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Die letzte Geisha: Eine wahre Geschichte (insel taschenbuch) (German Edition)

Die letzte Geisha: Eine wahre Geschichte (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Die letzte Geisha: Eine wahre Geschichte (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sayo Masuda
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Verantwortung. Ich hab mit denen weder auf Mitgliedschaft getrunken noch Bruderschaft geschworen, ich lass' mich von denen nur beschützen«, lache ich. In Wirklichkeit sind das nämlich Kerle, mit denen man durchaus zurechtkommt, wenn man mit ihnen unbekümmert umspringt, ohne sich viel draus zu machen. Die sind wesentlich gutherziger als Leute, die sich als großkotzige Herrschaften aufspielen. Wahrscheinlich fehlt's denen nur ein bißchen an Grips. Wirklich schlechte Kerle treiben sich nicht hier auf dem Schreingelände rum; die führen garantiert ein besseres Leben.
    Das bißchen im Knast verdiente Geld an einem Abend mit den anderen draufgemacht und blank, dann gleich in ein Haus rein, dessen Bewohner nicht da sind, Sachen geklaut, ins Pfandhaus geschleppt und erwischt worden. Beim nächsten Mal ein abgeschlossenes Fahrrad, hopp, geschultert, damit abgehauen und wieder geschnappt worden. Im Gasthaus übernachtet und am andern Morgen bei dem Versuch, das Bettzeug mitgehen zu lassen, ertappt worden: wieder eine Straftat. Wegen solcher Dummheiten vorbestrafte Jungs waren da auch mit dabei.
    Da war auch ein Waisenkind, das bei einem koreanischen Schuhverkäufer aushalf und Sutechan hieß. Weil der Junge immer jammerte, er sei das Schuhverkaufen leid, verschaffte ich ihm bei einem Nori -Händler in Goi eine Anstellung. An dem Tag, als Sutechan fortging, sagte ich ihm:
    »Du darfst aber nicht wieder hierher zurückkommen. Wenndu da Probleme hast, wendest du dich zuallererst an mich, ja?«
    Ich gab ihm von Herzen meinen Segen und schenkte ihm gebrauchte Unterwäsche und Kleider meines Bruders, aber ungefähr ein halbes Jahr später kam die Nachricht, Sutechan sei von der Polizei geschnappt worden. Zusammen mit anderen Kumpanen soll er Nori gestohlen und verkauft haben, und alle sind erwischt worden, als sie ein Besäufnis abhielten.
    Ich sause zur Polizei, werde aber abgewiesen: Heute geht's nicht, es ist keine Besuchszeit. Am andern Morgen um acht gehe ich wieder hin, werde ewig warten gelassen, bevor ich ihn dann endlich sprechen darf.
    Der Polizeigewahrsam ist ein deprimierender Ort. In einem Raum stehen ein Tisch und drei Stühle. Sutechan und ich sitzen einander gegenüber, und daneben sitzt ein Wachtmeister und überwacht uns.
    »Können Sie uns nicht bitte zu zweit lassen?« bitte ich, aber der macht nur ein abweisendes Gesicht und schüttelt den Kopf. Da kann man doch nicht sagen, was man sagen will!
    Ich sehe Sutechan in die Augen und sage:
    »Also, sag mir's ehrlich. Mich belügst du doch nicht, ja? Auch wenn du wirklich was geklaut hast, ist's recht. Ich werd dich bestimmt nicht ausschimpfen. Also, sag, was war denn los? Ich will nur wissen, was jetzt in deinem Innern steckt, mehr nicht.«
    Sutechan sagt verworren, wobei er schluchzend heult:
    »Ich war's nicht, ich hab nix geklaut. Die Jungen haben nur gesagt, sie geben mir was Gutes zu essen, da bin ich mitgegangen.«
    Seine Augen sagen die Wahrheit. Ich blicke den Wachtmeister böse an, als der sagt, die zehn Minuten Gesprächszeit seien um, und rede weiter:
    »Sutechan, hast du Sake getrunken?«
    »Ich hab keinen Sake oder so was getrunken. Ich hab nur gegessen.«
    »So wird's gewesen sein. Ich glaub dir. Mach dir keine Sorgen.«
    Nachdem ich mir genau angehört hatte, was Sutechan gesagt hat, bin ich in den Raum gegangen, wo die Polizisten alle zusammen waren, um zu verhandeln.
    »Dürfte ich bitte genau erfahren, was Sute eigentlich ausgefressen hat?«
    »Wer bist du denn überhaupt?«
    »Seine ältere Schwester.«
    »Der Sute hat keine Verwandtschaft.«
    »Was soll das denn heißen? Ich bin seine Schwester! Ist man denn nur dann Geschwister, wenn man von denselben Eltern geboren und in demselben Stammbuch eingetragen ist? Es gibt auch Geschwister, die von denselben Eltern geboren sind und sich schlechter vertragen als wildfremde Leute. Aber solche wie wir, die sich herzlich verstehen und wie Geschwister miteinander umgehen, die sind auch Geschwister. Ich kenne den Bub am besten. Untersuchen Sie das mal genau!«
    »Du nimmst dir unerhörte Reden heraus. Er ist auf frischer Tat, als er mit seinen Kumpanen ein Alkoholgelage abhielt, abgeführt worden.«
    »Ein Gelage, sagen Sie. Hat Sute denn Sake getrunken?«
    »Getrunken oder nicht, er war jedenfalls mit dabei. Die Kumpane haben ihre Taten auch zugegeben. Du hast da gar nichts dreinzureden.«
    Von so was lass' ich mich doch nicht einschüchtern! Von früher, als ich Geisha war, bin ich an solche

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