Die letzte Minute: Thriller (German Edition)
klingelte.
» Sie sind allein gekommen.«
» Wie versprochen. Wo sind Sie?«
» Nicht hier. Gehen Sie zum Spielzeugladen FAO Schwarz in der Fifth. Ich ruf Sie wieder an. Bleiben Sie allein. Ich beobachte Sie.«
Wie?, fragte sich August und steckte frustriert das Telefon ein. Er hatte Verständnis für die Vorsichtsmaßnahmen des Informanten, doch das erschien ihm ein bisschen theatralisch. Beobachtete ihn der Typ wirklich? Er blickte sich um und strich sich das blonde Haar aus der Stirn, ehe er kehrtmachte, um den neuen Treffpunkt aufzusuchen. Ihm fiel kein Beschatter auf.
Die beiden Männer, die ihm gefolgt waren, entfernten sich und wurden durch zwei andere ersetzt, einer vor August, einer hinter ihm.
Im Spielzeugladen liefen die Kinder zwischen den Regalen hin und her, und August war sich bewusst, dass er ohne Kind hier vielleicht ein wenig auffiel. Eine Mutter mit etwa vier Jahre alten Zwillingen beäugte ihn schon misstrauisch. Er stellte sich vor, er wäre ein Geschäftsmann auf Reisen, der ein Geschenk für sein Kind suchte, und genau so verhielt er sich.
Das Handy klingelte, während er gerade die unglaubliche Auswahl an Action-Figuren bestaunte. Ich würde auch eine hübsche Action-Figur abgeben, dachte August: New Yorker Agent auf der Pirsch. Er nahm den Anruf entgegen.
» Sie sollten allein kommen, August«, sagte der Informant. » Ich habe zwei Typen bemerkt, die sich am UN Plaza an Ihre Fersen geheftet haben. Die sind immer noch da.«
August behielt sein Pokerface bei. Woher wusste der Kerl, dass ihm Agenten folgten, die ihm helfen sollten, den Informanten mitzunehmen?
» Also. Die zwei könnten Ihre Kumpel sein, oder sie sind von Novem Soles und folgen uns, um uns irgendwo aufzulauern und mich umzubringen. Schütteln Sie sie ab.«
August schwieg. Geschockt.
» Wissen Sie, wie die beiden aussehen?«
» Nein«, log August.
» Einer ist schwarz, trägt einen blauen Anzug und eine dunkle rechteckige Brille. Der andere hat etwas längere braune Haare, trägt Jeans und ein rotbraunes Hemd. Wenn Sie sie abgeschüttelt haben, melde ich mich wieder.« Er legte auf.
August stand einen Moment lang unschlüssig zwischen den Regalen und versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie bestürzt er war. Als er das Geschäft verließ, strich er sich mit der Hand zweimal durch sein dichtes blondes Haar. Es war ein Signal: Abbruch des Treffens. Die Beschatter würden in die Zentrale zurückkehren. Er hatte nicht damit gerechnet, dass dieser Student die zwei entdecken würde. Vor dem Geschäft rief er ein Taxi und stieg ein.
Das Handy klingelte, noch bevor er die Autotür geschlossen hatte.
» Fahren Sie nach Brooklyn, zum Flohmarkt in Williamsburg. Passen Sie auf, dass Ihnen nicht wieder jemand folgt.«
August kam während der Fahrt nach Brooklyn drauf, wie der Typ es angestellt hatte. Der clevere Bursche hatte sich ins Verkehrskamerasystem gehackt. Und in die privaten Sicherheitskameras im Spielzeugladen. Er schickte August zu öffentlichen Orten, die von Kameras überwacht wurden. So behielt er ihn im Auge. Mit Sicherheit sah er auch, was die Kameras am Flohmarkt aufnahmen.
Er rief im Special-Projects-Büro an.
» Er beobachtet uns über die Verkehrskameras und die Sicherheitskameras in den Geschäften. Vielleicht könnt ihr ihn über die Überwachungssysteme von FAO Schwarz oder dem Flohmarkt in Williamsburg aufspüren, die er gerade hackt. Schickt ein Team nach Brooklyn. Wir müssen ihn sofort schnappen, sobald er mir den endgültigen Treffpunkt nennt.«
» Wird erledigt.«
August lehnte sich im Taxi zurück. Das Handy klingelte.
» Ja.«
» Ich hab’s mir anders überlegt. Sie fahren doch woanders hin.«
45
Im Haus der Mings, Brooklyn
Leonie starrte auf Beth und Lizzie hinunter. Ihre Lippen zitterten.
» Die kenne ich«, hauchte sie geschockt.
Ich saß am Boden und untersuchte meine Verletzungen. Ich war erschöpft, mir tat alles weh, doch darauf konnte ich jetzt keine Rücksicht nehmen. Es schien zumindest nichts gebrochen zu sein. Ich zog meine abgeschnittene Krawatte aus dem Kragen und warf sie auf den Boden. » Woher kennst du sie?«
Ihre Lippen zuckten. » Ich hab ihnen neue Identitäten verschafft.«
» Als Lizzie und«– ich erinnerte mich an den Namen, den Lizzie geschrien hatte– » Meggie?«
» Nein. Das waren ihre echten Namen. Lizzie und Meggie Pearson. Sie stammten aus Oregon. Ihr Vater… er hat ihre Mutter vor ihren Augen umgebracht und dann draußen allen erzählt,
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