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Die letzte Offenbarung

Die letzte Offenbarung

Titel: Die letzte Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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sagte der Papst mit Blick auf Amadeo.
    Der Restaurator blinzelte. »Kollegen?«
    »Sie haben ja einiges studiert«, sagte de la Rosa, und Amadeo war nicht einmal überrascht, dass der Papst davon wusste. »Ihr Theologiestudium haben Sie nicht abgeschlossen. Auch ich selbst war eine ganze Zeit im Zweifel, ob ich das tun sollte. Es waren... andere Dinge, die mich mehr beschäftigten: alte Handschriften, die Geschichte ferner Epochen. Aber in meinem Land...« Er setzte sich anders zurecht und zuckte kurz zusammen.
    Die Schussverletzung, dachte Amadeo. Schützend, wärmend legte der Papst die Hand auf die linke Hüfte, wo ihn die Kugel getroffen haben musste.
    »In einem Land, in dem das Unrecht regiert, in dem die Menschen hungern und dürsten — nach der Gerechtigkeit und nach dem täglichen Brot —, was braucht ein solches Land dringender, frage ich sie? Einen Paläographen oder jemanden, der diesen Menschen beisteht um der Liebe Christi willen?«
    Ein leises Klopfen an der Tür ertönte. Duarte kam zurück und reichte dem Papst einen ledergebundenen Ordner.
    »Der commandante scheint seine ganz eigenen Vorstellungen zu haben, wie dieser Beistand auszusehen hat«, warf Amadeo ein. »Mit Ihrer Billigung?«
    »Die Mächtigen stößt der Herr von ihren Thronen und erhebt die Niedrigen« , sagte Pio leise. »Die Hungernden sättigt er mit Brot und lässt die Reichen leer ausgehen.«
    »Ihre Vorgänger haben das anders gesehen«, erwiderte Amadeo.
    »Meine Vorgänger kamen nicht aus meinem Land«, erwiderte De la Rosa. Da war es, sein mildes Lächeln. »Seien Sie nicht ungerecht. Sie waren Menschen, die ihrem Gewissen folgten und ihrem Verständnis der Heiligen Schrift, und dieses Verständnis wird durch das Leben geprägt, das wir führen. Vielleicht hätten ja auch sie ganz anders gesprochen, wären sie in meinem Land aufgewachsen. Jedenfalls ...«
    »Sie wurden also nicht Paläograph, sondern Papst.«
    De la Rosa lächelte wieder. »So könnte man es ausdrücken, obwohl diese Bürde niemals mein Wunsch gewesen ist. Ich hätte es vorgezogen, meine letzten Jahre bei meinen Schriften zu verbringen und bei den Menschen in meinem Land. Aber der Wille des Herrn... Wissen Sie, er ist oft schwer durchschaubar für uns, doch hier — glaube ich — habe ich einen kleinen Fingerzeig bekommen.« Er betrachtete Amadeo abschätzend und wies auf den Tisch. »Als ich dieses Buch in der Hand hielt.«
    Amadeos Blick folgte seiner Geste. Gerberts Autograph. Mit aufklaffendem Falz lag das Buch auf dem Tisch — wie hingeschlachtet.
    »Sie... wussten von diesem Buch?«
    De la Rosa neigte zustimmend den Kopf. »Ich bekam es in die Hand... nach dem Brand, als wir uns die Schäden ansahen, und eine Ahnung sagte mir, dass ich etwas Besonderes gefunden hatte. Ein Manuskript von Gerberts eigener Hand? War das möglich? Ich bat einen alten akademischen Freund um Hilfe.«
    Amadeo erstarrte. Wie hatte Helmbrecht am Morgen erst gesagt? Ich kenne diese Handschrift. Ein alter akademischer Freund von mir wollte vielleicht darüber publizieren und hat deswegen Kontakt mit mir aufgenommen .
    »Sie sind...«
    »Professor Helmbrecht und ich sind alte Studienfreunde. Ich freute mich, dass wir auf diese Weise nach so langer Zeit wieder in Kontakt kamen. Was ich zu diesem Zeitpunkt nicht ahnte, war, dass dieses Buch ein noch weit größeres Geheimnis in sich barg.« Der Pontifex schlug die ledergebundene Mappe auf und entnahm ihr vorsichtig eine Klarsichthülle. »In seinem Rücken fand ich das hier.«
    Mit zitternden Fingern nahm Amadeo die knisternde Plastikhülle entgegen, Fragmente eines antiken Papyrus, säuberlich auf Karton fixiert. Amadeo stutzte. Es waren mehr als elf, dennoch bestand kein Zweifel: Das waren ihre Papyri. Und das war Gerberts Schrift.
    »Die letzte Offenbarung«, flüsterte er.
    »Sie werden feststellen, dass dies das Ende von Johannes' Erzählung ist«, fuhr der Papst fort. »Was mir fehlte, war der Anfang.«
    »Aber wie...« Amadeo stierte auf die Fragmente. Er war im Augenblick nicht imstande, auch nur ein Wort zu lesen.
    »Brauchst du noch einen caffè?« Rebecca legte ganz leicht die Hand auf seinen Unterarm.
    Er stieß sie nicht fort, sondern schüttelte nur stumm den Kopf.
    »Bitte schauen Sie auf das oberste Fragment«, bat De la Rosa.
    Amadeo kniff die Augen zusammen. Dort stand etwas, von anderer Hand geschrieben, und er kannte die Schrift. »Disciplina.a.discendo.nomen.accepit« , murmelte er. »Der Isidor. Die

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