Die letzte Offenbarung
die beiden Herren von Scotland Yard und jetzt Sie.«
»Scotland Yard«, murmelte Rebecca.
»Als echter Londoner bekommt man einen Blick dafür«, erwiderte Simmons selbstgefällig. »Allerdings sagten mir die beiden Herren bereits, dass auch sie die notwendigen Untersuchungen nicht vornehmen könnten. Als Museumsmann verstehe ich das natürlich, bei einer so großen Behörde ...«
Rebecca lächelte. »Wir treffen nicht überall auf so viel Verständnis.« Amadeo staunte über sie.
»Eines aber verstehe ich noch immer nicht«, betonte Simmons. »Was ist an diesem Augustinus so Besonderes, dass die Polizei sich dafür interessiert?«
Rebecca öffnete den Mund, doch Amadeo kam ihr zuvor. »Drogen«, sagte er schnell.
Ihre grüne Augen verengten sich, aber jetzt war es heraus. Amadeo schluckte. Es war eine Eingebung gewesen, und zum Überlegen war keine Zeit.
Simmons Miene wirkte nicht minder erstaunt. »Drogen?«
Amadeo nickte geheimnisvoll. »Eine wirklich perfide Geschichte, eine solche Kostbarkeit für den Drogenschmuggel einzusetzen. Es hat lange gedauert, bis wir ihnen auf die Schliche gekommen sind, gerade weil der Kunsthandel so intensiv überwacht wird. Wer käme da schon auf Drogen? Das organisierte Verbrechen ist leider höchst erfinderisch.«
»Sie sind uns immer einen Schritt voraus«, stimmte Rebecca mit ernster Miene zu. »Man weiß nie, mit welcher aberwitzigen Idee man als Nächstes rechnen muss.« Es war Amadeo, den sie dabei ansah.
»Drogen«, wiederholte Simmons stirnrunzelnd. Noch einmal betrachtete er erst Rebecca, dann Amadeo von Kopf bis Fuß. Schließlich hellte seine Miene sich auf, als sei ihm buchstäblich ein Licht aufgegangen. »Drogen, natürlich.«
Miami Vice , dachte Amadeo mit einem Blick auf Rebeccas Aufzug — und auf seinen eigenen. So weit war es also gekommen.
»Sie verstehen, dass wir den Codex sicherstellen müssen«, sagte Rebecca und legte eine Hand auf das Buch. »Sie bekommen selbstverständlich eine Quittung dafür.«
»Den Augustinus?« Simmons schüttelte heftig den Kopf. »Unmöglich! Das Buch ist ein Kernstück der Ausstellung, den kann ich Ihnen auf keinen Fall aushändigen. Zumindest nicht, ohne mit der Leitung des Hauses gesprochen zu haben.«
Amadeo zuckte unmerklich zusammen. Allmählich wurde es schwierig. Falls nun doch noch jemand auf die Idee kam, sich nach ihren Ausweisen zu erkundigen...
»Was denken Sie, Ferdosi?«, fragte Rebecca. »Könnten wir die Untersuchungen auch hier vornehmen? Wenn der Codex so wichtig ist für diese Ausstellung.«
Amadeo fing den Ball auf. »Das wäre ungewöhnlich«, murmelte er, »aber wenn wir genügend Zeit hätten, und Ruhe vor allem...«
Rebecca fuhr sich nachdenklich durchs Haar. »Ich denke, es wäre möglich, und einen Versuch ist es allemal wert. Doctor Simmons, würden Sie uns allein lassen für«, sie sah auf die Uhr, »eine halbe Stunde?«
»Ich soll Sie mit dem Codex allein lassen?«
»Das ist leider notwendig«, sagte sie bedauernd. »Ermittlungen dieser Art sind selbstverständlich... Sie verstehen.«
Der Museumsangehörige zögerte. »Ich weiß nicht so recht«, murmelte er.
Amadeo trat auf ihn zu. »Sie sind doch ein Mann der Ehre, doctor Simmons. Wenn ich einen Ehrenmann vor mir habe, erkenne ich das auf den ersten Blick. Ich denke, das erkennen wir beide — da sprechen wir dieselbe Sprache. «
Simmons nickte. »Gewiss, aber Sie verstehen sicherlich auch...«
»Selbstverständlich«, stimmte Amadeo zu, obwohl er keinen blassen Schimmer hatte, was der Mann eigentlich hatte sagen wollen. »Weil ich weiß, welch einen hohen Stellenwert die Ehre bei Ihnen genießt, ebenso wie die Sicherheit unseres — also Ihres — Landes, gebe ich Ihnen mein persönliches Ehrenwort.« Er betonte die letzten Worte. »Sie bekommen Ihr Exponat in einer halben Stunde unversehrt zurück. Natürlich müssen wir die Beweisstücke sicherstellen, die sich möglicherweise im Rücken dieses Codex verbergen. Das ist ja klar. Doch ich denke mal, das wird Ihnen nur recht sein«, sagte er mit verschwörerischem Blick. »Oder wollen Sie so was in Ihrer Ausstellung?«
»Drogen?« Simmons schüttelte entsetzt den Kopf. »Gott bewahre! Unser Haus hat einen Ruf zu verlieren!« Er sah auf die Uhr. »Gegen sechs? Genügt Ihnen das?«
»Ich denke, das sollte genügen«, sagte Rebecca.
Simmons nickte noch einmal. Er war schon in der Tür.
»Doctor Simmons?« Amadeo blickte kurz vom Augustinus auf. »Würden Sie uns wohl zwei
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