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Die letzte Odyssee

Die letzte Odyssee

Titel: Die letzte Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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zu Ihrer Zeit wohl noch kein so großes Problem? Aber da draußen in der Jupitergegend fliegt eine Menge Dreck herum, und unsere normale Reisegeschwindigkeit beträgt mehrere tausend Kilometer – pro Sekunde! Es trommelt also ständig aufs Dach wie bei einem Dauerregen.«
    »Sie scherzen!«
    »Natürlich. Wenn wir wirklich etwas hören könnten, wären wir schon tot. Zum Glück gibt es kaum Unannehmlichkeiten – der letzte schwere Unfall war vor zwanzig Jahren. Wir kennen die großen Kometenströme, die den meisten Schrott mitführen, und meiden sie – außer, wenn wir auf gleiche Geschwindigkeit gehen, um Eis einzufangen.
    Hätten Sie nicht Lust, einmal an Bord zu kommen und sich umzusehen, bevor wir zum Jupiter starten?«
    »Mit dem größten Vergnügen … sagten Sie Jupiter?«
    »Ich meine natürlich Ganymed – Anubis City. Wir haben dort oft zu tun, einige von meinen Leuten haben ihre Familie in der Stadt und warten schon seit Monaten darauf, sie wiederzusehen.«
    Poole hörte nur noch mit halbem Ohr zu.
    Plötzlich – ganz unerwartet – und vielleicht keinen Augenblick zu früh, hatte sein Leben wieder einen Sinn bekommen.
    Commander Frank Poole war ein Mensch, der es haßte, eine Aufgabe nicht zu Ende zu führen – und er würde sich, selbst bei einer Sekundengeschwindigkeit von tausend Kilometern, von ein paar kosmischen Stäubchen nicht abschrecken lassen.
    Auf der Welt, die einst Jupiter hieß, wartete noch Arbeit auf ihn.
     
     

 
     
     
     
     
II
Die Goliath

14
Abschied von der Erde
    »Wir erfüllen Ihnen jeden Wunsch – in vernünftigen Grenzen«, hatte man ihm gesagt. Frank Poole war nicht ganz sicher, ob seine Gastgeber den Wunsch nach einer Rückkehr zum Jupiter für vernünftig halten würden; schließlich war er nicht einmal selbst so ganz davon überzeugt und hätte die ganze Sache am liebsten gleich wieder abgeblasen.
    Er hatte bereits Wochen im voraus Dutzende von Verabredungen getroffen. Auf die meisten konnte er ohne weiteres verzichten, doch um einige tat es ihm leid. Besonders schwer fiel es ihm, die Abschlußklasse seiner alten High School – unglaublich, es gab sie immer noch! – zu enttäuschen, die ihm im nächsten Monat einen Besuch abstatten wollte.
    Dennoch war er erleichtert – wenngleich ein wenig überrascht – als Indra und Professor Anderson die Idee einhellig unterstützten. Sie hatten sich, das wurde ihm erst jetzt klar, Sorgen um seinen Gemütszustand gemacht. Vielleicht war ein Urlaub von der Erde tatsächlich die beste Therapie für ihn.
    Und, das wichtigste, Captain Chandler war hellauf begeistert. »Du kannst meine Kabine haben«, versprach er. »Ich schmeiß den Ersten Offizier aus ihrer raus.« Manchmal fragte sich Poole, ob Chandler mit seinem Bart und seinem naßforschen Auftreten nicht selbst auch ein Anachronismus war. Er konnte sich den Mann ohne weiteres auf der Brücke eines heruntergekommenen Dreimasters vorstellen, während über ihm die Totenkopffahne im Winde flatterte.
    Nachdem die Entscheidung einmal gefallen war, ging alles überraschend schnell. Besitz hatte er nur wenig angesammelt, und mitnehmen wollte er kaum etwas davon. Das wichtigste war Miss Pringle, sein elektronisches Alter Ego und seine Sekretärin, die seine beiden Leben in sich speicherte, sowie der dazugehörige Stapel Terabyte-Täfelchen.
    Miss Pringle war nicht viel größer als die Taschencomputer seiner Zeit, und er trug sie gewöhnlich – wie die Pioniere im Wilden Westen den 45er Colt – in einem Halfter an der Hüfte. Sie konnte sich akustisch oder über Zerebralhelm mit ihm verständigen und hatte hauptsächlich die Aufgabe, Informationen zu filtern und ihn von der Außenwelt abzuschirmen. Wie jede gute Sekretärin wußte sie, wann und in welcher Form sie: »Ich stelle Sie jetzt durch« oder, häufiger: »Es tut mir leid – Mr. Poole ist beschäftigt. Bitte sprechen Sie Ihr Anliegen auf Band, er ruft baldmöglichst zurück«, zu sagen hatte. Wobei ›baldmöglichst‹ im allgemeinen ›niemals‹ bedeutete. Es gab nicht viele Menschen, denen er Lebewohl sagen mußte: Die trägen Radiowellen würden zwar Gespräche in Realzeit nicht zulassen, doch mit Indra und Joe – seinen einzigen, engen Freunden in dieser Welt – würde er ständigen Kontakt halten.
    Etwas verwundert stellte Poole fest, daß er seinen undurchschaubaren ›Kammerdiener‹ vermissen würde. Der Mann war doch sehr nützlich gewesen, jetzt mußte er den ganzen Alltagskram allein bewältigen. Danil

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