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Die letzte Hürde

Die letzte Hürde

Titel: Die letzte Hürde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Caspari
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ein netter Kerl, aber ich kenne meine Tochter. Sie hängt mehr an Simon als sie zugibt. Sie ist noch längst nicht über die Sache hinweg, im Gegenteil. An diesen Hannes klammert sie sich doch nur aus purem Trotz.“
    „Vielleicht, vielleicht auch nicht, was wissen wir denn! Sie ist jetzt erwachsen, Olga, einmischen können wir uns da sowieso nicht. Mach dir keine Sorgen, Bille wird schon ihren Weg finden. Sie ist stark.“
    Mutsch seufzte. Paul hatte ja recht. Bille war zäh, sie hielt eine Menge aus. Eine richtige Kämpferin war sie, die warf so leicht nichts aus der Bahn. Unwillkürlich mußte Olga lächeln. Von wem hat meine Tochter das denn wohl? dachte sie. Ich bin schließlich genauso!
    Für Bille waren die schönsten Stunden des Tages jetzt die, in denen sie mit Sindbad arbeiten durfte. Hannes hatte ihr gezeigt, wie sie dem temperamentvollen jungen Fuchswallach mit Hilfe von einer Anordnung am Boden liegender Stangen, über die er geführt wurde, zu einem besseren Gleichgewichtsgefühl verhelfen konnte. Damit wuchsen sein Selbstbewußtsein und sein Lerneifer beträchtlich, und bald konnte er Gliedmaßen und Bewegungen besser koordinieren. Bille legte das Labyrinth täglich anders aus. Und da Sindbad wußte, daß sie nichts von ihm verlangte, was ihm weh tun oder ihn erschrecken würde, machte er alle Übungen freudig mit.
    Zunächst wurde er nur im Schritt oder Trab geführt und mußte lernen, auf Kommando zu halten, vorwärts oder rückwärts zu gehen. Dann begann Bille vorsichtig, ihn an das Gewicht eines Reiters zu gewöhnen, doch ohne jeden Zwang und jede Härte. Sie sprach viel mit ihm, mit leiser, sanfter Stimme; sie lobte ihn, wenn er etwas verstanden und richtig ausgeführt hatte, und langsam wuchs die tiefe Verbundenheit von neuem, die sie damals zu dem Fohlen Sindbad gehabt hatte.
    „Es ist verrückt“, sagte sie zu Hannes. „Aber ich glaube, ich habe nur selten vorher so eine enge Verbindung zu einem Pferd gehabt wie zu Sindbad. Zottel natürlich ausgeschlossen, mit ihm ist es etwas ganz Besonderes, Einmaliges. Ich werde in Zukunft auch mit Black Arrow so arbeiten, jetzt erst merke ich, wie wenig ich ihn noch kenne.“
    „Nun, wie ich dich kenne, hast du vieles schon instinktiv richtig gemacht“, erwiderte Hannes. „Andernfalls wären deine Pferde nicht so gelöst und unproblematisch.“
    „Vielleicht. Aber diese Dinge zu wissen, das gibt mir das Gefühl, als ob ich mit dem Reiten noch einmal ganz von vorn begänne. Es ist einfach toll, wie viel ich damit anfangen kann, wie die Pferde reagieren. Ich denke da auch an Daddys Problemfälle: Nathan mit seinen Schmerzen, und Iris, die so überempfindlich und nervös ist. Johnny der Indianer beherrscht diese Dinge auf eine andere, auf seine indianische Weise, aber er kann sie nicht erklären - anderen nicht und sich selbst auch nicht. Er tut es einfach, und man glaubt an ein Wunder.“
    Wenn die Zeit ausreichte, ließ Hannes Bille nun auch an anderen Pferden den Tellington Touch und die T.T.E.A.M.-Methode ausprobieren, wie man diese Übungen nannte. Und Bille stellte fest, daß ihre Hände von Tag zu Tag feinfühliger wurden.
    Wenn Bille auf diese Art mit den Pferden arbeitete, vergaß sie alles um sich her. Doch eines Tages wurde ihr bewußt, daß sie schon seit längerer Zeit einen Beobachter hatte. Erst hatte sie das Wesen mit den großen braunen Augen für einen Jungen gehalten, doch ein zweiter Blick belehrte sie, daß diese weichen, verträumten Züge, die auffallend zarte Haut und die brandrote, ganz kurzgeschnittene Lockenmähne zu einem Mädchen gehörten. Und dieses Mädchen ließ die Pferde nicht aus den Augen. Sie saß, halb von hochgewachsenem Gras und Unkraut verdeckt, am Rande des Platzes auf einem Holzstoß, ganz ruhig, fast wie ein Statue - und schien es stundenlang in dieser Haltung auszuhalten.
    Bille wurde unwillkürlich an ihre eigene Vergangenheit erinnert, als sie es gewesen war, die in jeder freien Minute heimlich Hans Tiedjen beim Training zuschaute und dabei von eigenem Reiterglück träumte.
    Sie mußte etwa Billes Alter haben. Vielleicht wäre sie Bille gar nicht aufgefallen, wenn nicht Zottel sich magisch zu ihr hingezogen gefühlt hätte. Sei es, daß sie ihm etwas zusteckte, oder daß er auf eine Leckerei aus war, die sie bei sich trug, oder daß er sich von ihr ganz einfach angezogen fühlte - jedenfalls suchte er ihre Nähe und gab sich genießerisch ihren kraulenden und streichelnden Händen hin.
    Als Bille an

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