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Die letzte Odyssee

Die letzte Odyssee

Titel: Die letzte Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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die Menschen hier ansiedeln. Man sieht eine Aufgabe – einen Sinn im Leben, wenn du so willst – wie es auf der Erde nur selten der Fall ist.
    Es stimmt übrigens, daß die meisten Meder hier geboren wurden und deshalb keine andere Heimat kennen. Sie sind zwar – im allgemeinen – zu höflich, um es auszusprechen, aber sie finden, daß der Mutterplanet immer weiter degeneriert. Findest du das auch? Und wenn ja, was wollt ihr Terries – so nennt man euch hier – dagegen tun?
    Eine von den Schulklassen, die ich kennengelernt habe, hat die feste Absicht, euch aus eurem Schlaf zu reißen. Die Jugendlichen sind eifrig dabei, höchst raffinierte und natürlich streng geheime Pläne für eine Invasion der Erde zu schmieden. Ich habe euch gewarnt …
    Einmal habe ich Anubis verlassen und das sogenannte Nachtland besucht, wo Luzifer nie zu sehen ist. Wir sind zu zehnt – Chandler, zwei Leute von der
Goliath
und sechs Meder – auf die Rückseite gefahren und haben die Sonne so lange verfolgt, bis sie hinter dem Horizont verschwand und es wirklich Nacht wurde. Beängstigend – ähnlich wie die Polarwinter auf der Erde, nur war der Himmel hier vollkommen schwarz – ich kam mir fast vor wie im All. Alle Galileischen Welten waren wunderbar zu sehen, wir konnten auch beobachten, wie Io von Europa verfinstert – Verzeihung, verdeckt wurde. Natürlich hatte man den Ausflug bewußt so gelegt, damit wir das erleben konnten …
    Auch mehrere von den kleineren Satelliten waren sichtbar, aber das Duo Erde-Mond lief ihnen den Rang ab. Ob ich Heimweh hatte? Offen gestanden, nein – obwohl mir meine neuen Freunde da unten sehr fehlen …
    So leid es mir tut – ich habe Dr. Khan immer noch nicht kennengelernt, obwohl er mehrmals eine Nachricht für mich hinterlassen hatte. Ich verspreche dir, ihn in den nächsten Tagen aufzusuchen – Erdentage, nicht medische Tage!
    Viele Grüße an Joe – und an Danil, falls du weißt, was aus ihm geworden ist – ist er jetzt wieder ein richtiger Mensch? – und für dich alles Liebe …
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    In Pooles Jahrhundert hatte der Name eines Menschen oft noch einen Hinweis auf sein Äußeres gegeben, aber dreißig Generationen später galt das nicht mehr. Dr. Theodor Khan erwies sich als blonder, nordischer Typ, der besser in ein Wikingerlangboot gepaßt hätte als in die Steppen Zentralasiens – wobei er mit seiner Körpergröße von nur knapp einhundertundfünfzig Zentimetern in keiner der beiden Rollen sehr überzeugend gewesen wäre. Poole konnte es sich nicht verkneifen, den Amateurpsychologen zu spielen: Klein gewachsene Menschen waren oft von einer geradezu aggressiven Leistungsbereitschaft – und das schien nach Indra Wallaces Andeutungen auch auf Ganymeds einzigen Philosophen zuzutreffen. Wahrscheinlich konnte ein Mann wie Khan in einer derart praktisch denkenden Gesellschaft nur mit dieser Einstellung überleben.
    Anubis City war viel zu klein, um sich wie manche andere Welten den Luxus eines Universitätscampus zu leisten – wobei auch dort vielfach die Ansicht vertreten wurde, dergleichen habe sich durch die Revolution der Telekommunikation überholt. Statt dessen gab es hier eine Einrichtung, die nicht nur sehr viel stilgerechter, sondern auch Jahrhunderte älter war: eine Akademie samt zugehörigem Olivenhain. Letzteren hätte selbst Plato für echt gehalten, bis er tatsächlich versucht hätte, darin zu wandeln.
    Indras Witz über philosophische Fakultäten, die sich mit einer Tafel als Lehrmittel begnügten, traf auf diese kultivierte Umgebung ganz sicher nicht zu.
    »Wir haben für sieben Personen gebaut«, erklärte Dr. Khan stolz, nachdem sie auf Stühlen Platz genommen hatten, bei denen auf Bequemlichkeit wohl bewußt verzichtet worden war. »Wenn die Gruppe größer ist, wird eine fruchtbare Interaktion unmöglich. Und wenn Sie Sokrates’ Geist mitrechnen, waren genau so viele anwesend, als Phaidon seine berühmte Rede hielt …«
    »Die über die Unsterblichkeit der Seele?«
    Khan machte ein so verdutztes Gesicht, daß Poole lachen mußte.
    »Ich hatte kurz vor meinem Examen einen Schnellkurs in Philosophie belegt – bei der Aufstellung des Lehrplans hatte wohl irgend jemand die Meinung vertreten, auch rauhbeinigen Ingenieuren würde ein Hauch von Kultur nichts schaden.«
    »Freut mich zu hören. Das macht alles sehr viel einfacher. Ich kann mein Glück noch immer nicht fassen. Ihre Ankunft hier läßt mich beinahe wieder an Wunder glauben! Ich hatte

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