Die letzte Minute: Thriller (German Edition)
in Italien waren viele Frauen aus seinem früheren Betätigungsfeld Afrikanerinnen gewesen. Er hatte lange keine mehr gehabt. Das waren vergangene Freuden für ihn.
Er blickte zu ihrer reichhaltigen Ausrüstung hinüber, mit der sie serienweise Raubkopien herstellte. » Sie haben auch meinen Freund Nic gekannt, nicht wahr?«
» Flüchtig.«
» Natürlich. Sie waren ja sozusagen Kollegen im Filmgeschäft. Mir scheint, heute sind Computer nur noch dazu da, irgendwelche Dinge zu reproduzieren. Erinnern Sie sich an die Zeiten, als man mit Computern Probleme löste? Als man damit noch kreative Dinge machte?«
Ricki sah ihn schweigend an.
Der Beobachter setzte sein freundlichstes Lächeln auf. In Wahrheit war es eine kalte Fratze, doch das war ihm nicht bewusst; er dachte, es wirkte wie ein echtes Lächeln. Er strich mit der Hand über seine Irokesenfrisur. » Sie stehlen und kopieren Filme, und er hat schmutzige Filme gedreht.«
» Davon hab ich nichts gewusst. Ich hab ihn nur gekannt, weil er mir Software verkauft hat, um den Kopierschutz zu knacken.«
» Nic war wirklich großzügig. Und jetzt sind Sie großzügig zu seinem Freund Ming.«
Ricki strich mit den Händen über ihre Jeans. » Ming wollte das Land verlassen. Ich hab ihm nur ein paar Leute genannt, die ihm helfen könnten.« Sie erwiderte trotzig seinen Blick.
Oh, ein bisschen Kampfgeist. Es war ihm nie schwergefallen, dieses Aufflackern im Keim zu ersticken. » Wo steckt Jin Ming? Und welche Informationen hat er über die Leute, mit denen Nic zusammengearbeitet hat?«
» Ich weiß beides nicht.«
» Er will nach New York. Jemand ist schon dabei, die Datenbanken der Flugreservierungen zu knacken, um herauszufinden, ob er von hier oder einer anderen Stadt abfliegt. Genauso gut können Sie es mir auch gleich sagen, dann spare ich Geld und Arbeit.« Seine stahlgrauen Augen fixierten sie, wanderten kurz zu seiner Pistole und kehrten wieder zu ihr zurück.
Sie schwieg.
» Es wäre wirklich besser, Sie würden mir helfen.« Er stand auf. » Wie viel ist Ihre Ausrüstung hier wert?« Er zog einen großen Magneten aus der Tasche. Pierre in Brüssel hatte ihm gesagt, welcher Arbeit sie nachging, also hatte er beschlossen, sie ihr wegzunehmen. Er trat mit dem Magneten zu einem der Regale.
» Hören Sie auf, Sie machen alles kaputt!«, rief sie entsetzt.
» Ja. Ich lösche in fünf Minuten«– er lachte bei dem Gedanken– » Material im Wert von ungefähr vierzigtausend Euro, wenn Sie meine Fragen nicht beantworten.«
Er sah noch einen zornigen Blitz in ihren dunklen Augen, dann gab sie nach. » Er ist nach Dublin geflogen«, sagte sie leise. » Von dort weiter nach Boston und mit dem Zug nach New York. Er wollte nicht auffallen.«
» Danke. Er trifft sich dort mit der CIA .«
» Davon weiß ich nichts. Er hat’s mir nicht gesagt.«
Er glaubte ihr.
» Er hat Beweismaterial gegen mich. Welches?«
Jetzt kam ihre Angst, die er die ganze Zeit hinter der coolen Fassade gespürt hatte, zum Vorschein. » Ich habe wirklich keine Ahnung. Er hat mir kein Beweismaterial gezeigt. Er hat’s mir nicht gesagt und nicht gezeigt. Ich will’s auch gar nicht wissen.«
» Klar. Hatte er einen Computer?«
» Nicht als er zu mir kam. Ich gab ihm einen alten Laptop.«
» Eine Disc vielleicht? Oder einen USB -Stick?«
» Ich hab nichts gesehen, aber er könnte schon etwas bei sich gehabt haben.«
» Wie kann ich ihn telefonisch erreichen?«
» Er hat kein Handy mitgenommen. Ich kann ihn nicht erreichen. Er wollte mich nicht hineinziehen, falls er gefasst wird.«
Auch in diesem Punkt glaubte er ihr. » Er hat Beweismaterial, das ich brauche. Du kennst es.« Er strich mit dem Lauf der Pistole über ihr Kinn. » Du bist so gut gebaut, Frédérique.«
Sie stockte. » Er… er…«
» Was?«
Sie zitterte. » Er ist heute abgereist. Bevor er ging, zog er sich noch um… und dabei sah ich, dass er sich einen Umschlag an den Rücken geklebt hatte. Er hat gesagt, es sei ein Verband, doch mir war klar, dass das nicht stimmte.«
» Wie groß?«
Sie zeichnete mit den Händen ein Rechteck in die Luft.
» Was war in dem Umschlag?«
Sie biss sich auf die Lippe. Richtig hübsch sah sie aus. Oh, dachte er, dieses Verlangen verschwindet wahrscheinlich nie.
» Ricki. Wenn Sie’s mir sagen, helfe ich Ihnen. Ich gebe Ihnen neue Ausrüstung, um zu erweitern, junge Lady. Wenn nicht, zerstöre ich Ihr Geschäft. Ihre Entscheidung.« An ihrem Zögern erkannte er, dass sie es
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