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Die letzte Flucht

Die letzte Flucht

Titel: Die letzte Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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schritt wütend zu seinen Kollegen zurück und redete laut auf sie ein. Ihnen schien der Ablauf peinlich zu sein, sie sahen nicht zu den Beamten des SEK hin, blickten starr vor sich hin und setzten sich dann mit dem gefesselten Bernhard Voss in Bewegung, der teilnahmslos auf den Boden schaute. Am Ende der merkwürdigen Prozession gingen Dr. Lehmann und Dengler, bemüht, entspannt zu bleiben.
    Der Weißbekittelte führte sie in einen Zwischenbau, von dem ein Verbindungsflur ausging. Rechts und links waren Fenster mit braunen Rahmen, die zur Straße wiesen, der Boden bestand überraschenderweise aus einem glänzend blauen Kunststoff. Dieser Flur mündete in ein Treppenhaus. Die SEK – Polizisten sicherten das Treppenhaus. Voss ging weiterhin mit gesenktem Blick zwischen den vier Justizbeamten die Treppen hinauf, mit einer Hand rieb er seinen schmerzenden Bauch.
    Im ersten Stock passierten sie einen langen Gang. Eine Schwester erschien am Ende des Flures. Als sie die maskierten Polizisten sah, stieß sie einen schrillen Schrei aus und verschwand sofort in der nächsten Zimmertür.
    »Hier hinein«, sagte der Mann im weißen Kittel und öffnete eine andere Tür. Die SEK – Beamten drängten sofort hinein, aber sie passten nicht alle in den Raum, es gab ein Gedränge.
    »Raus, sofort alle raus«, schrie eine männliche Stimme. »Alle sofort hier raus, aber schnell.«
    Es folgte ein Kommando, und langsam zogen sich die Polizisten rückwärtsgehend aus dem Raum zurück. Dr. Lehmann und Dengler sahen sich an, Lehmann schüttelte den Kopf, und einer der vier Justizbeamten machte eine unfreundliche Bemerkung. Voss dagegen schien das alles nicht zu berühren. Er stand still und wartete.
    Durch ein Spalier von vermummten Polizisten traten Voss, die vier Justizbeamten, Dr. Lehmann und Dengler schließlich in das Zimmer. Es war ein kleiner, heller Raum. An der Fensterfront stand eine lange Arbeitsplatte aus hellbraunem Kunststoff, das eine Holzstruktur imitierte und auf der sich Papiere und Krankenakten stapelten, in der linken Ecke stand ein moderner Monitor, davor Tastatur und Maus und ein Telefon. Rechts davon befand sich eine Untersuchungsliege, davor ein kleiner Tisch mit drei Stühlen. Auf der anderen Seite des Raumes sah man eine grüne Tür und einige Schränke, aus dem gleichen hellbraunen Material, das die gleiche Holzmaserung imitierte. Mitten im Raum stand ein hochgewachsener Mann mit weißem Vollbart, schmaler dunkler Brille und einem rot angelaufenen Gesicht, dem man die Wut ansah. Er hatte einen weißen Kittel an, aus dessen linker Tasche ein Stethoskop ragte.
    »Bernhard«, sagte der Mann und breitete die Hände aus.
    »Sorry für die Umstände«, antworte Bernhard Voss und hob die gefesselten Hände.
    »Nehmen Sie Professor Voss die Handschellen ab«, sagte er zu den Justizbeamten. »Ich bin Professor Georg Schulz. Ich bin sein behandelnder Arzt. Und dann lassen Sie uns allein. Ich muss ihn untersuchen.«
    »Das dürfen wir nicht«, sagte Schranz. »Der Häftling muss gefesselt bleiben. Und wir müssen bei ihm bleiben.«
    »Machen Sie den Mann los«, schrie Professor Schulz. »Sofort! Warten Sie draußen.«
    »Nein, dazu habe ich keine Befugnis. Wir können ihn umfesseln. Die Handschellen an der Untersuchungsliege befestigen.«
    Schulz wurde dunkelrot im Gesicht. Dengler dachte, dass er sich gleich auf die Justizbeamten stürzen würde.
    »Machen Sie meinen Patienten los«, brüllte er.
    Er ging mit einem wuchtigen Schritt auf den Justizbeamten zu, der erschrocken zurückwich.
    »Binden Sie meinen Patienten los«, sagte er drohend. »Ich behandele niemanden, der gefesselt ist.«
    Die vier Männer berieten leise.
    »Also gut. Wir nehmen ihm die Handfesseln ab. Aber wir werden im Raum anwesend sein und Türen und Fenster bewachen. Sobald die Untersuchung beendet ist, legen wir dem Untersuchungshäftling die Handfesseln wieder an.«
    »Meinethalben«, knurrte Schulz und fixierte Dr. Lehmann und Dengler. »Und wer sind Sie?«
    »Das sind meine Anwälte«, sagte Voss. »Ich hätte gern, dass sie dableiben.«
    Einer der Justizbeamten zog einen Schlüsselbund aus der Tasche und nahm Voss die Handschellen ab.
    »Setz dich, Bernhard«, sagte Professor Schulz und wies auf den Stuhl.
    Voss setzte sich und rieb sich die Armgelenke.
    »Es tut mir leid«, sagte er.
    Die vier Beamten aus dem Gefängnis besprachen sich leise. Dann stellten sich zwei vor die Türe, einer ans Fenster, und der Vierte postierte sich vor der

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