Die letzte Geisha: Eine wahre Geschichte (insel taschenbuch) (German Edition)
kleinkarierten Leute, die den großen Mann markieren, gewöhnt. Nach längerer Rede und Widerrede gerät einer von denen in Wut und brüllt:
»Du scheinst wohl auch zu den Tätern zu gehören. Da dudich offenbar hitzig ereiferst, können wir dich auch ein paar Tage lang hier behalten und dir den Kopf abkühlen!«
»Ha, wenn Sie mich hier einsperren wollen, versuchen Sie's nur! Ich bin nur gekommen, um jemanden hier rauszuholen. Und zehn oder zwanzig Jahre lang können Sie mich hier nicht festhalten. Sobald ich rauskomme, verklag ich Sie bei Ihren Vorgesetzten. Wenn Sie mich nicht anhören, erzähl ich's in der ganzen Welt herum, wie toll die japanische Polizei ist! Wenn Sie so etwas Ähnliches tun wie einem Aufgeknüpften die Beine wegzuziehen, das werden Sie später bereuen! Versuchen Sie nur, Sute zum Verbrecher zu stempeln, die Strafe wird Ihnen auf den Fuß folgen. Auch unter Ihnen dürften doch Väter sein. Haben Sie sich schon mal überlegt, wie das wäre, wenn Ihr eigenes Kind in so eine Sache geriete, verdammt noch mal? Und ich hab geglaubt, bei der Polizei würde ich vernünftigere Leute finden, aber das war wohl ein Irrtum!«
Ich bin wirklich in Fahrt geraten, und nichts kann meinen Ärger besänftigen.
»Na, es bringt doch nichts, wenn du dich so aufregst. Wir werden den Fall gut untersuchen und zusehen, daß du damit leben kannst, ja? Für heut geh heim!« sagt einer beruhigend. Einer droht wütend, einer beschwichtigt – bei der Polizei ist für alles gesorgt, denke ich voller Bewunderung.
Zwei Tage später kommt eine Vorladung zur Polizei.
»Wir lassen Sute laufen. Dafür wirst du aber in die Verantwortung genommen; wenn der Sute wieder was ausfrißt, wirst du als Mittäterin betrachtet«, drohen sie mir, aber ich höre mir das nur alles brav an. Ich soll mein Mundwerk besser im Zaum halten und dergleichen kriege ich zu hören, aber ich bedanke mich nur höflich, verbeuge mich unterwürfig und schmiere ihnen Honig um den Bart. Dann machen wir uns schleunigst aus dem Staub.
Am Abend lasse ich Sutechan bei mir übernachten, gehe am andern Tag zu dem Nori -Händler und überzeuge ihn davon, daß Sutechan damit nichts zu tun hatte.
Mit dieser Geschichte habe ich zwar zwei Tage vergeudet, aber ich war so froh, als hätte ich eine Million Yen verdient.
Am Abend kaute mein Bruder nur das Nori , das ich geschenkt bekommen hatte, und als wir im Bett lagen, sagte er mir etwas, das mir zu Herzen ging:
»Ich hab's doch wirklich viel besser als Sutechan.«
»Wieso denn?«
»Weil ich 'ne Schwester hab. Wenn ich mit der Schule fertig bin, will ich mords viel Geld verdienen, um dir meine Dankbarkeit zu zeigen. Sutechan tut mir leid, der hat doch gar niemand.«
»Niemand ist ganz allein, es sind doch immer eine Menge nette Leute um einen herum, oder?« sagte ich, mich begriffsstutzig gebend, konnte aber nicht anders, als bitterlich zu weinen.
Sieben Grabstelen
Die zweieinhalb Jahre, da ich am Chiba-Schrein Seife verkaufte, verlebte ich in der Art der Koreaner des Herrn Matsumura und teilte mit ihnen Glück und Unglück, Freude und Leid. Ich hatte mich an ihre donnernden Ehestreitigkeiten gewöhnt und an die Sitte der Koreaner, übertrieben laut plärrend »aigoo, aigoo« zu heulen, und auch gelernt, wie man Karamellen und Branntwein herstellt. Und mein Bruder hat seinen Schulabschluß glatt gepackt. Um diese Zeit begann hochwertige Seife der Besatzungsarmee auf den Markt zu kommen, und der Straßenverkauf der minderwertigen Ware, die nach drei Tagen zusammenschrumpelt, ging zurück. Also zog ich los, die Seife auf dem Land zu verkaufen, und nahm meinen Bruder mit.
Am ersten Tag bestiegen wir den erstbesten Bus, der vor dem Bahnhof Chiba der Keisei-Linie gerade hielt, stiegen an der Endstation aus und gingen dann getrennt hausieren. Wir fingen am Morgen an und vereinbarten, daß wir uns um halb sechs wieder da treffen wollten, wo wir uns getrennt hatten, weil der letzte Bus um zehn nach sechs fährt.
»Brauchen Sie heute keine Seife?« gehe ich in die Häuser, und in jedem Haus heißt es »nein, nicht nötig«, und ich werde abgewiesen mit Gesichtern, als wollte man eine Katze verjagen, die sich in die Küche geschlichen hat. Wenn man das in drei Häusern nacheinander erlebt, dann brauche auch ich, die ich doch ein Fell, dick wie eine Eisenplatte, haben sollte, Überwindung, um ins nächste Haus reinzugehen. Bis gegen eins geht das so, und ich habe noch kein einziges Stück verkauft. Die Junisonne
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