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Die letzte Odyssee

Die letzte Odyssee

Titel: Die letzte Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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schon überlegt, zur Erde zu fliegen, um Sie kennenzulernen – hat ihnen die gute Indra von meiner – äh – fixen Idee erzählt?«
    »Nein«, antwortete Poole nicht ganz wahrheitsgemäß.
    Dr. Khan lächelte zufrieden; er war hocherfreut, ein neues Publikum zu finden.
    »Vielleicht hat man Ihnen gesagt, ich sei Atheist, aber das stimmt nicht ganz. Atheismus ist nicht zu beweisen und deshalb herzlich uninteressant. So unwahrscheinlich es auch sein mag, wir wissen nicht mit Sicherheit, ob Gott nicht irgendwann einmal existiert – und sich dann in die Unendlichkeit verzogen hat, wo er nicht mehr zu finden ist … Ich halte es wie Buddha und lehne es ab, dazu Stellung zu beziehen. Mein Augenmerk gilt vielmehr der Psychopathie, die sich Religion nennt.«
    »Psychopathie? Das ist hart.«
    »Wird aber durch die Geschichte hinreichend bewiesen. Stellen Sie sich vor, Sie seien ein intelligenter Extraterrestrier und befaßten sich nur mit verifizierbaren Tatsachen. Nun entdecken Sie eine Spezies, die sich in Tausende – nein, inzwischen Millionen – von Stammesgruppen aufgespalten hat. Jede dieser Gruppen vertritt ihre eigenen Vorstellungen über den Ursprung des Universums und die richtige Art, darin zu leben. Die Ideen mögen sich oft gleichen, doch selbst bei einer Übereinstimmung von neunundneunzig Prozent nimmt man das restliche Prozent zum Anlaß, um sich wegen kleinster Differenzen in der Lehre – Bagatellen, die jedem Außenstehenden vollkommen unverständlich sind – gegenseitig zu foltern und zu töten.
    Wie läßt sich dieses irrationale Verhalten nun erklären? Lucrez hat den Nagel auf den Kopf getroffen, als er sagte, die Religion sei ein Nebenprodukt der Angst – eine Reaktion auf ein unergründliches und oft genug feindseliges Universum. Über lange Strecken der menschlichen Vor- und Frühgeschichte mag sie ein notwendiges Übel gewesen sein – aber warum soviel übler als nötig? Und warum konnte sich das Übel auch noch halten, als die Notwendigkeit längst nicht mehr gegeben war?
    Ich sagte Übel – und das ist mein Ernst, denn Angst führt zu Grausamkeit. Wer nur ein wenig über die Inquisition Bescheid weiß, schämt sich, der menschlichen Rasse anzugehören … Eines der abscheulichsten Bücher, die jemals veröffentlicht wurden, war der
Hexenhammer.
Er wurde von zwei perversen Sadisten verfaßt und beschreibt die von der Kirche genehmigten – ja, empfohlenen! – Foltermethoden, mit denen man Tausenden von unschuldigen, alten Frauen sogenannte ›Geständnisse‹ entriß, um die Ärmsten dann bei lebendigem Leib zu verbrennen. Der Papst höchstpersönlich hat im Vorwort seine Billigung zum Ausdruck gebracht!
    Die meisten anderen Religionen standen, mit wenigen, rühmlichen Ausnahmen, dem Christentum in nichts nach … Noch in Ihrem Jahrhundert wurden kleine Jungen so lange angekettet und ausgepeitscht, bis sie bändeweise frommes Gefasel auswendig gelernt hatten, man beraubte sie ihrer Kindheit und ihrer Männlichkeit, um sie zu Mönchen zu machen …
    Am unbegreiflichsten finde ich, daß in jedem Jahrhundert wieder etliche Wahnsinnige auftraten und verkündeten, Gott habe zu ihnen gesprochen – und nur zu ihnen allein! Wenn alle diese göttlichen Botschaften übereingestimmt hätten, wäre die Sache rasch erledigt gewesen. Aber sie mußten sich natürlich eklatant widersprechen – was die selbsternannten Messiasse natürlich nicht daran hinderte, Hunderte – manchmal Millionen – von Anhängern um sich zu scharen. Und die kämpften wiederum mit allen Mitteln gegen die gleichermaßen verblendeten Jünger einer minimal abweichenden Glaubensrichtung.«
    Poole nützte die Gelegenheit, um endlich auch einmal zu Wort zu kommen.
    »Das erinnert mich an einen Vorfall in meiner Heimatstadt, ich war damals noch ein Kind. Ein heiliger Mann – in Anführungszeichen – tauchte bei uns auf, behauptete, er könne Wunder wirken – und hatte in kürzester Zeit eine Schar von Gläubigen um sich gesammelt. Es waren keine dummen oder ungebildeten Menschen; oft kamen sie aus den besten Familien. Jeden Sonntag standen vor seinem – äh – Tempel die teuersten Automodelle.«
    »Das ›Rasputin-Syndrom‹, wie es früher genannt wurde: Diese Fälle gibt es zu Millionen, in jeder Epoche, in jedem Land. Und eine von Tausend dieser Sekten hält sich sogar über Generationen. Wie ging es in diesem Fall weiter?«
    »Nun, die anderen Gemeinschaften waren von der Konkurrenz nicht sehr erbaut und taten, was sie

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