Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die letzte Odyssee

Die letzte Odyssee

Titel: Die letzte Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
Vom Netzwerk:
überstanden war und die Menschheit wieder zur Tagesordnung übergehen konnte.
    »Wahrscheinlich ist es nur blinder Alarm, genau wie beim letzten Mal. Wir machen so bald wie möglich weiter. Skipper Ende.«
    Das war nun schon das dritte Mal, dachte Chandler verdrießlich, daß er einem Phantom nachjagte. Obwohl man das Sonnensystem seit Jahrhunderten bis in den letzten Winkel erkundete, gab es immer noch Überraschungen, und SPACEGUARD hatte vermutlich gute Gründe für seine Bitte. Hoffentlich hatte nicht wieder irgendein Phantast den legendären Goldasteroiden gesichtet. Falls er tatsächlich existierte – was Chandler für ausgeschlossen hielt – wäre er ohnehin nur eine mineralogische Kuriosität; der Wert der Eisklumpen, die die
Goliath
sonnenwärts schickte, um öden Welten das Leben zu bringen, war sehr viel größer.
    Es gab jedoch eine weitere Möglichkeit, die Chandler sehr ernst nahm. Die Menschheit hatte ihre Robotsonden inzwischen über hundert Lichtjahre im Umkreis im All verstreut und der Tycho-Monolith bewies zweifelsfrei, daß sehr viel ältere Zivilisationen ähnliche Initiativen ergriffen hatten. Nicht auszuschließen, daß sich noch andere Objekte außerirdischen Ursprungs im Sonnensystem befanden oder auf der Durchreise waren. Captain Chandler vermutete, daß auch SPACEGUARD in diese Richtung dachte: Sonst hätte man wohl kaum einen Raumschlepper Klasse 1 umdirigiert, damit er einem obskuren Radarsignal hinterherjagte.
    Fünf Stunden später entdeckte die
Goliath
das Echo in großer Entfernung; selbst auf diese Distanz war es enttäuschend schwach. Doch mit der Zeit wurde es klarer und stärker, und schließlich stellte sich heraus, daß es von einem vielleicht zwei Meter langen Metallgegenstand abgegeben wurde. Das Objekt bewegte sich auf einer Bahn, die aus dem Sonnensystem hinausführte, es handelte sich also, dachte Chandler, mit ziemlicher Sicherheit um ein Stück Raumschrott, wie es die Menschheit im Lauf des letzten Jahrtausends so zahlreich zu den Sternen geschleudert hatte. Irgendwann würden diese Trümmer vielleicht das einzige sein, was von der Existenz der menschlichen Rasse zeugte.
    Als sie dem Objekt so nahegekommen waren, daß eine visuelle Untersuchung möglich war, konnte Captain Chandler nur noch staunen. Irgendein fleißiger Historiker wühlte offenbar immer noch in den frühesten Aufzeichnungen des Raumfahrtzeitalters herum. Ein Jammer, daß die Computer die Antwort erst jetzt gegeben hatten, ein paar Jahre zu spät für die Jahrtausendfeiern!
    »Hier
Goliath!«
funkte Chandler erdwärts. Ehrfürchtiger Stolz klang aus seiner Stimme. »Wir holen soeben einen tausend Jahre alten Astronauten an Bord. Und ich kann mir sogar denken, wer es ist.«

2
Erwachen
    Frank Poole erwachte, aber sein Kopf war so leer, daß ihm nicht einmal sein Name einfallen wollte.
    Er befand sich in einem Krankenzimmer, das verriet ihm der primitivste und zugleich plastischste seiner fünf Sinne, noch bevor er die Augen aufschlug. Jeder Atemzug trug ihm einen schwachen, nicht unangenehmen Geruch nach Antiseptika zu und versetzte ihn zurück in seine verwegenen Teenagerjahre, als er sich – natürlich! – in Arizona bei den Meisterschaften im Drachenfliegen eine Rippe gebrochen hatte.
    Dann kehrte die Erinnerung allmählich zurück. Ich bin Frank Poole, Kopilot und Erster Offizier der USSS
Discovery,
auf streng geheimer Mission zum Jupiter.
    Eine eiskalte Hand griff nach seinem Herzen. Wie in Zeitlupe lief die Szene vor seinem inneren Auge ab: die wildgewordene Raumkapsel, die mit ausgebreiteten Greifarmen auf ihn zugerast kam; der lautlose Aufprall – das vernehmliche Zischen, mit dem die Luft aus seinem Raumanzug entwich; danach – das letzte Bild – war er hilflos durchs All getaumelt und hatte sich vergeblich bemüht, den abgerissenen Luftschlauch wieder zu befestigen.
    Warum auch immer die Steuerung der Raumkapsel verrückt gespielt haben mochte, jetzt war er jedenfalls in Sicherheit. Vermutlich hatte Dave kurz entschlossen das Raumschiff verlassen und ihn gerettet, bevor sein Gehirn durch den Sauerstoffmangel auf Dauer geschädigt worden wäre.
    Der gute alte Dave! dachte er. Ich muß mich bei ihm bedanken – Moment mal! – ich bin auf keinen Fall an Bord der
Discovery –
und ich kann unmöglich so lange bewußtlos gewesen sein, daß man mich zur Erde zurückgebracht hätte!
    Er wurde aus seinen wirren Gedanken gerissen, als eine Oberschwester und zwei Pflegerinnen in der traditionellen

Weitere Kostenlose Bücher