedeck und die dort aufgereihten schwarzen Geschütze. Dann schloss er die Tür, durchquerte die Kajüte und sank schwer auf die Holzbank vor der Heckgalerie.
Kurz darauf klopfte jemand an die Tür.
»Wer da?«, rief er, ohne sich zu erheben.
»Hawthorne, Kapitän.«
»Herein.«
Der Leutnant der Seesoldaten steckte zuerst nur den Kopf durch den Türspalt. Nach kurzem Zögern trat er ganz ein. »Ein tobender Geistlicher ist in seiner Kabine eingesperrt, ein verwirrter Seesoldat wacht vor seiner Tür. Ihre Befehle, nehme ich an?«
»Absolut.«
»Ausgezeichnet. Nur Wasser und Brot? Die Peitsche am Morgen?«
»Er darf seine Mahlzeit in der Offiziersmesse einnehmen, aber er wird keinen Besuch empfangen und nur mit Smosh sprechen.«
»Welchen der beiden Herren bestrafen wir dadurch eigentlich?«
»Es ist jetzt keine Zeit für Scherze, Hawthorne.«
»In der Tat. Und es wurde höchste Zeit, dass Sie Maßnahmen ergreifen. Ich werde dafür sorgen, dass dieser Mann keine aufwieglerischen Predigten mehr vor der Besatzung hält. Überlassen Sie das getrost mir.« Der Leutnant der Seesoldaten hielt einen Moment inne. »Haben Sie sich schon gefragt, wie die Behörden über diesen Vorfall denken werden, sobald wir Gibraltar erreichen?«
»Was blieb mir anderes übrig? Der Mann untergräbt meine Autorität an Bord meines Schiffes. Verbreitet Gerüchte, ich wäre ein Papist. Erzählt glatte Lügengeschichten. Und heute früh verschaffte er sich entgegen meines Befehls Zutritt zum Lazarett. Glauben Sie mir, Hawthorne, ich bin noch nie einem Mann begegnet, der so sehr auf Teufeleien aus ist – und dieses Wort benutze ich nicht ohne Grund. Welches Schiff möchte so einen Geistlichen an Bord haben?«
»Lord Hoods Victory , wie mir scheint.«
»Hood würde sich binnen einer Woche des Mannes entledigen.«
»Gewiss. Ich habe gehört, ein Besatzungsmitglied der Agnus ist verstorben?«
»Ja, Gott gebe seiner Seele Ruhe.«
Hawthorne schien einen Augenblick lang nachzudenken, ehe er sagte: »Glauben Sie, wir haben eine ansteckende Krankheit an Bord?«
Auf so eine Frage wollte Hayden nicht eingehen. »Ich hoffe nicht. Der Doktor ist drüben auf der Agnus , um nachzusehen, ob noch jemand an Fieber leidet.«
»Griffiths wirkt seit mehr als einem Tag ziemlich durcheinander. Besorgt sogar.«
»Ja, ich denke, er macht sich Sorgen, aber wahrscheinlich deshalb, weil er noch keine Gewissheit hat. Wenn McKee an Gelbfieber litt, hätte es der Doktor gleich gewusst.«
»Ja, gewiss. Barthe sagte gerade, uns stehe ein Sturm bevor und wir haben ein Frachtschiff verloren?«
»Stimmt leider beides, fürchte ich. Ich habe McIntosh beauftragt, nach dem Frachter Ausschau zu halten.«
»Liegt hier irgendwo ein Kaperfahrer auf der Lauer, oder ist dieser Frachter aufgrund von Nachlässigkeit vom Kurs abgekommen?«
»Ich
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