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Die letzte Prophezeiung: Thriller (German Edition)

Die letzte Prophezeiung: Thriller (German Edition)

Titel: Die letzte Prophezeiung: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger R. Talbot
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in der die drei großen Monotheismen sich aufheben und verschmelzen sollten, hatte der Prinz es verstanden, ein neues attraktives Produkt auf den nie gesättigten Markt des Glaubens zu werfen.
    Am Ende seiner Rede empfing Amir Khan, flankiert von seinem allgegenwärtigen Sekretär Hussayn und vom Sicherheitsdienst diskret überwacht, der Reihe nach alle prominenten Gäste vor der Bühne, um sie kurz persönlich zu begrüßen.
    Es hatte sich eine lange, zähe Prozession gebildet, die sichgeordnet und feierlich durch die Gänge zwischen den verschiedenen Sektoren des Auditoriums schob, während die Ordner in ihrer roten Livree unbeeindruckt die Eingänge des Saales flankierten.
    Jedem der Teilnehmer, der sich nach einem langen Gänsemarsch endlich vor ihm einfand, gönnte der Prinz ein Lächeln, eine Umarmung und einen kurzen Gruß im Idiom seines Gegenübers, seine sprachliche und kulturelle Beschlagenheit zur Schau stellend.
    Auf einmal trat der Saalchef, der sich von den ihm unterstellten Saaldienern durch die auffälligen Goldtressen unterschied, diskret an Hussayn heran, welcher steif und ausdruckslos zur Rechten des Prinzen gestanden hatte, und händigte ihm ein Billet aus.
    Hussayn überflog es mit beherrschtem Gestus und steckte es in die Tasche, dann nahm er wieder seine Gardepose ein. Schließlich nutzte er die kurze Pause zwischen zwei Besuchern, beugte unauffällig den Rumpf Richtung Prinz und flüsterte ihm zu: »Euer Hoheit, Mr. Diadem Kerr bittet um die Ehre, privat mit Euch konferieren zu dürfen.«
    »Mr. Kerr?«, wiederholte der Prinz.
    »Ja, Euer Hoheit. Ihr werdet Euch sicher an seinen Brief von vor etwa einem Jahr erinnern. Er ist auf seine Art ein geistiger Vater dieser Konferenz.«
    Der Prinz nickte. »Ich erinnere mich gut. In einer Stunde im Blauen Salon. Ich gewähre ihm fünfzehn Minuten, nicht mehr.«
    Während die Zeremonie mit einem langbärtigen Rabbiner ihre Fortsetzung fand, zitierte Hussayn mit einem Blick den Saalchef zu sich, der sich ergeben einige Schritte entfernt hatte, und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Der Mann begab sich sofort in den gegenüberliegenden Flügel des Auditoriums und stieg in die oberste Sitzreihe, die inzwischen verlassen dalag,wenn man von einem Mann absah, der in vorbildlicher Haltung sitzen geblieben war.
    Der Mann war mager, sonnengebräunt, um die sechzig. Über einem schlichten schwarzen Rollkragenpullover trug er einen Anzug von exzellentem Schnitt. Er hatte dichtes weißes Haar, und eine Narbe lief, auf der braunen Haut deutlich sichtbar, von einer Schläfe zur anderen quer über die ganze Stirn. Kaum hatte der Saalchef ihm die Antwort überbracht, erhob er sich und verschwand durch die Tür in seinem Rücken.

23
     
    Ort: Dublin
    Weltzeit: Donnerstag, 25. Juni, 12.58 Uhr (GMT)
    Ortszeit: 13.58 Uhr
     
    Mit lässiger Geste hob Liam seinen Koffer vom Band und wandte sich dem Ausgang zu. Er hatte während des Fluges ein wenig gedöst und so etwas von dem versäumten Nachtschlaf nachgeholt. Am Vorabend hatte er gepackt, sich eine Kleinigkeit zu essen gemacht und dann Alanna angerufen, um ihr die Ankunftszeit seines Fluges mitzuteilen. Später hatte er sich aufs Bett geworfen, aber keine halbe Stunde später war er wieder aufgestanden. Er war schnurstracks ins Wohnzimmer gelaufen und hatte sich vor die rund viertausend Bände seiner beeindruckenden Bibliothek gestellt. Schließlich hatte er die Nacht zwischen Bücherstapeln verbracht, hatte seine Guénon-Kenntnisse vertieft, Voltaire hervorgeholt und dessen sämtliche Kommentare zur Apokalypse wiedergelesen. Während Liam den bibliographischen Spuren von Aldobrandis Worten folgte, war Stunde um Stunde verstrichen. Um vier Uhr morgens hatte er sich geschlagen geben müssen. All diese Schriften hatten ihn zwar in der Überzeugung bestärkt, dass Molteni tatsächlich der Meister einer religiösen Bruderschaft gewesen war, die irgendwie mit dem Buch der Apokalypse in Verbindung stand, aber weiter kam er nicht. Er fand keinen Hinweis auf einen etwaigen Kopistenorden, der neben dem der Templer existiert hätte, und nicht einmal auf eine zweiteVersion der Apokalypse, nichts über den konstantinischen Ring als Nachfolgesymbol, nicht einmal eine Anspielung auf Schlüssel oder geheime Orte. Rein gar nichts. Die einzig gesicherte Tatsache war, dass sein geistiger Vater unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen und dass sein Bruder unter ebenso verdächtigen Umständen verschwunden war. Und er spürte, dass

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