Die letzte Kolonie
ihn, dann zog ich mein Messer, damit er es sehen konnte, und legte es
zwischen uns, nicht als Drohung, sondern als Versprechen, als Erfüllung seiner Bitte und meiner Verantwortung, sein Leben zu beenden.
Er richtete den Blick auf das Messer und berührte es mit einer halb gelähmten Hand, indem er leicht dagegenstieß. Er sagte mir, dass es seinen Zweck erfüllen werde, dann berührte er mich mit derselben Hand, bat mich, das Messer zu nehmen. Ich stellte fest, dass ich es nicht konnte. Die Hand blieb für ein paar lange Sekunden erhoben, bis sie sich zurückzog.
Du machst dir deswegen immer noch Selbstvorwürfe, sagte mein Freund. Wegen dieser Krankheit, die ich dir zu verdanken habe, die mich heute töten wird. Sie hat sich wie ein unwillkommener Gast zwischen uns gedrängt.
Ich werde dich nicht bitten, dich von dieser Schuld freizusprechen. Du hast diese Bürde freiwillig auf deine Schultern genommen. Nur du wirst sie wieder ablegen können. Aber du sollst wissen, dass ich dich nicht gebeten habe, sie für mich zu tragen. Du sollst nicht glauben, du seist unwürdig, meine Hand zu berühren, du, die du der einzige Mensch bist, dem ich vertrauen kann und dem ich in dieser letzten Stunde vertrauen werde.
Du bist für meine Krankheit verantwortlich, du hast mich von meinem Zuhause fortgebracht und von denen, die ich liebe, und deinetwegen ist nun dieser Augenblick für mich gekommen. Aber du hast mich auch als Freund bezeichnet und mich verstanden, du hast mir Ehre erwiesen und erweist mir nun eine weitere große Ehre.
Ich habe dir schon längst verziehen, und alles, was zwischen uns bleiben soll, ist Kameradschaft und Liebe. Du bist meine letzte und beste Freundin. Erinnere dich daran, wenn die Bürde deiner Schuld dich niederdrückt.
Und mit diesen Worten verstummte mein Freund, rollte sich zusammen und wartete. Er hielt sich selbst in den Armen, während sein Körper ihm kaum noch gehorchte und die Botschaften zwischen Geist und Muskeln verzerrte. Arme und Beine zuckten, verfälschten seine schweigende Kontemplation zur Narrenpantomine, verspotteten seine Würde – doch nicht so sehr, dass seine Würde Schaden genommen hätte.
Es war nicht einfach, sein Zucken, sein Geifern, sein Grunzen zu beobachten. Aber ich wollte den Blick nicht abwenden. Ich beobachtete jeden Moment, stumm und aufmerksam; ich schuldete es ihm, Zeuge der Krankheit zu werden, die ich ihm gebracht hatte, und der Erlösung, die ich ihm geben würde, bis mir mit all meinen Sinnen bewusst wurde, dass mein Freund den Moment der Erlösung erreicht hatte. Ich zögerte nicht. Ich nahm mein Messer und suchte nach seinem Herzen.
Es gibt einen Moment der Oberflächenspannung, wenn eine Messerklinge ihre Forderung stellt und die Haut bereit ist, ihr nachzugeben. Ein Augenblick des Drucks vor dem Schnitt, dem Zerreißen, dem Hineingleiten, eine kleine Ewigkeit, die man leicht übersieht, die einem aber nicht entgehen kann, wenn man es schon einmal gespürt hat. Ich erlebte diesen Moment als lange Zeitspanne, obwohl es nur ein kurzer Augenblick ist.
Und dann machte ich weiter, schob die Klinge hinein und hinauf, spürte, wie die Spitze ins Ziel stach und auf der anderen Seite austrat. Ich machte weiter, bis der Messergriff kalt auf seine Brust drückte. Ich kam näher und umarmte ihn, um eine bessere Hebelwirkung zu erzielen, als ich die Klinge drehte und seinem Herzen unmissverständlich mitteilte, dass seine Arbeit nun beendet war. Das Herz wehrte sich nicht, und dafür war ich dankbar.
Mein Freund griff nach mir, während ich nach ihm griff, keuchte über die kristallene Klarheit des Messers, das durch seinen diffusen und wahllosen Schmerz schnitt, um jeden Gedanken in seinem Körper zu sammeln, jede letzte Botschaft, die durch seine Nerven jagte, dem Ziel entgegen, mich ein zweites und letztes Mal mit der Hand zu berühren.
Ich nahm sie und hielt sie und befeuchtete sie mit meinen Tränen, als ich mich niederbeugte, um sie zu küssen, eine Tat, die mich überraschte und erlöste, die mir erlaubte, meine Bürde abzulegen. Ich bin mir sicher, dass mein Freund es in den letzten schwindenden Momenten seines Lebens sah; sein letztes Geschenk an mich und mein letztes Geschenk an ihn, damit am Ende nur noch Kameradschaft und Liebe zwischen uns war. Er starb in meinen Armen, während er meine Hand hielt, und nach einer Minute ließ ich ihn auf die schlichte Matte gleiten. Ich trat zurück, wo sein anderer Freund stand und wartete, und machte der
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